Der Gentleman
frühstücken?«
»Kann alles ausfallen – mit Ausnahme des Anziehens.«
»Du Wahnsinniger! – Kein Make-up?«
»Kein Make-up.«
»Kein Frühstück?«
Kein Frühstück, wollte Robert schon sagen, aber dann erwiderte er doch: »Ich bringe dir eine Kleinigkeit an den Reißbrett-Tisch; ich kenne mich ja aus in der Küche.«
Langsam begriff Lucia den Ernst der Lage.
»Dann mußt du aber auch für das Mittagessen sorgen«, sagte sie.
»Das werde ich«, antwortete er.
Lucia verschwand im Bad, beeilte sich und war eine Viertelstunde später im Atelier in vollster Aktion. Robert blieb die meiste Zeit draußen, er wollte nicht unnötig stören. Worauf's ankam, wußte Lucia, darüber war inzwischen oft genug gesprochen worden.
Zum Frühstück gab's Dörrobst, das Robert im Winkel einer Küchenschublade fand und Lucia brachte. Der Blick, mit dem ihm die Künstlerin dankte, war keine Liebkosung.
»Sei froh«, appellierte er an ihre Einsicht. »Der Verzehr dieses Frühstücks nimmt deine Aufmerksamkeit und Hände am wenigsten in Anspruch. Letztere bleiben fast vollständig frei zum Gebrauch der Zeichenutensilien.«
»Verschwinde!«
Mittags gab's Gemüseeintopf, den Robert nach dem Kochbuch zusammenmixte. Das klappte bestens. Der Fehler war lediglich, daß von den acht verschiedenen Gemüsesorten, die im Kochbuch aufgeführt wurden, momentan nur drei in Lucias Küche vorhanden waren: Karotten, Zwiebeln und Salat; dazu natürlich auch noch ein paar Kartoffeln.
Zum Glück entdeckte Robert auch noch eine sogenannte ›Götterspeise‹, die nach der auf der Verpackung aufgedruckten Anweisung anzufertigen nicht schwerfiel. Als er in der Hausapotheke auch noch einen Magenbitter aufstöberte, schien ihm zumindest das Dessert einen Platz auf der Speisenkarte eines Schlemmerlokals zu verdienen.
»Was ist denn das?« fragte Lucia ängstlich, als ihr der Hauptgang vorgesetzt wurde.
»Gemüseeintopf«, antwortete Robert nach bestem Glauben.
»Gemüseeintopf? Warst du einkaufen?«
»Nein, wieso?«
»Weil ich doch gar kein Gemüse zu Hause hatte.«
»Du hattest Karotten, Zwiebeln, Salat und Kartoffeln.«
»Und?«
»Was und?«
Lucia verstummte, schaute in den Topf, der ihr gebracht worden war, und erkannte in ganzer Schärfe das, was sie im ersten Moment schon geahnt hatte.
»Um Gottes willen«, sagte sie mit tonloser Stimme. »Karotten, Zwiebeln, Salat und Kartoffeln.«
»Warum hast du mich denn nicht gefragt, Heinz?« klagte sie, als dieser erklärte, daß er gerne auch etwas anderes gekocht hätte, wenn ihm nur jemand gesagt hätte, was.
Das Dessert versöhnte dann Lucia wieder etwas mit dem Vorausgegangenen.
Am Nachmittag setzte sich Robert hin und begann eine Novelle zu schreiben, setzte das Werk den ganzen nächsten Tag fort, und als ihm gegen Abend Lucia stolz und übermüdet die fertigen Köpfe überreichte, befahl er ihr, raschestens ins Bett zu gehen und zwölf Stunden durchzuschlafen. Er küßte sie und eilte davon. Er wollte im Hotel die Köpfe noch an diesem Abend versandfertig machen, mit dem nötigen Begleitschreiben dazu.
Trotz ihrer Übermüdung konnte Lucia gar nicht so rasch einschlafen. Sie war zu glücklich und zu verliebt. Und irgendwann in der Nacht stellte sie fest, daß sie auch noch etwas anderes war – nämlich krank.
Robert Sorant mußte am nächsten Morgen, als er bei Lucia eintraf, schon wieder erleben, daß sie noch im Bett lag. Doch er hatte ihr ja selbst zwölf Stunden Schlaf verordnet. Der Grund, warum sie sich noch nicht erhoben hatte, war aber ein anderer. Auf dem Nachtkästchen stand eine Kanne Tee und lag ein Fieberthermometer.
»Die Zeitschriftenköpfe sind unterwegs«, teilte Robert Lucia mit. »Außerdem brauchen wir unbedingt eine zweite Garnitur Schlüssel. Das ist kein Zustand, daß wir nur eine haben, die – je nach Bedarf – zwischen uns beiden hin und her wandert.«
»Der Meinung bin ich auch«, krächzte Lucia.
»Ich gehe heute noch zu einem Schlosser.«
»Ja«, krächzte Lucia.
»Kommst du mit?«
»Nein«, krächzte Lucia.
»Warum nicht?«
Lucia zeigte stumm auf ihr Nachtkästchen, und Robert, der während dieses Dialogs im Schlafzimmer herumgelaufen war und auf dieses und jenes geblickt hatte, entdeckte endlich auch Teekanne und Fieberthermometer.
Er eilte zum Bett und setzte sich auf die Kante desselben.
»Was ist, bist du krank?«
Sie nickte.
»Hast du Fieber?« fuhr er fort.
»Siebenunddreißigsechs.«
Er legte ihr die Hand auf die Stirn, die
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