Der Geruch von Blut Thriller
Arsch der Welt Rasen mähen und Parkplätze freischaufeln?«
»Ich geh jetzt jemanden abstechen«, sagt Duchess.
Blitzschnell packt Finn jeweils eine Hand, Duchess’ linke und Murphys rechte. Sie schnappen nach Luft. Nicht sonderlich schwer, so wie sie ständig gestikulieren, winken, mit den Händen reden. Er braucht den Körperkontakt.
Er muss ihnen klarmachen, dass dies ein weiterer entscheidender Moment ist, in einer Reihe bedeutender Ereignisse, die lange vor dem heutigen Tag ihren Anfang nahmen.
»Ihr beide bleibt hier«, sagt er.
»Was soll das?«, fragt Murphy.
»Du kannst mich mal«, sagt Duchess.
»Passt auf die Mädchen auf.«
»Und was zum Teufel hast du vor? Falls du das vergessen hast, Mann, du bist kein Bulle mehr, und du bist am Ende, halberfroren und außerdem blind.«
»Das habe ich nicht vergessen. Es ist mein Kampf.«
»Was willst du denn alleine ausrichten, du Vollidiot?«, fragt Duchess, und die Mädchen, die die ganze Zeit in der Tür standen und zugehört haben, sind vor Angst ganz still geworden. »Ich geh da jetzt rüber und stech diese Dreckschweine ab.«
»Nein. Ihr bleibt hier. Rack wartet auf mich.«
»Woher weißt du das? Vielleicht irrst du dich, du Klugscheißer.«
»Deswegen musst du hierbleiben und dich bereithalten. Vor allem, wenn das Licht ausgeht.«
»Du hast sie doch nicht alle.«
Mit einer Hand an der Wand tastet er sich hinaus auf den Flur und von dort weiter bis zu Roz’ Wohnung. Er hat in seinem Leben schon viele Türen aufgetreten. Diese hier geht leicht auf. Finn schlüpft hinein.
Er hat einen ausziehbaren Ersatzstock unter dem Bett liegen. Im Schrank hängen jede Menge Klamotten und Jacken von ihm. Erst nachdem er sich das zerrissene Hemd ausgezogen hat, fragt er sich, warum er nach all dieser Zeit noch keinen Schlüssel für Roz’ Wohnung hat. Vielleicht beweist es, dass sie sich nie ganz vertraut haben.
Sein Leben ist voll von haltlosen Beweisen. Unbestätigten Antworten. Er zieht sich etwas Trockenes an, und
auch ein anderes Paar Schuhe. Er findet eine der albernen Pudelmützen, reißt den Bommel ab und setzt sie auf. Dann fährt er den Gehstock aus und steckt das Messer so in den Gürtel, dass er es schnell ziehen kann.
Das alles ist nur eine Aufwärmübung für den nächsten Showdown. In drei Wochen kommt Ray raus.
D ie extreme innere Anspannung wird durch seine Vergangenheit ein wenig abgedämpft. Es war ihm weder gelungen, den Vater vom Dach zu holen, noch, das Kind zu retten. Ray war es, der die Sache in die Hand nahm, und Finn bekam die sinnlose Medaille. Ihm wird bewusst, dass er Ray trotz allem eine Menge verdankt.
Den Stock vor sich her schwingend eilt Finn die Stufen hinunter in den Eingangsbereich. Der stürmische Wind schlägt ein tiefes C an, und diesmal ist es fast ein Mönchsgesang. Er erzählt ihm, dass noch mehr Blut fließen wird, er jedoch keine Angst haben solle. Die Stimme ist klar wie das Gebrüll seines Lieutenants und das Gesäusel des Bürgermeisters. Er ist nicht mehr Vorbote des Todes als jeder andere auch. Finn weiß, dass das die Wahrheit ist.
Er tritt durch die Tür hinaus in den Sturm. Das wütende Toben vereint sie. Er stolpert über den zugeschneiten Weg in Richtung Carriage House. Sollte er vom Weg abkommen, würde er sich im Sturm verirren. Er horcht auf das Windspiel, hört aber nichts. Es ist egal. Das hofft er jedenfalls. Er schafft das. Er muss es schaffen.
Er tappt zu den Hecken vor dem Speisesaal. Hier in der Nähe müsste Pudge liegen, wenn Rack ihn nicht weggeschafft hat. Finn kämpft sich durch die Büsche und tritt ein. Dann läuft er direkt zur Osttür.
Wieder draußen marschiert er unerschrocken weiter in Richtung Haupthaus. Fast trägt der Wind ihn dorthin.
Der Schnee erschwert das Gehen, aber diesmal ist er geschützt. Immerhin hat er seine Mütze auf.
Sein Atem geht schwer, und mit jedem Zug erklingt das zischende »J« ihrer Anfangsbuchstaben. Jeder Mensch braucht ein Mantra, das ihn antreibt. Er hatte viele in den letzten Jahren. Jetzt sind es zwei mehr. Die Namen nehmen in seinem Mund Gestalt an. Er spuckt sie hinaus in den Sturm. Jesse. Judith. Mit jedem Schritt kommt er ihnen näher, ihnen und seiner Zukunft.
Harley Moon, Finns persönliches Geisterkind, ist irgendwo in der Nähe. Vielleicht tanzt sie über einen zugefrorenen Fluss oder hängt in den weißen Baumwipfeln. Wirbelt mit wildem Haar hoch oben über die Schneewehen. Er hört sie sagen: Du läufst direkt in dein Verderben,
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