Der Gesandte der Götter (German Edition)
gebrauchen können.“
Sie stiegen zum nächsten Geschoss hoch. Mit jeder Stufe wurde das Unbehagen der beiden Männer größer und sie mussten sich schließlich zwingen, Rotron auch noch die letzten Stufen hinauf zu folgen.
Als sie dann doch endlich neben den Magier in den Raum traten, verschlug es ihnen vor Grauen den Atem.
Das hohe, gewölbeartige Gelass war an den Wänden mit schwerem schwarzem Samt behängt, der in dichtem Faltenwurf bis auf den Boden niederfiel. Auch über die Decke zogen sich die Samtdraperien, die jeden Laut zu ersticken schienen. Der Boden war mit schwarzen Teppichen ausgelegt, die jeden Schritt zur Geräuschlosigkeit dämpften.
Die einzige Lichtquelle ging von einem übermannshohen Standbild aus, das auf einem Podest stand und in einem düsteren Glühen pulsierte. Das Entsetzen ließ Chiron und Leoris das Blut in den Adern gefrieren, denn die Ausstrahlung dieser Monstrosität war so schrecklich, dass sie ihren Anblick nicht ertragen konnten und die Augen abwenden mussten.
Aber sie hatten doch den Altarstein vor dem Bildnis gesehen, dessen dunkle Flecken keinen Zweifel über ihre Herkunft aufkommen ließen.
In panischer Angst wandten sich die beiden Männer um und flohen die Treppe hinunter. Rotron folgt ihnen etwas langsamer. In Xoras‘ Labor angekommen, ließ Chiron sich auf einen Stuhl sinken. Die Beine versagten ihm den Dienst.
Auch Leoris lehnte sich schwer gegen den Tisch. „Kroramaal!“ ächzte er, dann sank er in die Knie.
„Still!“ wisperte Rotron und zog ihn in die Höhe. „Um der Götter willen, nenne seinen Namen nicht! Nicht hier in diesem Haus!“ Auch Rotron Gesicht war bleich. „Das ist mehr, als ich befürchtete“, sagte er leise. „Ich wusste, dass Xoras die Dämonen beschwört, aber dass er den Mut hatte, sich ihm zu nähern, hätte ich nicht geglaubt. Wäre ich nur damals schon in den Turm eingedrungen, als ich seinen Schlupfwinkel entdeckte! Dann hätte ich Bescheid gewusst und mich auf diese Begegnung vorbereiten können. Aber die Zeit drängte, da du dich schon auf den Weg zu Leoris‘ Befreiung gemacht hattest, Chiron, und ich musste daher so rasch wie möglich zurück. Das wird ein harter Kampf werden, der mich all meine Kraft kosten wird. Aber nun hilft es alles nichts! Ich muss es wagen!
Hört mir jetzt genau zu, denn es bleibt uns nicht mehr viel Zeit! Xoras scheint ihm noch nicht lange zu dienen, denn sonst wäre seine Macht größer gewesen. Er ist ein träger Geselle, der sich nicht gern stören lässt. Das vergrößert meine Chance, Xoras zu besiegen. Aber ich muss euch schützen, damit ihr nicht durch die Kräfte zu Schaden kommt, die das Tal bei einem Kampf erschüttern werden. Ich werde hier in diesem Raum einen magischen Kreis errichten. Sobald Xoras Loara ins Haus gebracht hat, wird er die Tür hinter ihr verschließen und wieder davoneilen, denn er glaubt uns dicht auf seinen Fersen. Während ich ihm folge, um ihn zu stellen, bringt ihr Loara hier herauf. Begebt euch dann sofort in den Kreis und verlasst ihn um keinen Preis, was ihr auch sehen und hören mögt! Und ihr müsst mit allen Mitteln verhindern, dass Loara dem magischen Zirkel entflieht. Dort sind Stricke. Auch wenn es euch noch so Leid tut, ihr müsst sie binden, denn wenn Xoras sie ruft, wird sie seinem Ruf folgen und ihr werdet sie kaum bändigen können. Gelingt es ihr, den Kreis zu verlassen, ist sie verloren! Also, auch wenn sie euch noch so sehr anfleht und sich in noch so großen Qualen windet – ihr müsst sie im Kreis festhalten! Xoras wird versuchen, sie als Köder für den Dämon zu benutzen. Wird sie dessen Opfer, sind wir alle verloren! Auch ich bin dann der Macht dieses Geschöpfs der Finsternis nicht mehr gewachsen, denn nur die Götter selbst haben Gewalt über ihn, wenn er durch eine Opfergabe gerufen wurde. Daran müsst ihr immer denken, wenn ich euch hier zurücklasse!“
Rotron ging zu Chiron und legte ihm die Hand auf die Schulter. Chiron bemerkte, dass ein warmer Strom von der Hand des Magiers ausging, der das kalte Entsetzen in seinem Herzen weichen ließ. Auch Leoris wurde unter Rotrons Hand wieder gefasster.
Mit einem tiefen Atemzug erhob sich Chiron. „Wir werden alles befolgen, was Ihr uns geheißen habt, Rotron!“
Rotron nickte. Der leise Anflug eines Lächelns zeigte sich auf seinen Lippen, als er nun sagte: „Dann wollen wir beginnen!“
Aus einer seiner unergründlichen Taschen zog er einen kurzen weißen
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