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Der Gesandte des Papstes

Titel: Der Gesandte des Papstes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Lode
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Flucht die Verfolgung aufgenommen. Wenn er wenigstens nicht den offensichtlichsten Weg genommen hätte … Aber jetzt war es zu spät, das zu ändern.
    »Schneller!«, brüllte er und schlug mit den Zügeln auf den Pferdehals ein. Donnernd wirbelten die Hufe Staub auf, als er die Anhöhe hinaufjagte, die Muskeln des Tiers hoben und senkten sich unter ihm. Er drehte sich nach hinten um. Die Entfernung zu den Söldnern war geschrumpft.
    … weil sie die besseren Reiter sind.
    Schneller, bei allen Höllen, schneller!
    Ein Dorf, er musste zu einem Dorf. Vielleicht gewährten ihm die Bewohner Zuflucht, wenn er ihnen weismachte, er sei vor Räubern auf der Flucht. Nein, vor Mongolen! Wenn sie den Mongolen sahen, der mit al-Munahid ritt, würden sie ihm glauben.
    Das nächste Dorf lag jenseits der Flusswindung, etwa eine halbe Meile entfernt, vielleicht weniger. Er konnte es schaffen. Er musste es schaffen.
    Ibn-Marzuq biss die Zähne zusammen und kämpfte gegen den Schmerz an, der sich von seinem Steißbein in den Rücken fortpflanzte. Schweiß brannte ihm in den Augen. Er wandte den Kopf, doch der Schweif aus Staub verdeckte alles. Durchhalten! Nur noch eine viertel Meile.

    Ein steiler Pfad führte in Serpentinen zum Dorf hinauf. Er wollte keine Zeit vergeuden, deshalb riss er das Tier scharf herum und ritt die Böschung bergauf. Trotzdem musste er den Galopp verlangsamen. Der Weg war schmal und von tückischen Steinen übersät. Und bald kam die nächste Kurve. Diesmal musste er sie nehmen, denn die Böschung dort war fast senkrecht.
    Bei der dritten Biegung sah er unter sich die Söldner. Mit al-Munahid an der Spitze hielten sie auf den Serpentinenweg zu.
    Sein Inneres zog sich zusammen. Aber das Dorf war nah. Noch zwei Wegbiegungen, dann hatte er es geschafft.
    Noch eine.
    Eine Lawine aus Staub und Steinen rutschte den Hang hinab, als sein Pferd in der Kurve vom eigenen Schwung nach außen getragen wurde. Der hintere Huf trat ins Leere, und es geriet ins Straucheln. Ibn-Marzuq zog an den Zügeln. Das Tier trat nach, dann hatte es wieder festen Grund unter sich und galoppierte den Weg hinauf.
    Das Dorf lag vor ihm. Zwanzig, dreißig Häuser, umgeben von einem soliden Wall aus ockerfarbenen Steinen und Balken, der Sicherheit verhieß.
    Männer in groben Schafswollwämsern standen auf dem Weg. Sie riefen etwas und liefen in den Schutzwall.
    Bei Idris’ schwarzen Flammen, was machten sie da?
    Die Männer schlossen das Tor. Sie sperrten ihn aus, überließen ihn den Schakalen.
    Er zügelte sein Pferd. Sein Atem ging schwer. Auf den Mauern war niemand zu sehen. Das Dorf wirkte wie ausgestorben.
    Die Söldner brachen durch die Staubschwaden am Hang. Weiter, dachte ibn-Marzuq verzweifelt. Beweg dich! Der Schmerz in seinem Rücken ließ ihn aufkeuchen, als er sein Pferd antrieb. Wo sollte er hin? Hinter dem Dorf war nichts, kein Pfad, nur der felsige Bergsattel.
    Weiter, nur weiter, nicht aufgeben!

    Er ritt rechts am Dorfwall vorbei und galoppierte den dahinter liegenden, sanft ansteigenden Hang hoch. Aus den Augenwinkeln sah er, dass al-Munahid und seine Schakale angehalten hatten. Was war los? Gaben sie auf? Ja, das musste es sein. Er hatte sie bezwungen, abgehängt, besiegt.
    Ein Gefühl des Triumphes stieg in ihm auf, spülte Schmerz und Erschöpfung fort, und er lachte in sich hinein.
    Der alte, dicke Harun ibn-Marzuq war zu zäh für sie.
    Dann sah er die Schlucht.
    Auf einer Länge von dreißig Ellen brach der Fels senkrecht ab, unsichtbar, wenn man sich nicht die Mühe machte, das Gelände genau zu betrachten.
    Und er ritt geradewegs darauf zu.
    Panisch riss er an den Zügeln, doch da war es schon zu spät. Sein Pferd wieherte, als es keinen Boden mehr unter sich hatte.
    Dann raste ihm sandfarbener Fels entgegen.
     
    Weißes, schmerzendes, alles ausfüllendes Licht.
    Durst.
    Und überall Taubheit.
    Er blinzelte, schloss die Augen und sah die Nachbilder der Sonne in der Dunkelheit. Er versuchte sich zu bewegen, aber es ging nicht. Sein ganzer Körper war eingezwängt.
    »Er ist wach, aqid«, sagte jemand.
    Aqid … der Anführer von Beduinen auf einem Raubzug. Al-Munahid. So wurde er genannt.
    Ein Schatten verdunkelte das Licht, und ibn-Marzuq wagte es, die Augen zu öffnen. Eine schwarze Gestalt stand über ihm.
    »Mein lieber Harun«, sagte al-Munahid mit sanfter Stimme. »Was hast du dir nur dabei gedacht?«
    Ibn-Marzuq öffnete den Mund, doch es kam kein Laut. Sand schien seinen Rachen auszufüllen. Etwas Hartes

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