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Der Gentleman

Der Gentleman

Titel: Der Gentleman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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jetzt, in aller Nüchternheit betrachtet, eine Infamie sondergleichen gewesen war.
    So kam es, daß Robert Sorant gar nicht mit sich zufrieden war, in der Nacht schlecht schlief und am anderen Morgen mißmutig aufstand, sich beim Rasieren verletzte und überhaupt seine weitere Anwesenheit in Altenbach für einen überflüssigen Blödsinn hielt.
    In dieser Stimmung langte er bei Lucia an und mußte zunächst fünfmal schellen, ehe ihm geöffnet wurde, da immer die Kette vorgelegt war.
    Schon das fiel ihm auf, noch bedenklicher stimmte ihn jedoch, daß Lucia seinen Gruß nicht erwiderte, sondern wortlos in der Küche verschwand, wobei sie auch noch die Tür hinter sich zuknallte.
    Was hat sie denn? fragte er sich.
    Er hatte noch nicht bemerkt, daß ihm tags zuvor sein Brief an Karl Weinhagen irgendwie aus der Brusttasche seines Jacketts gerutscht war. Und er ahnte überhaupt nicht, daß Lucia den Brief geöffnet und gelesen hatte.
    »Lucia!« rief er ihr nach.
    Keine Antwort.
    Sie wird schon kommen, dachte er sich, ging ins Wohnzimmer und setzte sich in den Sessel an der Balkontür. Eine Zeitung, die auf dem Rauchtischchen lag, nahm er zur Hand und begann, interesselos in ihr herumzublättern.
    Er hörte Lucia nicht kommen. Plötzlich stand sie vor ihm, wie aus dem Boden gewachsen. Und nun begrüßte sie ihn, aber nicht so, wie er es erwartet hatte.
    »Guten Tag, Herr Sorant«, sagte sie kalt.
    Robert war sprachlos, verwirrt.
    »Herr Robert Sorant«, bekräftigte Lucia.
    Robert ließ zunächst die Zeitung, die er sich immer noch in Lesehöhe vor Augen gehalten hatte, sinken, dann raffte er sich zu einer durchaus unsicheren und schrecklich dummen Frage auf: »Wie kommst du auf Sorant?«
    »Weil du der bist!«
    Robert trieb die Dummheit auf die Spitze.
    »Wer sagt dir das?«
    Lucia warf ihm wortlos den Brief, den sie hinter ihrem Rücken verborgen gehalten hatte, in den Schoß.
    Wieder prägte zunächst Sprachlosigkeit das Benehmen Roberts.
    »Wie kommst du zu dem?« fragte er schließlich.
    »Du hast ihn hier verloren. Er lag auf dem Boden.«
    In seiner elenden Situation glaubte es sich Robert leisten zu können, zum Angriff überzugehen.
    »Und du hast ihn geöffnet?«
    »Ja.«
    »Tut man das?«
    Lucia funkelte ihn an.
    »Du fragst mich, ob man das tut? Du fragst mich das?«
    »Ich –«
    »Hast du nicht den Eindruck«, schnitt sie ihm das Wort ab, »daß du dich fragen solltest, was du getan hast? Was bedeutet dagegen die Bagatelle, einen Brief geöffnet zu haben?«
    »Lucia, ich –«
    »Weißt du, was du bist?«
    »Lucia, ich –«
    »Ein Schuft!«
    »Durch und durch ein Schuft!« bekräftigte sie, als er sich stumm auf die Lippen biß. »Du hast mit einer Seele, einem Herzen Schindluder getrieben, du hast etwas Göttliches in den Staub getreten. Du hast eine – nein, unterbrich mich nicht, jetzt rede ich! Ich habe von dir genug Worte gehört, die wie die Wahrheit klangen und nichts als Lüge und Hohn waren! Jetzt rede ich!« Plötzlich schrie sie laut: »Jetzt sollst du die Wahrheit hören – von mir, Robert Sorant!«
    Er schluckte, wagte nicht mehr, sie zu unterbrechen. Die Zeitung rutschte ihm von den Knien und fiel auf den Boden. Froh, Lucias flammendem Blick ausweichen zu können, bückte er sich und hob sie auf. Lucia aber gönnte ihm keine Schonung.
    »Du bist ein Schuft!« sagte sie ein drittesmal. »Du hast mich nie geliebt. Du hast nur das infame Spiel geliebt, das du mit mir treiben konntest. Ich war für dich nicht ein Mensch, sondern eine Puppe, wie alle Marionetten, denen du bisher wohl schon mit Lügen und Gemeinheiten den Kopf verdreht haben wirst. Aber ich bin kein Wesen, das man einfach in die Ecke stellt, wobei man noch höhnisch lacht dazu. Ich fordere Rechenschaft von dir.«
    »Lucia, ich schwöre dir, du siehst das alles völlig falsch.«
    »Warum bist du in Altenbach geblieben, als dir klar werden mußte, daß ich dich liebte und dein Spiel von dieser Stunde an niederträchtig geworden war?«
    »Ich habe nie mit dir gespielt.«
    »Und die falsche Flagge, unter der du gesegelt bist? Der falsche Name? Die falschen Berufe?«
    »Du solltest nicht einen Robert Sorant, den Schriftsteller, den du verehrtest, lieben. Deine Illusion von ihm wollte ich dir nicht zerstören. Und da du sagtest, Sorant sei der glatte Gegensatz von mir, kam ich eben auf Robs.«
    »Das war die Gemeinheit!«
    »Lucia, ich bitte dich, das zu verstehen.«
    »Du hast mir als Robs Geständnisse für Sorant entlockt, die doch

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