Der Gesandte der Götter (German Edition)
Richtung muss ich gehen, Chiron?“
„Das ist zu gefährlich, Loara“, widersprach Chiron. „Ihr könnt nicht dorthin zurückkehren. Wie leicht könnte Euch jemand sehen!“
„Niemand wird mich sehen“, sagte Loara lächelnd, „denn Rotron hat mich zu eurer Befreiung gut ausgerüstet.“
„Rotron?“ fragte Chiron ungläubig.
„Ja, Rotron!“ antwortete Loara triumphierend. „Ihr hättet mehr Vertrauen in ihn setzen sollen, dann wäre Euch viel erspart geblieben. Aber nun weist mir den Weg! Wie Ihr schon sagtet, hier ist es für uns zu gefährlich und wir sollten uns beeilen.“
Chiron zeigte ihr die Richtung zum Burgtor. Da setzte Loara die Kapuze auf und verschwand vor den Augen der staunenden Männer. Die beiden zogen sich ein wenig tiefer in das Gestrüpp zurück, und Leoris erzählte Chiron das wenige, was er von Loara erfahren hatte.
Chiron blickte nachdenklich zu Boden. „Ich hätte nie gedacht, dass Rotron noch einmal schützend seine Hand über mich halten würde“, sagte er mehr zu sich selbst als zu Leoris.
„Wer ist dieser Rotron, und wie kommt es, dass wir ihm anscheinend unsere Rettung verdanken?“ fragte Leoris neugierig.
„Rotron ist ein Magier, aber von anderer Art als Xoras, wie Ihr seht“, antwortete Chiron. „Aber warum er mich und nun auch Euch vor dem Verderben schützt, weiß ich nicht. Er erklärte mir, die Götter selbst hätten ihm den Auftrag erteilt, doch ich weiß nicht, was sie dazu bewegte. Aber ich verdanke ihm mein Leben, und das nun schon mehr als einmal.“
„Ich könnte mir den Grund schon denken, warum die Götter Euch helfen“, erklang da Loaras Stimme neben ihm. Die beiden Männer schraken zusammen, denn sie sahen sie nicht. Da warf Loara die Kapuze ab. „Auch ein Geschenk Rotrons!“ lachte sie. „Oder was meint ihr, wie ich sonst ungesehen hätte in die Burg gelangen können? Doch nun auf die Pferde!“
Sie rief Falk heran, der bei Chirons Pferd stehen geblieben war, und beide Tiere folgten sofort ihrem Ruf.
„Werdet Ihr reiten können, Chiron?“ fragte Leoris zweifelnd.
„Ich glaube nicht, dass ich mich lange im Sattel werde halten können“, gestand Chiron. „Die Schmerzen sind kaum erträglich, und ich glaube, dass ich fiebere. Es ist daher anzunehmen, dass ich irgendwann einfach vom Pferd fallen werde. Normalerweise würde ich Euch bitten, keine Rücksicht auf mich zu nehmen und Euch und Eure Schwester in Sicherheit zu bringen. Aber ich glaube, dass ihr ohne mich Varannia nie unentdeckt verlassen könnt. Auf der Straße würdet Ihr sehr schnell von Menas wieder aufgegriffen. Daher muss ich bei Euch bleiben, um Euch auf verborgenen Pfaden aus dem Land zu bringen, auch wenn ich Eure Flucht vielleicht behindere.“
„Redet keinen Unsinn, Chiron!“ sagte Loara ungehalten. „Ihr wisst genau, dass wir Euch nie zurücklassen würden. Rotron hat mich nicht zu Eurer Befreiung ausgesandt, damit ich Euch dann im Stich lasse.“
„Ruhig, ruhig!“ mahnte Leoris. „Es ist müßig, darüber überhaupt zu reden. Ihr werdet mit mir reiten, Chiron. Ich hätte sonst Loara zu mir aufs Pferd genommen.“
„Nein, es ist besser, wenn Chiron mit mir reitet“, widersprach Loara. „Ihr beiden Männer seid zu schwer für ein Pferd. Es kommt auf Schnelligkeit an. Der Rappe ist sehr stark und schnell wie der Wind. Für ihn wird mein zusätzliches Gewicht kaum zählen. Ich werde Chiron an mir fest binden. So kann er nicht herunterfallen, selbst wenn er bewusstlos werden sollte. Schnell jetzt!“
Sie zog einen Riemen aus ihrer Satteltasche und löste ihren hinter dem Sattel festgeschnallten Umhang. Behutsam legte sie ihn Chiron um die Schultern und sprang dann aufs Pferd.
„Heb Chiron hinter mir in den Sattel!“ wies sie Leoris an. Als Chiron auf dem Pferd saß, schlang sie den Riemen um ihrer beider Taillen. „So, es kann losgehen! Bist du fertig, Leoris?“
Als Leoris Chirons Pferd bestiegen hatte, sprang der große Rappe davon, ohne dass Loara ihn antreiben musste. Leoris folgte ihnen dichtauf.
Sie ritten die ganze Nacht. Der Ritt erschien Chiron wie ein Traum. Konnte das Wirklichkeit sein, dass er hier durch die Dunkelheit flog, dicht an die geliebte Frau gepresst, die Arme fest um ihren geschmeidigen Leib gelegt? Doch die glühenden Schmerzen, die durch die Bewegung des Pferdes zur Unerträglichkeit gesteigert wurden, erinnerten ihn nur zu deutlich daran, dass das
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