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Der Gesandte des Papstes

Titel: Der Gesandte des Papstes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Lode
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und Schnarchen der Männer erfüllte die Höhle. Ibn-Marzuq setzte jeden Schritt vorsichtig, um keinen der dicht an dicht liegenden Körper zu berühren. Als er an dem Eunuchen vorbeischlich, gab dieser einen grunzenden Laut von sich und wälzte seine Fleischberge herum. Ibn-Marzuqs Herz blieb stehen. Doch der Koloss hatte sich nur im Schlaf bewegt.
    Ibn-Marzuq presste seinen Beutel an die Brust, damit der Inhalt nicht klapperte, und stieg den kurzen Tunnel in der Spalte hinab. Die kühle Nachtluft war eine Wohltat nach dem Rauch und dem Gestank nach Schweiß. Unter der Spalte befand sich eine Böschung, aus der schwarze, scharfkantige Felsen ragten. Die Pferde waren auf der anderen Seite des schmalen Tals angepflockt, wo dichtes Gras wuchs.
    Dort war auch Abdul-Jabar.
    Der Söldner saß auf einem Felsen und trank aus seinem Schlauch. In der Dunkelheit sah seine korpulente, gedrungene Gestalt wie das Abbild einer Muttergöttin aus, die ein primitives
Volk aus dem Felsen gehauen hatte. Ibn-Marzuq bückte sich und hob einen Stein auf, der gut in seiner Hand lag. Hilf mir, Allah, dachte er mit flauem Gefühl im Magen. Dann kletterte er die Böschung hinunter.
    Das Tal war von Geröll übersät. Manche Felsbrocken waren groß genug, ihn zu verbergen. Er ging langsam, denn das Knirschen eines Steins oder das Knacken eines Zweigs konnte ihn in der Stille verraten.
    Sein Weg beschrieb einen Bogen, bis er neben den Pferden und hinter Abdul-Jabar war. Der Söldner trug weder Rüstung noch Helm. Sein Schwert steckte in der Scheide und lehnte am Felsen. Er setzte den Schlauch an die Lippen und trank gluckernd.
    Ibn-Marzuqs Finger schlossen sich um den Stein, dass ihm die Kanten ins Fleisch schnitten. Sein Herz pochte so heftig, dass er sich fragte, wann Abdul-Jabar es endlich hörte.
    Er verließ sein Versteck hinter dem Felsen und ging über das weiche Gras. Bei dem Gedanken, dass der Stein in seiner Hand gleich auf Abdul-Jabars Hinterkopf aufschlagen würde, wurde ihm übel.
    Doch wenn er es nicht tat, war sein Leben verwirkt.
    Er wartete, bis der Söldner wieder trank, dann hob er den Stein hoch über dessen Kopf und ließ ihn herabsausen. Ein widerwärtiges, fleischiges Geräusch, und der Mann kippte mit einem keuchenden Laut zur Seite. Der Schlauch fiel ins Gras.
    Ibn-Marzuq starrte den Körper an, der auf dem Bauch zum Liegen kam. Der Stein entglitt seiner Hand.
    War er tot? Er konnte nicht tot sein. Ibn-Marzuq war sicher, nicht fest genug zugeschlagen zu haben. Gewiss schlief er nur.
    Hoffentlich schlief er nur.
    Er widerstand dem Drang, nachzuprüfen, ob Abdul-Jabar noch am Leben war, nahm stattdessen das Schwert an sich. Seine Gedanken waren so dunstig wie nach mehreren Bechern Wein.

    Die Sättel! Natürlich, du Narr. Ohne Sattel kommst du nicht weit.
    Er vergewisserte sich, dass aus der Höhle kein Laut drang. Gerade als er sich umwenden wollte, regte sich Abdul-Jabar. Der Söldner stöhnte leise und stemmte sich hoch, sodass er auf allen vieren kauerte.
    Kalte Furcht rollte sich wie eine Schlange in ibn-Marzuqs Magen zusammen. Der Stein, Allmächtiger, wo war der Stein?
    Zu spät. Abdul-Jabar kam auf die Knie, hob den Kopf und blickte ihn aus verschleierten Augen an.
    Ibn-Marzuq stand wie angewurzelt neben dem Felsen, bis er begriff, dass der bärtige Söldner noch zu benommen war, um ihn zu erkennen. Ohne dass es ihm bewusst war, schloss sich seine Rechte um den Schwertgriff. Das von Leder umwickelte Stück Stahl schmiegte sich in seine Hand, und er zog die Klinge aus der Scheide. Er trieb die Waffe Abdul-Jabar in die Brust. Er musste eine Lücke zwischen den Rippen getroffen haben, denn das Schwert ging ganz leicht hindurch. Blut schoss dem Söldner aus Mund und Nase. Lautlos fiel er mit dem Gesicht voran ins Gras und begrub das Schwert unter sich.
    Ein einzelner Gedanke schob sich ibn-Marzuq ins Bewusstsein: Nicht denken! Denk nicht darüber nach, was du getan hast.
    Hol den Sattel!
    Endlich saß er auf seinem Pferd, schlug ihm die Absätze in die Flanken und trieb es zu einem halsbrecherischen Galopp an, das Tal entlang, durch eine weite Senke mit dunklen Berghängen zu beiden Seiten.
    Nur fort von der Leiche.
    Er ritt vorbei an Hügeln, Schluchten, einem steinernen Bogen über unsichtbarem Wasserrauschen, vorbei an Hütten, die wie Schwalbennester am Hang hafteten, weit entfernten Türmen, die die Sterne auslöschten. Ihn umgab nur Stille und das rhythmische Trommeln der Hufe.
    Als die Finsternis grauem

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