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Der Gentleman

Der Gentleman

Titel: Der Gentleman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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ein innerliches Fressen für deinen Zynismus gewesen sein müssen.«
    »Ist denn eine ideale Liebe eine solche Schande?«
    »Du bist auch noch Robs, der Komponist geblieben, hast dich gedreht und gewunden, als ich Anlaß zum Zweifel zu haben glaubte.«
    »Da steckte ich schon zu tief drin.«
    »Wieso? Du hättest dich jederzeit hinstellen und mir sagen können: Lucia, verzeih mir, ich bin nicht Robs, ich bin Sorant.«
    Robert erhob sich und ging im Zimmer hin und her.
    »Und wie hättest du das aufgenommen? Ich bin sicher, du hättest sauer reagiert.«
    »Was heißt sauer reagiert? Ich hätte das einzig mögliche getan: Ich hätte mich von dir getrennt.«
    »Siehst du, und das wollte ich vermeiden.«
    »Warum, frage ich dich. Das wäre immer noch die anständigste Lösung gewesen, auch für dich.«
    Mit gesenktem Kopf rannte Robert von einer Ecke in die andere.
    »Ich hatte eben Angst vor der Trennung. Ich glaubte sie nicht ertragen zu können, deshalb wagte ich nicht, mit der Wahrheit herauszurücken.«
    »Aber jetzt mußt du die Trennung ertragen, und du kannst sie auch ertragen.«
    »Wir trennen uns nicht. Wir entfernen uns nur voneinander, bleiben uns aber innerlich doch immer nahe.«
    »Bist du mir denn jemals nahe gewesen?« Und plötzlich schrie sie: »Bleib doch endlich einmal stehen! Dein Herumrennen macht mich wahnsinnig!«
    Sorant hielt mitten im Zimmer an.
    »Kannst du überhaupt für das, was du getan hast, plausible Entschuldigungen finden?« fuhr Lucia fort.
    »Meine Entschuldigung ist die, daß ich dich geliebt habe.«
    »Nicht geliebt hast du mich, sondern benützt, um dein Vergnügen zu finden.«
    »Ich habe dir meine Sehnsucht dargebracht, sorglos zu sein im Frühling unseres Lebens. Ich habe nie mit dir gespielt, dich und dein Gefühl nie in den Schmutz getreten. Ich war als Komponist Heinz Robs glücklicher, als ich es als Robert Sorant hätte sein können. Und weil ich das war, und weil ich es wollte und ersehnte, darum nahm ich die Maske nicht ab und bangte dem Tag entgegen, der dies alles zusammenstürzen lassen würde. Ich hatte Angst davor.«
    Lucia war mit ihrem Zorn am Ende, mit ihrer ganzen Kraft.
    »Heinz«, sagte sie nur noch leise.
    »Robert«, korrigierte sie sich, bitter lächelnd.
    »Du mußt mich verstehen«, meinte er sanft.
    Sie blickte ihn eine Weile an und nickte dann, und als er sah, daß plötzlich Tränen über ihre Wangen rollten, hielt er es für besser, vorerst gar nichts mehr zu sagen, sondern sich still zu entfernen und die Wohnung zu verlassen.
    Des Menschen Seele ist ein Rätsel, von dem wir meinen, es lösen zu können. Wie oft stellt sich das als Irrtum heraus! Die Fäden verwirren sich, laufen ineinander und durcheinander und sind nicht mehr zu entwirren.
    In dieser Nacht schluckte Lucia zwanzig Schlaftabletten, öffnete zusätzlich den Gashahn und legte sich ins Bett, um zu sterben. Der Fehler, den sie dabei glücklicherweise machte, war der, daß sie sich ins Bett legte, welches im Schlafzimmer stand und nicht in der Küche. Aus diesem Grund brauchte das ausströmende Gas, das viel rascher gewirkt hätte als die Tabletten, ziemlich lange, bis es die Atemwege Lucias erreichte. Noch vorher wurde es von der Nase eines alten, im Hause wohnenden Pensionisten, der von seinem Stammtisch heimkehrte und an Lucias Wohnungstür vorüberkam, wahrgenommen. Der Mann kannte sich aus mit Gas. Er wußte, wie gefährlich es gewesen wäre, an der Tür zu klingeln. Ein elektrischer Funke hätte die ganze Wohnung und das halbe Haus in die Luft jagen können. Deshalb hieb der Mann mit der Faust gegen die Tür, und als sich nichts rührte, trat er sie ein. Lucia war zwar noch nicht gasvergiftet, aber sie lag in tiefer Bewußtlosigkeit. Zwanzig Schlaftabletten tun ja auch ihre tödliche Wirkung, man muß ihnen nur die nötige Zeit lassen.
    Der Mann handelte rasch. Er alarmierte das Rote Kreuz, und als nächstes rief er in der ›Post‹ an und ließ Robert aus dem Bett holen.
    Im Krankenhaus machte man Robert nicht viel Hoffnung. Der diensthabende Arzt wußte zwar nicht, wie viele Tabletten hier wieder einmal dazu herangezogen worden waren, zum Tode zu verhelfen, aber daß es eine ganze Menge gewesen sein mußte, zeigte ihm der Zustand der Selbstmordkandidatin.
    Als der entsetzte Robert auf dem Flur vor Lucias Krankenzimmer den Arzt fragte, wie's stünde, zuckte dieser die Schultern. Die Geste sagte alles und ging Robert durch Mark und Bein.
    »Kann ich zu ihr?« stieß er

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