Der Gesandte der Götter (German Edition)
König Menas will nicht, dass das Blut seiner Männer vergossen wird. Darum fordert er seinen Bruder Chiron zum Zweikampf. Wer von den beiden den Kampf gewinnt, soll Herr sein über Varannia und das Volk soll seine Herrschaft anerkennen. Fällt Menas, wird sich die Burg ergeben auf Gnade oder Ungnade. Unterliegt Chiron jedoch, soll auch König Soradan den Sieg von Menas akzeptieren und friedlich in sein Land zurückkehren. Stimmt ihr jedoch diesen Bedingungen nicht zu, wird eure Belagerung wohl länger dauern müssen, als euch lieb sein kann.“
Chiron trat vor. „Sag deinem Herrn, dass ich für meinen Teil die Bedingungen annehme, obwohl er kein Recht hat, überhaupt Forderungen zu stellen und den Thron zu beanspruchen, den er nur durch Verrat erringen konnte. Wäre in seinem Herzen auch nur ein Funken Ehrgefühl, würde er freiwillig zurückgeben, was er sich nur durch die schlimmsten Verbrechen aneignete. Trotzdem bin ich bereit, mit ihm zu kämpfen. Er schuldet mir die Ehre und das Leben meiner Braut und das vieler meiner Untertanen. Auch können die Schmach und die Schmerzen, die er mir mit der Peitsche zufügte, nur mit seinem Blut abgewaschen werden. Darum soll es sein, wie er es wünscht. Doch kann ich nicht für König Soradan und Prinz Leoris sprechen, die von Menas ebenfalls schwer beleidigt wurden.“
„Diese Entscheidung steht mir zu!“ Leoris trat an Chirons Seite. „Mich hat er ohne Grund in seinen Kerker geworfen, und ich war es, den die Hiebe dieses Verräters trafen, nicht König Soradan! Doch da ich der Erbprinz des Reiches Sinara bin, hat er in meiner Person auch unser ganzes Volk und seinen Herrscher beleidigt. So werde ich es sein, der mit dem Blut dieses Schurken den Schimpf von unserer Ehre abwäscht, wenn sein Bruder Chiron ihn nicht erschlägt. Und ich schwöre bei allen Göttern: Sollte Menas wider Erwarten der Vergeltung durch Chirons Hand entrinnen, so führt sein Weg zurück auf den gestohlenen Thron nur über meine Klinge! Nur wenn es ihm gelingt, auch mich zu töten, wird mein Vater in unser Land zurückkehren. Verweigert Menas mir jedoch die Genugtuung, indem er sich mir nicht zum Kampf stellt, werde ich seine Tür weiter belagern, und wenn ich darüber grau werden sollte! Irgendwann wird er aus seinem Loch einmal hervor kommen müssen, und dann werde ich da sein, um ihn zu erwarten. Sag das deinem Herrn!“
Der Herold warf sein Pferd herum und ritt zur Burg zurück. Sobald er das Tor passiert hatte, wurde es wieder verschlossen.
Alle sahen sich erstaunt an. Mit dieser Wendung hatte niemand gerechnet.
„Was ist bloß in Menas gefahren?“ fragte Chiron verblüfft. „Es passt nicht zu ihm, dass er sich zum Kampf stellen will, wo er doch unbeschadet hinter den sicheren Mauern der Burg bleiben könnte. Da steckt irgendeine Schlechtigkeit dahinter!“
„Ja, du hast Recht!“ sagte Leoris. „Und die Schlechtigkeit heißt Xoras! Wer weiß, mit welchen Kräften er den Feigling Menas ausgestattet hat, dass dieser sich traut, gegen dich anzutreten, ohne dass du gefesselt bist? Darum sei auf der Hut und denk daran, Rotron zu Hilfe zu rufen, falls Magie im Spiel ist, gegen die du nicht ankommst.“
„Xoras‘ Magie wird mir nichts anhaben“, antwortete Chiron. „Denk an die Medaillons! Xoras weiß nicht, dass wir sie haben. Wenn er Menas mit mir kämpfen lassen will, steht Menschenkraft gegen Menschenkraft und alle Magie wird nichts nützen. Und dann werde ich Menas töten.“
„Ich weiß zwar, dass du ein ausgezeichneter Kämpfer bist, gib aber trotzdem auf dich Acht!“ sagte Leoris besorgt. „Du vergisst, dass du noch nicht völlig wiederhergestellt bist. Dein Rücken ist noch wund, und die Pfeilwunde hast du ausgerechnet am Schwertarm.“
„Das macht die Partie ausgeglichen, denn ich war stets der bessere Kämpfer von uns beiden“, antwortete Chiron. „Stets habe ich Menas bei unseren seltenen Übungskämpfen besiegt, da er nie viel Interesse daran zeigte, sich im Kampf auszubilden. Und dass meine Kräfte zu einem Kampf ausreichen, habe ich wohl bewiesen. Die leichte Wunde am Arm behindert mich wirklich nicht. Darum sei guten Mutes! Menas wird mich nicht besiegen. Dich jedoch wird das um deine Genugtuung bringen.“
Leoris lachte. „Da es so aussieht, als ob wir beide nicht nur Freunde geworden sind, sondern auch bald Verwandte werden, überlasse ich es dir gern, meine Ehre wiederherzustellen.“
Chiron drückte ihm die
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