Der Geruch von Blut Thriller
Duchess anrufen,
nur um ihre Stimmen zu hören. Oder wenn er sich verläuft, das Gerät ans Ohr reißen und Murphy anrufen: Hey, ich glaub, ich hab mich verirrt, kannst du mich suchen kommen? Und Murphy dann: Was soll das, Mann? Du stehst vier Meter entfernt von mir, ich könnte dir auf die Schuhe pinkeln .
Abgesehen davon sind in Three Rivers Handys sowieso ziemlich irrelevant, weil man fast nirgends Empfang hat. Manchmal klettern die Mädchen aufs Dach und rufen: Ich hab zwei Striche! Einen! Zwei! Ich hab keinen! Einen! Dann ist Duchess mit der Suppenkelle hinter ihnen her und haut sie ihnen um die Beine. Das ist das, was er sieht.
Und jetzt bringt er schon wieder ein junges Mädchen in sein Cottage. Hält sie in den Armen und legt ihr die Hand aufs Brustbein, um zu sehen, ob ihr Herz noch schlägt. Als hätte er nicht schon genug Ärger am Hals. Er scheint die Probleme förmlich anzuziehen. Was zum Teufel stimmt eigentlich nicht mit ihm?
Sie bewegt sich. »Daddy?«
Finn überlegt, was er antworten soll. Er will sie beruhigen. Mitten in einem Schneesturm aufzuwachen, in den Armen eines blinden Mannes, der mit seinem Gehstock herumfuchtelt, das muss einem jungen Mädchen Angst machen. Aber einfach zu sagen: Ja, Daddy ist bei dir, mein Engel, funktioniert auch nicht.
Er hebt sie ein Stück höher, um ihr leise ins Ohr zu flüstern: »Alles wird gut.«
Als sie versucht, sich umzudrehen, läuft ihm Blut über die Hand und wärmt seine Knöchel. »Hey, Mann«, sagt sie. »Was machen Sie mit mir?«
»Ich trage dich.«
»Oh.«
»Du bist verletzt.«
»Wirklich?«
»Ich schätze schon. Du hast dir den Kopf aufgeschlagen.«
»Ich erinnere mich. Aber das war nicht ich.« Sie klopft sich den Schnee ab und gibt ihm einen Klaps auf die Brust, auf den Hals, ins Gesicht. Sie nimmt ihm die Brille ab, wischt das Eis von den Gläsern und setzt sie ihm wieder auf.
Ein leises Grunzen erklingt, als müsse sie kurz darüber nachdenken, was passiert ist und was sie als Nächstes sagen soll.
»Wo ist Ihr Hund, blinder Mann?«
»Ich habe keinen.«
»Ich dachte, ihr Blinden hättet alle einen.«
»Ich nicht«, sagt er.
»Wie bewegen Sie sich dann fort?«
»Ich laufe.«
»Okay, Mann, aber wissen Sie, wo Sie langgehen, oder hoffen Sie einfach nur das Beste?«
»Ein bisschen von beidem.«
»Ihre Ohren sind blutrot.«
»Ich habe keine Mütze.«
Er spürt ihren heißen Atem am Kinn. »Na ja, das ist ziemlich unklug.«
»Das höre ich häufiger.«
»Sie haben Metall im Kopf.«
Er hält inne. »Woher weißt du das?«
»Wo bringen Sie mich hin?«
Es klingt erfrischend aggressiv. Besser als das abgeklärte Teenie-Gequatsche seiner Schülerinnen. Nicht unbedingt
Südstaatenakzent, aber es reicht, um sich an die Tennessee-Schönheit zu erinnern, die damals in seine Straße zog, als er vierzehn war. Eine Teenager-Schönheitskönigin, die immer davon redete, beim Apfelwein-Umzug oder der Blueberry-Day-Parade dabei zu sein.
Er stellt sich vor, wie sie in seinen Armen liegt, ihm ins Gesicht sieht, mit ihren blauen Augen, den Sommersprossen auf den Wangen und dem dunklen Schönheitsfleck im Augenwinkel. Dem wilden, offenen, schmutzigblonden Haar. Die Blaubeer-Königin.
Finn will weitergehen und sagt: »Was hältst du davon, wenn wir unser Gespräch unterbrechen, bis wir aus dem Sturm raus sind?«
»So viel Zeit haben wir nicht.«
»Was?«
Er spürt, wie sie mit den Schultern zuckt. »Mir macht das bisschen Schnee nichts aus. Ihnen?« Der scharfe Wind trägt ihre Worte davon, so dass es klingt, als würde sie selbst weggezogen, obwohl sie hier in seinen Armen liegt. »Es gibt Schlimmeres, wovor man sich in diesem Tal fürchten muss. Wussten Sie das nicht?«
»Jetzt bringe ich dich erst mal zu mir, und dann rufe ich jemanden, der sich um dich kümmert«, erklärt er ihr.
»Um Gottes willen, nein. Wollen Sie sterben?«
»Was?«
»Rufen Sie niemanden an.«
Als er die Stirn runzelt, spürt er in den Falten die Eiskristalle. »Und warum nicht?«
»Wir haben eine Rechnung zu begleichen.«
»Wer?«
Ein Grummeln ertönt aus ihrer Brust. Es klingt nach einer sehr alten, bitteren Frau. »Hat das nicht jeder?«
»Hör zu …«
»Sie hören mir zu …«
Eine verängstigte Entschlossenheit liegt in ihrer Stimme. Er weiß sofort, dass sie es ernst meint.
»Erklär mir, was du meinst«, sagt er.
»Ich meine, Sie sollen mir zuhören, damit nicht etwas Schlimmes passiert. Da können Sie vielleicht nicht viel mit anfangen, aber
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