Der Gesandte der Götter (German Edition)
gänzlich aufgebraucht waren. Auch die Pferde liefen nun langsamer. In einer kleinen, mit Büschen bestandenen Mulde hielt Rotron darum an.
„Wir werden hier rasten“, sagte er. „Ihr könnt jetzt einige Stunden schlafen. Sobald es dämmert, brechen wir wieder auf.“
„Können wir nicht noch etwas weiter reiten?“ fragte Chiron, der Loaras wegen keine Ruhe hatte.
„Nein, Chiron, denn auch die Pferde brauchen nun eine Pause“, antwortete Rotron. „Ich weiß, dass du dich um Loara sorgst, aber ich kann dir versichern, dass Xoras sie bis jetzt nicht angerührt hat. Ihre Entführung hat ihn viel Kraft gekostet und er wird seine restlichen Reserven dafür benötigen, Nahrungsmittel und Wasser für sie beide herbeizuschaffen. Auch hat er nur gewöhnliche Pferde, die er von einem Gehöft stahl, als er Loara nicht mehr weiter durch Magie befördern konnte. Auch sie wollen gut versorgt sein, wenn sie nicht in der unwirtlichen Ebene schlapp machen sollen. Bis er in seinem Unterschlupf ist, hat er keine Möglichkeit, seine Kräfte wieder zu regenerieren. Ich glaube daher sogar, dass er Loara nicht einmal weiter seiner geistigen Kontrolle unterwerfen wird. Sie ist ein starker Charakter und sie unter seinen Willen zu zwingen, würde ihn zusätzlich beanspruchen. So wird er sich wohl damit begnügen, sie mit einem Bann in seiner Nähe zu halten. Du solltest dir also wirklich keine unnötigen Gedanken machen. Und außerdem bist du wohl auch so erschöpft, dass dir der Schlaf unentbehrlich ist.“
Obwohl Chiron selbst merkte, dass seine Kraftreserven zur Neige gingen, gab er sich noch nicht geschlagen.
„Wenn Ihr uns noch etwas von dem Trank geben würdet, könnten wir vielleicht die Nacht durchreiten“, schlug er vor.
„Sei nicht unvernünftig!“ erwiderte Rotron nun leicht ungehalten. „Auch dein Körper hat nur eine begrenzte Leistungsfähigkeit. Der Trank hebt zwar vorübergehend die Müdigkeit auf und er sättigt auch, so dass man nichts zu essen braucht. Aber wenn du versuchen würdest, dich über die letzten Kräfte hinaus mit ihm aufrecht zu halten, würdest du irgendwann zusammenbrechen. Und du würdest es vorher nicht einmal merken, dass du am Ende bist. So, und nun werde ich es uns etwas bequemer machen!“
Leoris hatte inzwischen bereits sein Pferd abgesattelt und sich auf dem Boden niedergelassen.
„Na, sehr bequem wird diese Nacht wohl nicht werden“, meinte er skeptisch. „Wir sind losgeritten, ohne irgendetwas mitzunehmen. Ich hatte ja auch keine Ahnung, dass wir tagelang unterwegs sein würden, sonst hätte ich Anweisung gegeben, dass man uns das Nötigste zusammenpackt. Nun haben wir nicht einmal Decken!“
Rotron lächelte. „Du traust mir wenig zu, Leoris“, sagte er. „Ich würde meine Kunst nicht einmal so gut wie Xoras beherrschen, wenn ich vor solchen Kleinigkeiten passen müsste.“
Er ging zu seinem Pferd und begann, es ebenfalls abzusatteln. Chiron hatte sein Sattelzeug bereits neben dem von Leoris auf den Boden gelegt. Er sagte nichts mehr, denn er sah ein, dass Rotron wohl besser wusste, was zu tun sei. Hatte der Magier nicht stets das Richtige getan? Chiron wollte nicht erneut in den Fehler verfallen, nur nach seinem eigenen Kopf zu handeln. Er setzte sich neben Leoris und sah Rotron zu, wie dieser aus seinen abgeschnallten Satteltaschen etwas herausnahm. Was es war, konnte er nicht erkennen, denn es waren dicke Wolken aufgezogen, die den Mond verdeckten. Er sah nur, dass Rotron über dem Gegenstand die Finger spreizte und hörte ihn etwas murmeln. Dann warf der Magier das Ding etwas entfernt ins Gras.
Verblüfft sprangen die beiden Männer auf, als sich plötzlich vor ihnen ein Zelt erhob.
„Es wird diese Nacht regnen“, meinte Rotron lakonisch. „Ich habe keine Lust, nass zu werden, sonst hätten es wohl auch ein paar Decken getan.“
Ohne sich um die beiden entgeistert Dastehenden zu kümmern, verschwand er im Zelt. „Ihr solltet die Sättel mitbringen, damit sie nicht nass werden!“ rief er ihnen aus dem Zelt zu.
Als die beiden Männer mit dem Sattelzeug das Zelt betraten, wuchs ihr Erstaunen noch mehr. Das Zelt war recht geräumig und auf dem Boden lagen Decken und Kissen, die es zu einer gemütlichen Schlafstätte machten.
Chiron hatte ja bereits mehrfach Kostproben von Rotrons Macht erhalten und war daher nur einen Augenblick lang verwundert gewesen. Leoris dagegen war anzusehen, dass er aus dem Staunen
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