Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Gesandte des Papstes

Titel: Der Gesandte des Papstes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Lode
Vom Netzwerk:
den fast unmerklichen Geruch von Krankheit und Tod, der über allem lag.
    Sie befanden sich in einem alten Siechenhaus.
    Jada verschwand in einem Rundbogendurchgang am Ende des Saals, dem sich ein zweites Krankenlager anschloss. Sie machte sich an einer Tür zu schaffen, schmetterte aber voller Enttäuschung die Faust gegen das Holz. »Verschlossen!«
    Diese Tür war in einem besseren Zustand als die Erste und würde sich nicht mit einem Tritt aufstoßen lassen. Raoul sah die Männer den Durchgang erreichen. Einen oder zwei konnte er bezwingen - aber nicht alle drei. Es musste einen anderen Weg geben; die Tür konnte doch nicht der einzige Ausgang sein!
    In einer Nische erahnte er Stufen.
    »Da entlang!«, rief er und rannte los, darauf hoffend, die Treppe würde sich nicht als Sackgasse erweisen.
    Da die Nische sich an der Seitenwand des Saals befand, mussten sie ihren Verfolgern entgegenlaufen. Der Schnellste der drei kam ihnen schon entgegen, um ihnen den Weg abzuschneiden. Mit einem schleifenden Geräusch zog Raoul sein Schwert aus der Scheide und stellte sich dem Mann entgegen. Genau in diesem Moment warf Jada ihren Dolch. Der Mann wich der wirbelnden Klinge aus, prallte gegen ein Bett und stürzte. Das verschaffte Raoul und Jada Zeit, die Nische zu erreichen. Raoul
übernahm die Führung. Zu seiner Erleichterung endeten die Stufen nicht an einer Tür, sondern führten in einem engen Bogen nach oben, schwachem Licht entgegen.
    Raoul nahm mit jedem Schritt zwei, drei Stufen, bis die Treppe in einen Flur mündete. Zu beiden Seiten befanden sich mehrere Durchgänge, Trümmer lagen auf dem Boden, in der Decke klaffte ein Loch.
    Er wusste nicht, welchen Weg er nehmen sollte. Alle Durchlässe konnten in Kammern ohne Ausgänge führen und somit zur Falle werden. Er hörte, wie gefährlich nahe die Schritte ihrer Verfolger waren. Jada nahm ihm die Entscheidung ab und hastete zum ersten Durchgang zu ihrer Rechten.
    Der angrenzende Raum war fast vollkommen dunkel. Kisten stapelten sich an den Wänden. Irgendetwas verströmte widerwärtigen Verwesungsgestank.
    Es gab keine Fenster und keine Türen.
    »Jada, zurück!«, keuchte Raoul. Im gleichen Moment polterte es, als ein Kistenstapel zusammenbrach. Ein Rechteck aus violettem Abendhimmel erschien in der Wand. Jada hatte ein Fenster freigelegt und kletterte bereits hindurch.
    Die Verfolger stürmten in den Flur. Einer trug in der Hand einen massiven Knüppel und blickte sich suchend um. Hinter ihm drängte ein zweiter nach, den Raoul erkannte: Es war einer von al-Munahids Männern. Jener, den er in der Zisterne ins Wasser gestoßen hatte - den Christen mit dem vernarbten Kinn. Ein Lächeln ließ seine Lippen zucken, als er Raoul in die Augen blickte. Er rief etwas auf Griechisch, worauf der Mann mit dem Knüppel auf Raoul losging. Raoul drängte ihn mit einem Schwerthieb zurück, stieß einen Kistenstapel um und brachte den Angreifer damit zu Fall.
    Während sich der Mann aufrappelte, schob Raoul sich mit dem Kopf voran durch das Fenster, blind darauf vertrauend, dass ihn kein Abgrund empfing. Er dankte Gott, als er keine Armlänge unter sich eine ebene Fläche sah.

    Er ließ sich fallen, rollte sich ab und gelangte auf die Füße. Schwer atmend stand er auf dem flachen Dach eines angrenzenden Gebäudes. Jada war zur Dachkante vorausgelaufen. Verschaff ihr Zeit, dachte er und wandte sich mit dem Schwert in der Hand um. Ein Gefährte des Christen kletterte soeben durch das Fenster. Raoul trieb ihm das Schwert in die Schulter. Der Mann schrie auf, verlor den Halt und stürzte auf das Dach. Doch trotz der Wunde war er immer noch behände. Bevor Raoul dessen Leben mit einem zweiten Hieb beenden konnte, holte der Mann mit seinem Knüppel aus. Das Holz schmetterte gegen Raouls Knie, brachte ihn zu Fall.
    Raoul glaubte, sich übergeben zu müssen, so bohrend war der Schmerz. Die Mauern des Siechenhauses dehnten sich aus, schoben sich ineinander. Bis er wieder klar sehen konnte, stand sein Gegner schon breitbeinig über ihm und hob den Knüppel über den Kopf. Raoul rollte sich zur Seite, das massive Holz krachte auf Stein. Er spürte sein Schwert unter sich, griff danach und reckte es blindlings in die Höhe. Ein fleischiges Geräusch, plötzlicher Widerstand: Sein Schwert steckte im Bauch seines Gegners fest.
    Mit einem Ruck wich er dem zusammenbrechenden Körper aus und richtete sich schwankend auf. Sein Knie war nicht gebrochen; er konnte stehen, wenn auch unter Schmerzen.

Weitere Kostenlose Bücher