Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Gentleman

Der Gentleman

Titel: Der Gentleman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
Lehrer mit seiner Klasse auf und erklärte angestrengt und mit sittlichem Ernst die Hintergründe des Königsfluges bei den Bienen.
    Robert Sorant liebt die Bienen nicht. Er aß zwar ihren Honig gern, konnte sich aber mit ihren Stacheln nicht anfreunden.
    Er wanderte weiter, suchte mit Beharrlichkeit einen Platz, an dem man nackt herumspringen konnte, ohne befürchten zu müssen, daß die Sittenpolizei einschritt oder ein Liebespaar dadurch gewisse Anregungen auf sich wirksam werden fühlte oder eine alte Jungfer auftauchte und in Ohnmacht fiel.
    Er zwang sich, nicht zu erlahmen, versank bis zu den Knien in einem kleinen Sumpfloch, wich immer wieder Stimmen, die sich näherten, aus und fluchte nicht schlecht über die ständig anwachsende Ausbreitung des Menschen.
    Gerade heute schien der Teufel los zu sein. Die Ruhe der Altenbacher Wälder, wo war sie geblieben? Nun, manchmal unterlag eben auch sie schon gewissen Einschränkungen.
    Aber irgendwo mußte doch auf diesen Hügeln noch eine Stelle sein, die allen zu weit entfernt war, zu hoch, zu schwer erreichbar. Und endlich, endlich fand er sie – die Stelle, wo man sich nackt sonnen konnte.
    Ganz oben auf einer Kuppe lag sie, einsam, abgeschlossen. Dickes Büschelgras wuchs hier. Unterhalb von ihr gähnte ein verlassener Steinbruch, oberhalb wuchs lichter Busch. Man sah weit ins Land. Die Sonne, die goldene Sonne schien warm und kräftig, ihre Strahlen durchdrangen die reine, würzige Luft.
    Das war ein Plätzchen nach Roberts Herzen.
    Ein wundervoller Fleck dieser Erde.
    So ein richtiger ›Sonnenfleck‹.
    Robert Sorant dehnte weit die Arme, schlüpfte aus Jacke, Hemd, Hose und Unterwäsche und legte sich nackt in die Strahlen. Ein Weilchen dachte er noch an die arme, kranke, Halsschmerzen leidende Lucia und seufzte mitfühlend. Dann war es genug der Anteilnahme. Er schloß die Lider, drehte die Augäpfel nach oben und schlief ein. Über ihm spielte der Wind in den Zweigen, zerrte an einigen älteren Blättern, deren Verankerung an den Ästen schon unterm Zahn der Zeit gelitten hatte, und ließ sie auf den großen, schlanken, winterbleichen Körper Roberts fallen. Es rauschten an den Hängen die Kiefern und Fichten. Das Schlagen eines Holzfällers mischte Dissonanzen in den Gesang der Bäume, die auf ihren Erhalt bedacht waren.
    Herrliche Natur umgab Robert Sorant mit all ihrer Pracht und Größe.
    In schroffem Gegensatz dazu stand Sorant selbst.
    Er träumte durchaus nicht prächtig und groß – er träumte äußerst qualvoll und sorgenschwer. Vielleicht brannte die Sonne zu heiß auf seinen ungeschützten Kopf, so daß sein Gehirn verzerrte Bilder produzierte. Der Kölner Dom hatte plötzlich vier Türme, von denen einer zusammenzustürzen und Robert unter sich zu begraben drohte; dem Rhein entstieg eine nackte Frau, auf die sich geile Männer stürzten; und diese Frau setzte sich nicht zur Wehr, nein, im Gegenteil, sie schien das Ganze zu genießen; und diese Frau, dieses Weib war – Möpschen.
    Mit einem Schrei erwachte Robert Sorant. Er setzte sich abrupt auf, strich sich die Haare aus der schweißnassen Stirn und wollte seine Gedanken ordnen. Und da er ein Mann war, der alle Dinge systematisch anfaßte, begann er mit dem Nächstliegenden: Was bedeutete dieser Traum?
    Vier Türme des Kölner Doms …?
    Ein einstürzender Turm, der ihn begraben wollte …?
    Dem Rhein, in dem die Industrie mit ihren Abwässern schon längst keinen Fisch mehr am Leben gelassen hatte, entstieg eine nackte, durchaus lebendige, allzu lebendige Frau …?
    Diese Frau wurde geilen Männern zur Beute …?
    Sogar gerne …?
    Und diese Frau war …?
    War …?
    Möpschen …?
    Unmöglich!!!
    Und dennoch … hatte Freund Karl nicht telegrafiert, daß ein anonymer Brief bei Gerti, genannt Möpschen, eingetroffen war, der nur das Verhalten ihres Gatten in Altenbach zum Gegenstand gehabt haben konnte? War eine entsprechende Reaktion Gertis darauf verwunderlich?
    Wie hatte er diesem Telegramm Karls bisher nur so wenig Beachtung schenken können?
    Das ging nicht länger so weiter.
    Es mußte etwas geschehen.
    Aber was?
    Robert erhob sich, zog sich Hemd und Hose über, warf das Jackett lose um die Schultern und trottete auf verschlungenen Wegen hinunter nach Altenbach. Ab und zu köpfte er eine Blume mit der Schuhspitze und freute sich dessen. Kalte, blödsinnige Zerstörungswut hatte von ihm Besitz ergriffen. Er kam sich vor wie Nero, war aber nur ein solcher im Westentaschenformat.
    Im Hotel

Weitere Kostenlose Bücher