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Der Gesamtprozess der kapitalistischen Produktion

Titel: Der Gesamtprozess der kapitalistischen Produktion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Marx
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gleichgeblieben sein. Die Steigerung von v (von 20 auf 30) kann also nur den Sinn haben, daß die Hälfte mehr Arbeiter angewandt werden. Dann steigt auch das Gesamtwertprodukt um die Hälfte, von 30 auf 45, und verteilt sich, ganz wie vorher, zu 2 / 3 auf Arbeitslohn und 1 / 3 auf Mehrwert. Gleichzeitig aber ist bei vermehrter Arbeiteranzahl das konstante Kapital, der Wert der Produktionsmittel, von 100 auf 90 gefallen. Wir haben also vor uns einen Fall von abnehmender Produktivität der Arbeit, verbunden mit gleichzeitiger Abnahme des konstanten Kapitals; ist dieser Fall ökonomisch möglich?
    In der Agrikultur und extraktiven Industrie, wo Abnahme der Produktivität der Arbeit und daher Zunahme der beschäftigten Arbeiterzahl leicht zu begreifen, ist dieser Prozeß – innerhalb der Schranken der kapitalistischen Produktion und auf deren Basis – verbunden nicht mit Abnahme, sondern mit Zunahme des konstanten Kapitals. Selbst wenn die obige Abnahme von c durch bloßen Preisfall bedingt wäre, würde ein einzelnes Kapital den Übergang von I zu II nur unter ganz ausnahmsweisen Umständen vollziehn können. Bei zwei unabhängigen Kapitalen aber, die in verschiednen Ländern oder in verschiednen Zweigen der Agrikultur oder extraktiven Industrie angelegt, wäre es nichts Auffallendes, wenn in dem einen Fall mehr Arbeiter (daher größeres variables Kapital) angewandt würden und mit minder wertvollen oder spärlicheren Produktionsmitteln arbeiteten als im andern Fall.
    Lassen wir aber die Voraussetzung fallen, daß der Arbeitslohn sich gleichbleibt, und erklären wir die Steigerung des variablen Kapitals von 20 auf 30 durch Erhöhung des Arbeitslohns um die Hälfte, so tritt ein ganz andrer Fall ein. Dieselbe Arbeiteranzahl – sagen wir 20 Arbeiter – arbeitet mit denselben oder nur unbedeutend verringerten Produktionsmitteln weiter. Bleibt der Arbeitstag unverändert – z.B. auf 10 Stunden –, so ist das Gesamtwertprodukt ebenfalls unverändert; es ist nach wie vor = 30. Diese 30 wer den aber sämtlich gebraucht, um das vorgeschoßne variable Kapital von 30 zu ersetzen; der Mehrwert wäre verschwunden. Es war aber vorausgesetzt, daß die Mehrwertsrate konstant, also wie in I auf 50% stehnbliebe. Dies ist nur möglich, wenn der Arbeitstag um die Hälfte verlängert, auf 15 Stunden erhöht wird. Die 20 Arbeiter produzierten dann in 15 Stunden einen Gesamtwert von 45, und die sämtlichen Bedingungen wären erfüllt:
    II. 90 c + 30 v + 15 m ; C = 120, m' = 50%, p' = 12 1 / 2 %.
    In diesem Fall brauchen die 20 Arbeiter nicht mehr Arbeitsmittel, Werkzeug, Maschinen etc. als im Fall I; nur das Rohmaterial oder die Hilfsstoffe müßten sich um die Hälfte vermehren. Bei einem Preisfall dieser Stoffe wäre also der Übergang von I zu II unter unseren Voraussetzungen schon weit eher auch für ein einzelnes Kapital ökonomisch zulässig. Und der Kapitalist würde für seinen, bei Entwertung seines konstanten Kapitals etwa erlittenen Verlust wenigstens einigermaßen entschädigt durch größern Profit.
    Nehmen wir nun an, das variable Kapital falle statt zu steigen. Dann brauchen wir nur unser obiges Beispiel umzukehren, Nr. II als das ursprüngliche Kapital zu setzen und von II zu I überzugehn.
    II. 90 c + 30 v + 15 m verwandelt sich dann in
    I. 100 c + 20 v + 10 m , und es ist augenscheinlich, daß durch diese Umstellung an den die beiderseitigen Profitraten und ihr gegenseitiges Verhältnis regelnden Bedingungen nicht das geringste geändert wird.
    Fällt v von 30 auf 20, weil 1 / 3 weniger Arbeiter beschäftigt werden bei wachsendem konstantem Kapital, so haben wir hier den Normalfall der modernen Industrie vor uns: steigende Produktivität der Arbeit, Bewältigung größerer Massen von Produktionsmitteln durch weniger Arbeiter. Daß diese Bewegung mit dem gleichzeitig eintretenden Fall in der Profitrate notwendig verbunden ist, wird sich im dritten Abschnitt dieses Buchs herausstellen.
    Sinkt aber v von 30 auf 20, weil dieselbe Arbeiteranzahl, aber zu niedrigerem Lohn beschäftigt wird, so bliebe, bei unverändertem Arbeitstag, das Gesamtwertprodukt nach wie vor = 30 v + 15 m = 45; da v auf 20 gefallen, würde der Mehrwert auf 25 steigen, die Mehrwertsrate von 50% auf 125%, was gegen die Voraussetzung wäre. Um innerhalb der Bedingungen unsres Falls zu bleiben, muß der Mehrwert, zur Rate von 50%, vielmehr auf 10 fallen, also das Gesamtwertprodukt von 45 auf 30, und dies ist nur möglich durch Verkürzung des

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