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Der Gesandte des Papstes

Titel: Der Gesandte des Papstes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Lode
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Körpers, den er noch bewegen konnte. Seine Zungenspitze befeuchtete die Lippen. »Er ist … ins Landesinnere geritten … die Handelsstraße. Immer nach … Südosten.« Die Stimme war so schwach, dass Raoul die Worte kaum verstand. Er hätte dem Söldner gerne Wasser gegeben, aber hier war keines zu finden. »Sein Ziel liegt … in Armenien … bei Yerevan …«
    »Wo genau?«, fragte Jada scharf.
    »Weiß nicht … Armenien.«
    Raoul schaute Jada fragend an. Der Blick der Ägypterin ruhte auf dem Sterbenden. Sie nickte kaum merklich.
    Raoul zog die Klinge durch.

SECHZEHN
     
     
    D ie Gehenkten schaukelten im Wind wie Gliederpuppen: zwei Männer, ein weißhaariger Alter und ein Junge von elf oder zwölf Jahren. Beide waren nackt, und die Krähen hatten sich bereits an ihren Gesichtern und Geschlechtsteilen gütlich getan. Sie hingen im Stützgebälk der Kornkammer, dem einzigen Gebäude des Bergdorfes, das nicht den Flammen zum Opfer gefallen war. Von den anderen Häusern waren nur noch geschwärzte, eingestürzte Mauern übrig.
    Ibn-Marzuqs Pferd schnaubte, als sie über den Dorfplatz ritten. Der Geruch des Todes machte die Tiere nervös. Und nicht nur die Tiere. Ibn-Marzuq fröstelte, obwohl es nicht kühler als an den vergangenen Tagen war, und er zog seinen Mantel enger um die Schultern. Im ausgebrannten Gerippe einer Scheune hingen vom Gebälk noch mehr Leiber; ein Haufen aus Leichen, bis zur Unkenntlichkeit verbrannt, ragte am Ende des Platzes auf. Nichts lebte hier mehr, abgesehen von Aasvögeln und Würmern, die in dem Talkessel eine reich gedeckte Tafel vorfanden. Die Toten waren Hirten und Bauern gewesen. Möglich, dass sie sich an den Aufständen beteiligt hatten. Ibn-Marzuq erschien es jedoch wahrscheinlicher, dass die Mongolen das Dorf nur zur Abschreckung zerstört hatten. Angst war immer noch die wirkungsvollste Waffe gegen einen Aufstand.
    Al-Munahid zügelte sein Pferd, worauf der ganze Trupp anhielt. »Das Dorf nach Vorräten durchsuchen«, befahl er und stieg aus dem Sattel. Die Männer pflockten ihre Pferde auf dem Platz an und schwärmten aus. Obwohl das Dorf mit Sicherheit geplündert worden war, ergab der Befehl durchaus einen Sinn:
Mongolen nahmen nur das mit, was ihre Pferde tragen konnten; alles, was größer als ihre Satteltaschen war, ließen sie zurück.
    Seit zwei Stunden plagte ibn-Marzuq der Hunger, doch beim Anblick der verbrannten Leichen war ihm jegliches Verlangen nach Essen vergangen. Sein Rücken tat weh. Er stieg ab, machte einen Bogen um al-Munahid, der am Ziehbrunnen stand und aus dem Eimer trank, und ging zur Wiese jenseits der Siedlung. Eine Furche im Erdreich führte einen schmalen Wasserlauf. Farne wiegten sich am Fuß des Hügels, und über den fernen, schwarzen Bergen im Osten glühte der Himmel. Es hätte ihm hier gefallen, wäre der Wind nicht voller Asche und Verwesungsgestank gewesen. Er durchsuchte die Innentaschen seines Umhangs und fand das gefaltete Tuch mit den Minzeblättern, von denen er jeden Abend drei mit heißem Wasser aufbrühte. Eines schob er sich in den Mund und zerkaute es sorgfältig. Der frische Geschmack machte den Gestank erträglicher.
    Armenien war ein Land, über das er nur wenig wusste. Es war eines der ältesten Reiche der Welt und stand seit neunhundert Jahren fast dauerhaft unter der Herrschaft fremder Eroberer. Zuerst waren die Perser eingefallen, dann die Araber, die Byzantiner, die Seldschuken und vor achtzig Jahren schließlich die Mongolen, die den armenischen Fürsten immerhin eine gewisse Eigenständigkeit gewährten. Trotzdem lehnten sich die christlichen Armenier immer wieder gegen die muslimischen Besatzer auf. Der Aufruhr, in den ibn-Marzuq und die Söldner hineingeraten waren, war nur einer von vielen in den letzten fünfzig Jahren. Als Muslime standen sie glücklicherweise nicht in dem Verdacht, die Aufständischen zu unterstützen. Das und der Umstand, dass einer der Söldner Mongole war, hatte sie davor bewahrt, von einer der vielen Streifwachen festgenommen zu werden - bisher zumindest. Ibn-Marzuq befürchtete, dass sie das volle Ausmaß des Aufstandes erst dann zu spüren bekamen, wenn sie die Ausläufer des Ararathochlandes hinter sich ließen und die besiedelte Ebene um den Sewansee erreichten.

    Dort würde es Schwierigkeiten geben. Er ahnte es. Bisher war alles viel zu glatt gegangen.
    Oder ich werde allmählich zum Schwarzseher, dachte er mürrisch. Dabei war das nicht seine Art. Dieser Ort verdüsterte seine

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