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Der Gentleman

Der Gentleman

Titel: Der Gentleman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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angekommen, suchte er kurz sein Zimmer auf, band sich einen Schlips um, ging hinunter ins Restaurant und ließ sich ein Bier und einen ganz bestimmten, sehr aromatischen Klaren bringen. Ein Aushilfskellner bediente ihn. Martin Eisner hatte Kurzurlaub genommen. Eine Familienangelegenheit mußte geregelt werden.
    »Wo ist Herr Eisner?« fragte Robert Sorant den Aushilfskellner.
    Der erklärte es ihm.
    »Welche Familienangelegenheit?« wollte Sorant wissen.
    Das war dem Aushilfskellner nicht bekannt. Geht dich auch gar nichts an, dachte er, sich seine Ansicht über diesen neugierigen Gast bildend.
    Robert kippte den Klaren und bat um einen zweiten.
    »Heute«, sagte er, als ihm der Ober wieder das volle Glas auf den Tisch stellte, »muß ich mit dem linken Fuß aufgestanden sein.«
    »Darf ich fragen, wieso?« erwiderte höflich der Ober, der spürte, daß dieser Gast mit dem Drang zu tun hatte, irgend jemandem sein Herz auszuschütten. In solchen Situationen hat ein Kellner keine andere Wahl, als das Gespräch anzunehmen, ganz egal, ob ihm der Gast sympathisch oder unsympathisch ist. Das gehört zu seinen Berufspflichten.
    »Mit dem linken Fuß aufstehen heißt den ganzen Tag Pech haben«, sagte Robert. »Kennen Sie das?«
    »Sehr wohl, mein Herr.«
    »Beim Frühstück bekleckerte ich mir mit Honig die Hose und mußte sie wechseln. Dann fand ich meine Freundin krank vor und weiß noch gar nicht, ob ich mich nicht auch angesteckt habe. Dann wollte ich sonnenbaden, und zwar …«
    Er verstummte, blickte den Ober voll an und schleuderte ihm das Wort ins Gesicht: »Nackt.«
    »Kennen Sie das?« fragte er ihn, als Herr Wendland – so hieß der Ober – schwieg.
    »Sehr wohl, mein Herr.«
    »Aber wie schwer es ist, dazu hier in der Umgebung einen geeigneten Platz zu finden, das werden Sie nicht wissen.«
    Wendland erlaubte sich ein Achselzucken. Nicht ja und nicht nein hieß das.
    »Stundenlang habe ich gesucht«, berichtete Robert. »Endlich fand ich ein Plätzchen – und was geschah dann?«
    Joseph Wendland mußte die Frage unbeantwortet lassen.
    »Nachdem ich mich ausgezogen hatte«, teilte ihm daraufhin Robert Sorant mit, »schlief ich ein.«
    Der Ober nickte höflich.
    »Füllen Sie mir das noch einmal«, sagte Robert, mit dem Zeigefinger auf sein leeres Schnaps- und sein leeres Bierglas weisend.
    »Herr Ober«, sagte er, nachdem Wendland wieder vor ihm stand, »das Schlimmste kam, als ich schlief.«
    »Wurden Sie von einem Platzregen geweckt?« gab der Kellner einer Vermutung Ausdruck.
    »Nein, ich träumte.«
    »Sie träumten?«
    »Ja.«
    »Wohl etwas Unangenehmes?«
    Diese Frage zu beantworten, ließ sich Robert Sorant etwas Zeit. Er blickte den Kellner an, nahm einen langen Schluck Bier, setzte einen halben Schnaps drauf, blickte den Kellner wieder an. Dann fragte er ihn: »Sind Sie verheiratet?«
    »Ja.«
    So etwas wird man oft gefragt, aber das, was nun kam, war schon etwas ungewöhnlicher.
    »Können Sie sich vorstellen«, fuhr Robert Sorant fort, »daß Ihre Frau nackt aus dem Rhein steigt?«
    »Aus dem Rhein?«
    »Ja.«
    »Nackt?«
    »Splitternackt.«
    Wendland hatte im Geiste rasch nachgerechnet, wieviel dieser Gast schon getrunken hatte. Nicht allzu viel, fand er. Etwas anderes war das Tempo. An diesem muß es liegen, sagte sich der Kellner, es sei denn, der Bursche kommt schon aus einer oder zwei anderen Kneipen.
    »Können Sie sich das vorstellen, Herr Ober?«
    »Nein«, antwortete entschieden Wendland, dessen Gattin zeit ihrer Ehe darauf bestand, daß von ihm nur im Dunkeln mit ihr geschlafen wurde.
    »Aber ich!« erklärte Robert Sorant mit dumpfer Stimme und starrte eine Weile in seine halbleeren Gläser.
    Diese Zeit der Ruhe wollte Wendland dazu benützen, sich diskret zurückzuziehen, doch Robert bedeutete ihm mit einem Winken der Hand, diese Absicht nicht weiter zu verfolgen.
    Ein Seufzer aus Roberts Brust wurde laut.
    »Herr Ober …«
    »Ja?«
    »Wissen Sie, was man wissen müßte?«
    »Was, bitte?«
    »Man müßte wissen, Herr Ober, was ein solcher Traum zu bedeuten hat.«
    Das war's! Das war die Gelegenheit für Wendland, die er am Schopf packen konnte, um diesem Gespräch nicht mehr länger ausgesetzt zu sein.
    »Und warum suchen Sie keine Traumdeuterin auf?« fragte er den Gast, der es verdiente, so etwas gefragt zu werden.
    »Eine Traumdeuterin?«
    »Wir haben hier in der Umgebung eine, deren Ruhm schon bis nach Bonn gedrungen ist. Abgeordnete aller Parteien geben sich ihre Türklinke in die

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