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Der Gerechte

Der Gerechte

Titel: Der Gerechte
Autoren: Jason Dark
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einer weißen Haube begraben. Während Suko es gelassener hinnahm, löste sich von meinen Lippen hin und wieder ein Fluch. Ich hielt den Kopf gesenkt, ging einen bis zwei Schritte vor Suko und tastete bereits nach den Autoschlüsseln. Sie steckten in der rechten Außentasche der Lederjacke.
    Bevor wir starten konnten, mußten wir die Scheiben erst vom Schnee befreien und die Heizung einschalten, damit sich das Zeug nicht wieder innerhalb kürzester Zeit frisch darauf absetzte. Ich drehte meinen Kopf ein wenig nach rechts. »Ich schließe auf, Suko, und wir teilen uns die Sache. Einer links, der andere…« Da Suko keine Antwort gab, blieb ich stehen, drehte mich um und suchte ihn. Er war nicht mehr da.
    Ich starrte in den Flockenwirbel, der vor meinen Augen tanzte wie ein irrer Reigen aus kleinen Geistern.
    Ich lief zurück.
    Den ersten Schritt, den zweiten.
    Etwas schälte sich aus dieser weißgrauen und wirbelnden Masse in Bodenhöhe hervor.
    Es war ein Mensch.
    Nur keiner, der stand, sondern auf dem Leichentuch aus Schnee lag, als wäre er von einem Schlag hingestreckt worden.
    Mein Herzschlag raste plötzlich. So schnell wie möglich war ich bei meinem Freund, sackte in die Knie und erkannte, daß er mit dem Gesicht zuerst im Schnee lag.
    So ging das nicht.
    Ich mußte ihn herumdrehen, damit er Luft bekommen konnte. Ich hatte ihn berührt und auch schon zur Seite gewälzt, als ich etwas spürte, das ich zuerst nicht einordnen konnte.
    Es war eine irrsinnige Kälte, ganz anders als die des fallenden Schnees, vermischt mit dem eisigen Wind.
    Die Kälte erwischte mich am Nacken.
    Ich bewegte mich nicht.
    Etwas drückte in meine Haut. Ich hatte das Gefühl, als würden die Schneeflocken dort zischend schmelzen. Dann hörte ich eine Stimme. Nicht durch die Ohren, sie klang in meinem Gehirn auf.
    ›Wenn du dich falsch bewegst, bist du tot…‹
    ***
    Ich bewegte mich nicht. Ich blieb weiterhin im Schnee knien, sah zwischen mir und Suko die Flocken tanzen und spürte nur, wie sich die Haut auf meinem Rücken zusammenzog. Wer die unsichtbare Gestalt hinter mir war, wußte ich genau. Der Mörder eines gewissen Jeff Goldblatt, der sich aus bestimmten Gründen noch in der Nähe aufhielt und wahrscheinlich auf Suko und mich gewartet hatte. Ich bewegte mich nicht und dachte daran, daß ich, wenn ich hier länger kniete, zu einem Schneemann werden würde.
    »Okay, du hast gewonnen. Aber eine Frage. Wer bist du?«
    ›Der Gerechte!‹
    Damit konnte ich nichts anfangen. »Wieso der Gerechte? Bist du so etwas wie ein Richter?«
    ›Die höhere Instanz.‹
    »Tatsächlich?«
    ›Du mußt es glauben. Du wirst es auch glauben, denn du hast den Toten gesehen.‹
    »Warum hast du Goldblatt getötet?«
    ›Er hat es verdient.‹
    »Das ist Ansichtssache. Kein Mensch darf sich zu einem Richter aufspielen.«
    Damit hatte ich ihn aus der Reserve gelockt, denn auf seine Antwort hatte ich gehofft. ›Wer sagt dir denn, daß ich ein Mensch bin? Ich kann auch etwas anderes sein.‹
    »Ein Geist.«
    ›Sehr richtig.‹
    Verdammt, ich hätte mir gern den Schnee aus dem Gesicht gewischt, denn die Flocken klatschten gegen meine Haut, schmolzen dort und hinterließen Wasserperlen. Es war sowieso eine verrückte Situation. Diese Szene passierte auf einem Gefängnishof, und niemand bekam etwas davon mit, weil der Vorgang einfach zu dicht war. Ich hatte auch gesehen, daß Suko von dem Unbekannten zusammengeschlagen worden war, denn auf seiner rechten Seite wuchs eine kleine Beule.
    »Womit hast du Goldblatt getötet?«
    Die Antwort erfolgte prompt. ›Mit der Waffe, die du auch in deinem Nacken spürst. Wie ich dir schon erklärte, eine falsche Bewegung nur, und es ist um dich geschehen.‹
    »Und was soll ich jetzt tun?«
    ›Dich von allem fernhalten, Sinclair, was mich angeht.‹
    Fast hätte ich genickt. Im letzten Moment fiel mir ein, daß diese Bewegung falsch verstanden werden könnte und ließ es bleiben. »Ich soll also zusehen, wie du weiter mordest…«
    ›Es ist kein Mord.‹
    »Was dann?«
    ›Eine Bestrafung.‹
    »Das akzeptiere ich nicht. Es ist eine Ausrede. Es ist der Mantel, den du dir umgehängt hast. Ich glaube nicht, daß du die Menschen nur bestrafen wirst.«
    ›Ich bin der Gerechte.‹
    »Das hörte ich schon.«
    ›Und wenn du weiterdenkst, John Sinclair, wirst du feststellen, daß wir oft dieselben Feinde haben. Wir sind uns also gar nicht mal so fremd.‹
    »Ich bin Polizist.«
    ›Ja, dir wird das Töten
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