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Der Geruch von Blut Thriller

Titel: Der Geruch von Blut Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Piccirilli
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sie gründlicher untersuchen sollen, aber er hat Angst, sie anzufassen. Davor, was er finden könnte, und was es mit ihm machen würde.
    Jeder Schritt, den er tut oder überlegt zu tun, ist falsch. Finn streckt die Hand aus und berührt ihren Bauch, um sie nach Messerwunden zu untersuchen. Wandert mit der Hand hoch zu den Rippen, spürt die Brüche. Geht dann weiter bis zum Hals. Ihrem Gesicht. Die Nase muss tamponiert werden. »Violet, wir müssen …«
    »Bitte halten Sie mich fest. Es geht mir gleich wieder gut, aber … ich brauche … bitte … nur einen Moment … ich meine … vielleicht so, wie mein Vater es tun würde? Wie …«
    Er nimmt sie in die Arme, und sie lässt los, mit einem Klagelaut, der an seiner Brust erstickt. Er hält sie, solange
er kann. Dann versucht er, sie zu beschwichtigen, so wie ein Vater vielleicht. Sie müssen endlich weg hier.
    »Kannst du laufen?«
    »Ich glaube, ja.«
    »Dann komm, lass uns gehen. Wir müssen dich ins Torhaus bringen, zu den anderen. Wenn wir getrennt werden, läufst du allein weiter.«
    »Warum sollten wir …«
    »Richte dich nach den Lichtern. Du schaffst das. Sag ihnen, sie sollen alle Türen abschließen. Ruft den Sheriff und die State Troopers. Auf dem Dach müsste jemand Handyempfang haben. Sie sollen kämpfen, falls nötig.«
    »Das werde ich. Sie und ich, wir beide werden kämpfen.« Sie klingt so ruhig, so kontrolliert. Sie versucht, ihm Kraft zu geben.
    Als Polizist hat Finn nur ein einziges Mal eine Schießerei an einer Schule erlebt. Ein Vertretungslehrer, der aus irgendwelchen Gründen entlassen wurde, drehte komplett durch. Sechs Wochen später kam er bis an die Zähne bewaffnet zurück. Mit zwei TEC-9ern, einem fünfschüssigen Smith & Wesson 50er Magnum und einem Schulranzen voller Rohrbomben, Handschellen, Sexspielzeug und Geschmacks-Gleitcreme. Ziemlich abgedreht.
    Zuerst knallte er einen Lehrer und den Direktor ab und marschierte dann in sein ehemaliges Klassenzimmer. Sämtliche männlichen Schüler ließ er gehen und auch die meisten Mädchen.
    Während der Belagerung verbarrikadierte er sich mit sieben Schülerinnen in einem Zimmer, klebte die Fenster mit Zeitungen ab und tobte sich fünfeinhalb Stunden lang aus. Er ließ eins der Mädchen seine Eltern anrufen
und ihnen in allen Einzelheiten erklären, was er mit ihnen machte. Was er sie gegenseitig mit sich machen ließ.
    Irgendwann warf eine von ihnen einen Tisch durchs Fenster und sprang hinterher. Sie brach sich das Kreuz, und er warf ihr eine Bombe nach, die sie tötete und auch Finns Sergeant, der ihr zu Hilfe geeilt war.
    Die Spezialeinheit startete zwei Versuche. Beide Einsätze waren eine Katastrophe. Beim ersten Mal sprengten sie eine Wand in die Luft und töteten dabei ein Mädchen, ohne den Geiselnehmer auch nur ein einziges Mal in die Schusslinie zu bekommen. Als sie beim zweiten Mal die Tür aufbrachen, hatte er sich hinter zwei Schülerinnen verschanzt. Der Scharfschütze war gut und schnell, aber der Lehrer wollte mit dem Finger am Abzug sterben. Bevor er zu Boden ging, schoss er einer der Schülerinnen in den Rücken. Das Projektil riss ihr den ganzen Oberkörper weg.
    Als Finn ankam, lag sie noch da. Finn bekam den Kopf des Mädchens zu sehen, der in ihrer eigenen Magenhöhle saß. Der Rest war auf die Wände verteilt.
    An all das muss er denken, als er zu Vi sagt: »Es wird alles gut.«
    Er zieht sein Messer, obwohl er weiß, dass er nichts damit ausrichten wird.
    Als er die Tür öffnet, lehnt sie sich an ihn. »Komm, Vi, wir müssen gehen.«
    Sie schwankt neben ihm den Flur entlang. Er versucht, ihre Geräusche auszublenden und sich auf das Dahinter zu konzentrieren.
    Er hat einen Arm um sie gelegt und zieht sie mit sich. Bald wird ihm klar, dass er sie hinter sich herschleift.

    »Lassen Sie mich hier«, sagt sie und sinkt zusammen.
    »Ich lass dich bestimmt nicht hier. Komm weiter.«
    »Ich kann nicht.«
    »Du kannst, Vi, du musst.«
    »Irgendetwas in mir … fällt zusammen.«
    »Du hast ein paar gebrochene Rippen. Aber du schaffst es. Jetzt steh auf, Violet. Du musst mitkommen. Steh jetzt um Himmels willen auf, Miss Treato, hörst du?«
    »Ja, Finn. Sie brauchen mich.«
    »Ja, ich brauche dich. Steh auf.«
    Violet drückt sich hoch, sinkt seufzend an seine Brust und hängt sich an ihn. Kraftlos und gleichzeitig wie eine Geliebte. Er überlegt, wie sie am besten hier rauskommen. Er muss auf das Mädchen aufpassen, muss Roz finden, muss es rüber bis ins Wohnheim

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