Der Gesandte des Papstes
wackelte.
»Du redest nicht mit mir. Na schön. Es ist mir gleich, wie viel sie gekostet hat, denn für mich wird sie es umsonst tun. Und so oft, wie es mir gefällt. Ich wollte dich am Leben lassen, damit du zusehen kannst, aber ich glaube, ich töte dich lieber. Du wirst mir lästig.«
Jada hatte endlich ein Brett lösen können und warf es Raoul zu. Er fing es mit beiden Händen auf und musste dann die Arme ausbreiten, um das Schwanken auszugleichen. Das Stück Holz war hart und eine Elle lang.
»Eine großartige Waffe hast du da«, höhnte der Söldner. »Gewiss kannst du damit viel gegen ein Schwert ausrichten.«
Raoul fuhr herum und schwang den Knüppel. Sein Gegner wehrte den Angriff mühelos mit dem Schwert ab. Doch beide mussten vor dem nächsten Hieb erst ihr Gleichgewicht wiederfinden. Der Söldner verhöhnte ihn nicht mehr. Selbst er benötigte seine ganze Aufmerksamkeit, um sich keinen Fehltritt zu erlauben.
Raoul wich langsam zurück und ließ seinen Gegner dabei nicht aus den Augen, achtete auf jede noch so kleine Bewegung. Der Söldner presste die Lippen zu einer schmalen Linie zusammen und stieß das Schwert nach vorn. Holz prallte auf Stahl, als Raoul den Schlag abwehrte. Die Augen seines Gegners blickten kurz an ihm vorbei und verrieten ihm, was in dem Mann vorging: Er wollte den Kampf entscheiden, bevor Raoul die Dachkante erreichte.
Sofort kam der nächste Angriff, eine erbarmungslose Abfolge von Hieben. Der letzte Streich spaltete das Holz fast in zwei Teile. Raoul schleuderte es dem Söldner entgegen, drehte sich um seine eigene Achse und sprang.
Gerade als seine Hände die Dachkante fanden, brach der Balken aus der Verankerung.
Raoul hörte Poltern, Bersten von Holz und Stein, einen Schrei - seinen Namen. Der Aufprall gegen die Hauswand traf ihn wie ein Keulenschlag. Die Geräusche rückten in weite Ferne. Schwärze. Nein!, dachte Raoul und kämpfte dagegen an. Er holte scharf Luft und zog sich langsam hoch, bis er ein Bein über die Dachkante schwingen konnte.
Eine letzte Anstrengung, dann lag er auf dem Dach auf festem, sicherem Untergrund: ohne Verfolger, ohne die Gefahr, in die Tiefe zu stürzen. Er genoss den Moment und spürte, wie sich sein Herzschlag langsam beruhigte.
Eine kühle Hand legte sich auf seine Wange. »Geht es dir gut, Raoul?«, fragte Jada leise.
Er öffnete die Augen und sah die Ägypterin neben sich sitzen. In ihren Augen spiegelte sich Sorge wider - die Sorge um ihn. Ächzend setzte er sich auf und lächelte. »Müssen deine Gefährten immer erst in Todesgefahr geraten, bevor du etwas Freundlichkeit für sie übrig hast?«
Leichter Ärger flackerte in ihren Augen auf, und ihre Stimme wurde betont sachlich. »Bist du verletzt? Wie geht es deinem Knie?«
»Mir geht es gut, Jada.« Schwankend stand Raoul auf. Er brauchte Ruhe, dringend Ruhe. Aber noch konnten sie sich nicht in Sicherheit fühlen. Er blickte von der Dachkante in die Tiefe. Neben dem Körper des Hünen lag der Christ reglos auf dem Schutt.
»Komm«, sagte Raoul und ging hinkend zu einer Stelle, wo früher eine Dachluke gewesen sein musste, denn von dort führte eine Treppe nach unten. Sie folgten den Stufen und durchquerten vorsichtig das leere, baufällige Gebäude, einst ein mehrstöckiges Lagerhaus mit weiten, hohen Räumen.
Als der Balken weggebrochen war, hatte er einen Teil des Dachstuhls sowie Mauerreste mit sich gerissen; neue Trümmer
waren auf die alten gefallen. Raoul fand das Schwert des Söldners und behielt es in der Hand, als er den Mann auf den Rücken drehte. Er lebte noch. Eine Gesichtshälfte war zerschmettert, Beine und Arme waren verdreht und schienen mehrfach gebrochen zu sein. Aber er war bei Bewusstsein und blinzelte, als sich Raoul über ihn beugte.
»Wohin ist al-Munahid geritten? Welchen Weg hat er genommen?«
Irgendwie brachte der Mann ein Lächeln zu Stande. »Du findest … ihn … niemals.«
Raouls Stimme wurde hart. »Du verlierst kein Blut. Wenn ich dich hier so liegen lasse, lebst du noch einen Tag, vielleicht auch zwei. Der Schmerz wird dich wahnsinnig machen. Morgen in der Sonne wird dich der Durst quälen. Ratten und Krähen werden kommen und sich an dir sattfressen. Das wird geschehen, wenn du schweigst.« Er beugte sich nach unten, damit der Mann jedes Wort verstand. »Wenn du redest, schenke ich dir einen schnellen Tod.«
Die Augen des Mannes wanderten unruhig von ihm zu Jada. Seine Hand öffnete und schloss sich, vielleicht der einzige Teil seines
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