Der Geruch von Blut Thriller
sie. Ich hab sie nur’n bisschen abgeküsst.«
»Du widerliches Dreckschwein«, faucht Vi. Sie versucht, auf die Beine zu kommen. Finn will ihr die Hand reichen, aber die Situation ist zu riskant, zu unsicher. Jeden Moment kann alles zusammenbrechen. Er winkt sie mit dem Stock zurück, in der Hoffnung, dass sie wegläuft. Stattdessen tritt sie einen Schritt vor. »Du mieser Wichser.«
Finn wünschte, sie würde den Mund halten. Er will, dass die beiden sich auf ihn konzentrieren. Er will das Gespräch fortsetzen. Wenn jemand bereit ist zu reden, dann will er nicht unterbrochen werden. Er kann Pudge bei der Stange halten.
Aber Rack. Wer ist Rack? Was ist Rack?
Das schroffe Meckern bricht ab. »Bist du böse auf mich, Mäuschen? Du musst nicht böse sein auf mich. Wir haben dich zur Frau gemacht. Zu einer Frau. Das ist gut. Das ist gut für dich. Jetzt kannst du einen Mann für dich finden. Bald findest du einen.«
Finn stellt sich Pudge vor, und er sieht Stan Collins, mit dem er zusammen auf der Polizeischule war. Nach zwei Wochen hatte sich bei Stan während eines Selbstverteidigungskurses ein Aneurysma bemerkbar gemacht, und er war von da an behindert. Da Stan formal noch kein Polizist war, wollte niemand für seine lebenslange Pflege aufkommen, woraufhin ein langer,
sehr öffentlicher Rechtsstreit entbrannte. Finn erinnert sich, wie Stan auf Pressekonferenzen vor den Mikrofonen stand, seine überreizte Frau und zwei kleine Töchter hinter ihm auf den Stufen zum Gericht. Stan sprach mit einem erstickten Knurren, seine Lippen waren zu einem sabbernden Grinsen verzogen. Hinter seinem schütteren Haar ließen sich die Operationsnarben nicht so gut verstecken wie bei Finn.
»Gib uns, was du uns schuldest«, sagt Pudge, »dann gehen wir wieder.«
Vielleicht geht es ihnen einfach nur um Geld, denkt Finn. Vielleicht ist das die Art, wie diese Provinzwichser einen ausnehmen. Das ist ihre Vorstellung von einem Raubüberfall. »Wie viel schulden wir euch denn, Pudge?«
»Das weißt du nicht? Du weißt nicht, was du uns schuldest, Mann?«
»Ich hab es vergessen.«
»Das ist eine Schande. Für dich und für meine Familie. Wir haben es verdient, für unser Produkt bezahlt zu werden. Wir haben es gekocht und unseren Teil erfüllt. Du hast alles bekommen. Und dafür wollen wir bezahlt werden. Wir brauchen einen neuen Truck. Es ist Zeit für einen neuen Truck.«
Aha.
Produkt.
Gekocht.
Diese Typen stellen Crystal Meth her und tun so, als hätte Finn sie beschissen.
Verwechseln sie ihn mit Murphy? Hat Murphy doch noch Pläne? Will er mehr, als für ihn vorgesehen war? Hat er sich mit den beiden eingelassen, um eine Bank auszurauben?
Oder sind es die Mädchen? Die behaupten, er sei der eigentliche Chef, während sie hinterwäldlerische Badewannen-Meth-Junkies übers Ohr hauen?
Während er noch hofft, die Situation entschärfen zu können, steigt die Wut in ihm auf wie ein Gift, das er ausspucken muss.
»Du hättest das Mädchen nicht anfassen dürfen.«
»Alles gut mit ihr, Mann. Alles gut.«
»Hast du Harley Moon auch geschlagen?«
»Harley? Du hast Harley gesehen?«
»Ja. Du hast ihr auf den Kopf geschlagen.«
»Sie ist unsere Schwester«, sagt Pudge.
Ah, das sind also die Moon-Brüder. Er schlägt mit seinem Stock auf. Rack steht da wie ein Fels.
»Du stellst hier keine Fragen«, fährt Pudge fort. »Du nicht. Wir kümmern uns um uns selbst. So ist das. Du bist es. Du bist es, der sich nicht um seine Angelegenheiten kümmert.«
Er hat Recht. Finn hat sich nicht um seine Angelegenheiten gekümmert. Egal, was hier los ist, er trägt die Verantwortung. Harley hat ihn gewarnt. Wiederholt. Er war zu dumm. Er hat es nicht begriffen.
»Ihr tut gern kleinen Mädchen weh, Pudge, du und dein Bruder.«
»Das geht dich nichts an. Das geht dich überhaupt nichts an. Nichts davon.«
Wieder schlägt Finn mit dem Stock auf den Boden. Der Klang erfüllt sein Gesicht. Beide sind noch ein paar Schritte näher gekommen. »Ich werde mich kümmern.«
»Gib uns unser Geld. Wir brauchen unser Geld. Der Truck fährt nicht mehr gut.«
Vi hat es geschafft, aufzustehen. Finn hört etwas tropfen. Sie hat eine tiefe Wunde und blutet viel stärker, als er dachte. Sie machte keine Anstalten, wegzulaufen. Finn rutscht auf den Fußballen vor, um sich vor sie zu stellen.
Diesmal wendet er sich an den Stummen. Den wirklich Bösen.
»Hast du auch noch etwas zu sagen, Rack?«
Rack antwortet nicht.
»Du lässt diesen Idioten für
Weitere Kostenlose Bücher