Der Genitiv ist dem Streber sein Sex • und andere Erkenntnisse aus meinem Leben 2.0
streckten den gepanzerten Polizisten ihre ausladende Schambehaarung entgegen. Das war neu, das war ein Skandal, das war vor 30 Jahren! Wenn heute ein Nackter über die Straße rennt, denkt sich der Durchschnittspassant ungefähr Folgendes: «Ach guck, der ist nackt. Na ja. War ich heute morgen auch.»
Wir werden so überschwemmt mit Nacktheit, dass es mich nicht wundern würde, irgendwann einen Hermelin auf einem Plakat zu sehen, der sich selbst das Fell abzieht, unter der Überschrift: «Lieber nackt als noch mehr B-Promis auf PETA -Plakaten!»
Also bitte, Jan-Torben, pack deine Brüste ein!
Und um sicherzugehen, dass dasselbe Theater nächstes Jahr nicht wieder passiert, hier zwei sehr wichtige Listen zum Ausschneiden und Im-AStA-Café-Aufhängen:
1. Dinge, die man nackt tun sollte:
Duschen
Sex
Ärztliche Untersuchung
2. Dinge, die man NICHT nackt tun sollte:
Demonstrieren
(Die zweite Liste ist zugegebenermaßen nicht ganz vollständig, aber alles Wesentliche ist drin.)
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LOB AUF DEN LANDGASTHOF
Ich wollte früher nie wandern gehen, weil ich keine Leiche finden wollte. Man liest das doch jeden zweiten Tag in der Zeitung: Leiche liegt im Wald, übel zugerichtet und halbverwest, wer findet sie? Zwei Wanderer. Und dann hat man den Ärger: Polizei, Zeugenaussage, zehn Jahre Therapie, um das Trauma zu überwinden. Ich habe mich immer gefragt: Warum bleiben die Leute nicht einfach zu Hause? Ich habe noch nie gehört, dass sich jemand bei einem gemütlichen Fernsehnachmittag nach einem Erdnussflip bückt und dabei unter der Couch eine Leiche entdeckt.
Doch dann wurde ich dreißig, und wer dreißig wird, muss wandern gehen. Da kann man leider nichts gegen machen. Der Wandel geschieht völlig abrupt, meistens an einem Wochenende. Noch am Samstagabend steht man mit seinen Freunden in einem Club, tanzt zu «Gossip» und trinkt Mojitos. Man balanciert Sambuca-Gläser auf dem Kopf, liegt irgendwann mit dem Gesicht voraus im Garderobenstapel und wird von den Freunden nach Hause getragen. Am nächsten Tag wacht man auf und trägt plötzlich eine Jack-Wolfskin-Jacke und Lowe-Schuhe. In der Hand hat man den «Wanderführer Bergisches Land» und auf dem Rücken einen ergonomisch geformten Rucksack, in dessen Seitenteil eine silberne Thermoskanne mit dampfendem Fenchel-Tee steckt. Verwirrt steht man auf, schleppt sich aus der Wohnung, tapert unter dem Spottgejohle 29-jähriger Passanten zur Bahn und fährt zu irgendeiner Haltestelle am äußersten Rand der Großstadt, wo die Umgebung zum neuen Outfit passt.
Und da steht man dann in Eckelsbach, Frunzenhausen oder Wurlitzerrode. Man schaut aus verquollenen Augen auf geleckte Einfamilienhäuser mit quietschgelber Plastik-Rutsche im Vorgarten und Holz-Klang-Stäben vor der Haustür. Eine misstrauische Dorfbewohnerin mit pinker Strähne im blonden Haar und Glitzersteinchen auf den schräg lackierten Gel-Fingernägeln kommt aus ihrem Haus und zieht die Kinder in Sicherheit. Spätestens wenn dann auch noch der Herr des Hauses aus seiner Garage schaut, die ölverschmierten Hände an einem Lumpen abputzt und zum Laubrechen greift, sollte man sich nach einer Wanderwegs-Markierung umsehen und ihr in den nächstbesten Wald folgen.
Das Problem mit diesen Markierungen ist: Kaum ist man tief drin im Wald, hören sie auf. Das liegt daran, dass diese Wege von den Bewohnern der umliegenden Ortschaften markiert werden, und denen kommt es eigentlich nur darauf an, die verquollenen, nach Sambuca stinkenden Großstädter möglichst schnell aus ihrem Ort zu haben. Wenn man dann tief genug im Wald ist, werden die Markierungen erst immer verwirrender (aus einem roten Pfeil wird ein blauer Pfeil), dann immer bizarrer (der blaue Pfeil zeigt Richtung Baumkrone oder auf einen Felsblock) und verschwinden dann völlig. Zeitgleich pflügt ein Bauer aus dem Ausgangsort mit seinem Trecker den bereits zurückgelegten Wanderweg um, damit man auch ja nie mehr zurückfindet.
Auch ich stand bei meiner ersten Tour im Bergischen Land urplötzlich mitten im Nichts. Ich holte mein iPhone heraus und öffnete Google Maps. Ich bin sicher: Wenn Smartphones lachen könnten, hätte sich meines in diesem Moment weggeschmissen. Aber Google Maps konnte sich gerade noch so zusammenreißen und zeigte mir lieber eine einheitlich grüne Waldfläche. Egal, wie weit ich nach links, rechts, oben und unten scrollte – das Display blieb grün.
Also steckte ich das Telefon weg und
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