Der Gesandte der Götter (German Edition)
aus dem magischen Kreis um die drei Gefährten abziehen können, wäre es ihm vielleicht schon gelungen, Xoras‘ Verteidigung zu durchbrechen.
Aber Xoras hatte gemerkt, dass Loara seinem Willen nicht folgte. Hätte er sie dem Dämon als Opfer darbieten können, wäre ihm der Beistand dieses Größten aller Schrecken sicher gewesen. So musste er jedoch feststellen, dass seine Kräfte schwanden, ohne dass er Hoffnung auf Erfolg sah. Er spürte, dass Rotron kurz davor war, seinen Schutzschild zu zerschlagen.
Da setzte er alles auf eine Karte. Mit einer gewaltigen Formel beschwor er den Dämon in der Hoffnung, ihm sein Opfer geben zu können, wenn Rotron besiegt war.
Doch nicht ohne Grund hatte ihn Rotron gewarnt!
Auf einmal erbebte das Tal. Schwere Felsbrocken stürzten von den Hängen, der Boden zitterte und der Turm begann zu schwanken.
Und dann kam das Grauen!
Ohne sich um den magischen Kreis und die drei entsetzten Menschen darin zu kümmern, schritt die schreckliche Gestalt, zum Leben erwacht und von kaltem, schwarzem Feuer umgeben, die Stufen hinunter und aus dem Gebäude hinaus.
Als Rotron den Dämon kommen sah, ließ er blitzschnell von Xoras ab und entzog auch dem magischen Kreis die Kraft, um sich gegen den gewaltigen Gegner zu wappnen.
Doch der Dämon beachtete auch den hastig zurück weichenden Rotron nicht. Mit jedem Schritt auf den erbleichenden Xoras zu, wuchs die mächtige Gestalt, die den Albträumen eines Wahnsinnigen entsprungen schien, bis die von ihr ausgehende Finsternis den Himmel verdunkelte und ihr Schatten das halbe Tal bedeckte.
„Was erdreistest du dich, Wurm, dass du es wagst, mich wieder in meiner Ruhe zu stören?“ Die kalte, schneidende Stimme ließ den Felskessel wie unter dem gewaltigen Druck eines Gletschers erbeben. „Habe ich dir nicht genug gegeben und versprachst du mir nicht, mir erst ein würdiges Opfer zu bringen, bevor du mich wieder belästigst? Da du mich rufst, ohne dass Opfer gebracht zu haben, nehme ich an, dass du selbst das Opfer sein willst. Wohlan, schon zu lange habe ich gewartet, und du bist ein Opfer nach meinem Geschmack!“
Xoras kam nicht mehr dazu, auch nur noch ein Wort zu sagen, denn schon hatten ihn die schwarzen Flammen eingehüllt. Und dann war der Dämon mit einem ohrenbetäubenden Donnerschlag mitsamt seinem Opfer verschwunden.
Diese unerwartete Wendung hatte sogar Rotron in Erstaunen versetzt. Immer noch starrte er mit bleichem Gesicht auf die Stelle, wo Xoras eben noch gestanden hatte. Dann schien sich seine Erstarrung zu lösen und er hob Blick und Hände zum Himmel im stummen Dankgebet an die Götter.
*****
Als Xoras von Loara abließ, um seinen finsteren Helfer zu beschwören, wurde das Mädchen schlagartig ruhig. Verstört und fragend blickte sie um sich und schien erst jetzt Ihre Fesselung richtig wahrzunehmen. Doch da fing auch schon das Tal an zu beben, und der schwankende Boden ließ die drei Gefährten aneinander Halt suchen.
Doch wie groß wurde erst ihr Entsetzen, als sie Kroramaal auf sich zukommen sahen. Ihr Verstand setzte aus und weigerte sich, das sich ihnen bietende Schreckensbild aufzunehmen. Erst als sich der Dämon schon im Freien befand, merkten sie, dass er sie ungeschoren gelassen hatte. Dann sahen sie, dass der magische Kreis plötzlich verblasste, und obwohl ihnen klar war, dass Rotron seinen Schutz von ihnen abgezogen hatte, wagten sie nicht, ihren Platz zu verlassen.
Wie betäubt hockten sie sich fest umklammernd auf dem Boden. Sie waren gewiss, nun einem schrecklichen Tod entgegenzusehen, den sie nicht abwenden konnten.
Wohl hörten sie die furchtbare Stimme Kroramaals und den gewaltigen Donnerschlag und ahnten, dass Xoras zu weit gegangen war. Doch sie erwarteten, dass der Dämon nun auch sie als leichte Beute holen würde, da Rotrons Kreis sie nicht mehr schützte. So saßen sie eng aneinander geschmiegt, gelähmt vor Furcht vor dem grässlichen Ende, das ihnen unentrinnbar bevorzustehen schien.
Doch da erklang die Stimme Rotrons von der Tür her: „Es ist vorbei! Alles ist gut! Der Dämon ist fort, und Xoras wird nun nie mehr Unheil anrichten. Steht auf! Ihr braucht euch nicht mehr zu fürchten. Und nehmt Loara die Fesseln ab, der Bann ist von ihr genommen.“
Noch völlig benommen erhoben sich die beiden Männer. Sie befreiten Loara, die wie eine Gliederpuppe in Chirons Armen hing, von ihren Banden.
„Setzt sie dort auf den Sessel“, sagte
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