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Der Gentleman

Der Gentleman

Titel: Der Gentleman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Kopf und stieß hervor: »Ausgeschlossen!«
    Darin lag Geringschätzigkeit. Robert fühlte sich verletzt. »Warum sind Sie so sicher?« erwiderte er. »Das trauen Sie mir wohl nicht zu?«
    »Nein.«
    »Danke für die Blumen.«
    »Sind Sie nicht gleich beleidigt. Ich habe Ihnen schon gesagt, wie ich mir einen Schriftsteller vorstelle, aber das bedeutet doch nicht, daß Sie sich dagegen unwichtig vorkommen müssen.«
    »Sie haben mir, präziser ausgedrückt, gesagt, wie sie sich diesen Robert Sorant vorstellen.«
    »Richtig«, nickte sie.
    »Nämlich jung, schön, schwungvoll, amüsant, sympathisch – einfach Spitze!«
    »So war es doch?« fragte er, da er keine Antwort erhielt.
    Sie nickte.
    Er faßte sie am Arm. »Grinsen Sie nicht«, sagte er barsch, da sie dies, wenn auch etwas verlegen, tat. »Nun werde ich Ihnen den schildern: Er ist das alles nicht in übertriebenem Maße, sondern ein ganz normaler Mensch, einer wie ich.«
    »So? Meinen Sie?« Der alte Hochmut kam wieder zum Durchbruch bei ihr.
    »Darauf wette ich, verehrtes Fräulein Lucia.«
    »Wie ich ihn sehe, das sagen mir seine Werke. Ein Dichter muß den Charakter der Personen, die er beschreibt und durch seinen Geist leben läßt, erst im Inneren, in seiner schöpferischen Seele selbst erfassen, ehe er sie in Worte vielfältigen Lebens kleidet. Er ist in diesem Augenblick doch ein kleiner Schöpfer, der seinem eigenen Leben anderes Sein abringt und neue Menschen gebiert mit Gefühlen, Gedanken und Schicksalen.«
    »Allerdings.«
    »Und wenn ein Mensch solche Gestalten innerlich so erleben kann, wie dieser Sorant, dann muß er selbst doch auch so sein, oder er muß wenigstens in sich die Grundzüge dieser Personen tragen. Und deshalb halte ich Sorant – meinen Robs – mit seinen Gestalten für verbunden, und ich weiß, daß er so aussehen muß, wie er sich selbst in seinen Werken verrät.«
    Robert ging in Gedanken versunken neben Lucia her. Sie hatte mit ihrer Theorie nicht so ganz unrecht; er selbst hatte zwar noch nie darüber nachgedacht, aber wie sie es so sagte, klang es durchaus einleuchtend. Und doch stimmte es nicht, denn in Wahrheit halten solche Theorien der Realität nicht stand.
    »Vielleicht haben Sie recht«, sagte er deshalb. »Aber lassen Sie mich trotzdem fortfahren, ihren Robs sozusagen zu entblättern.«
    »Sie gewinnen damit nichts bei mir.«
    »Das möchte ich dennoch hoffen.«
    »Warum wollen Sie mir mit Macht mein Idealbild zerstören? Lassen Sie mir meinen Sorant, wie ich ihn sehe. Gerade dieses Buch hier – Sie müßten es kennen – hat mir wieder …«
    Sie klappte es auf, um ihm anscheinend irgendwelche Stellen vorzulesen, doch er winkte ab. »Ich kenne es, Fräulein Lucia; roter Einband, Halbleder, Seitenzahl 295, gedruckt in Weißfraktur auf holzfreiem Papier, Ladenpreis 32 DM.«
    Lucia mußte lächeln. »Jetzt haben Sie sich verraten, Sie sind Buchhändler – stimmt's? Wie wüßten Sie sonst so gut Bescheid? Es kann nicht anders sein.«
    Sorant war über diese Wendung der Dinge so verblüfft, daß er unwillkürlich stumm mit dem Kopf nickte. Auch gut, spielte er also in Altenbach einmal einen Buchhändler.
    Die beiden waren gerade dabei, eine Bank am Ufer zu passieren.
    »Wollen wir uns nicht noch einmal ein wenig setzen?« schlug er vor.
    Sie war damit einverstanden. Irgendwie kam sie dann so zu sitzen, daß sich ihre straffen, verführerischen Oberschenkel besonders wirksam in sein Blickfeld drängten. Fast konnte er seinen Blick nicht von ihnen reißen. Als ihm das endlich doch gelang, stellte Lucias Mieder mit dem, was es barg, unter Beweis, daß es nicht weniger Anziehungskraft auf Roberts Sehorgane ausübte.
    »Was gucken Sie?« fragte sie ihn etwas geniert.
    »Darf ich nicht?«
    »Etwas Zurückhaltung würde Ihnen vielleicht ganz gut anstehen. Sehen Sie, so ist das, diesbezüglich bin ich sicher, daß ein Robert Sorant nicht auch dazu ermahnt werden müßte.«
    »Schon wieder der! Hol ihn doch der Teufel!«
    »Nein, sagen Sie das nicht, sonst werde ich Ihnen ernstlich böse.«
    »Ich will Sie mal etwas fragen, Lucia: Wäre Ihnen der Mann auch so teuer, wenn er z. B. – nehmen wir einmal etwas ganz Schlimmes an – blind wäre?«
    »Um Gottes willen, hören Sie auf, mich zu entsetzen!«
    »Oder verwachsen?«
    »Wie kommen Sie zu solch schrecklichen Gedanken?«
    »Nun, weil es bekanntlich gar nicht so selten passiert, daß Menschen, die von der Natur oder vom Schicksal äußerlich geschlagen sind, mit inneren

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