Der Gesandte des Papstes
weigerten sich, ihnen etwas zu verkaufen. Die Stadt schien sich auf eine Belagerung vorzubereiten, und niemand war bereit, etwas von seinen Vorräten an Fremde abzugeben. Erst der Wirt einer Herberge erklärte sich bereit, ihnen Brot, Wein, gepökeltes Fleisch und Hirse zu überlassen. Von dem Geld, das er dafür verlangte, hätte man in Kairo einen Sklaven von guter Qualität bekommen. Während al-Munahid mit dem Mann feilschte, schlurfte ibn-Marzuq zum Brunnen im Innenhof der Herberge, kniete sich neben das Steinbecken und begann sich zu waschen. Sein rechter Arm war von der Schulter bis zum Handgelenk steif, sodass er das Wasser mit der Linken herausschöpfen musste. Es war eine mühsame Angelegenheit, auf die er seine ganze Aufmerksamkeit lenken musste, sodass er den Tumult erst bemerkte, als der Mongole neben ihm stand.
»Los, aufstehen«, bellte der Söldner.
Ibn-Marzuq gehorchte und sah sich um. Leute rannten durch den Hof. »Was ist los?«
»Wir brechen auf.«
Kurz darauf saß er wieder vor dem Mongolen im Sattel. Ohne die Vorräte ritten sie durch das Tor der Herberge auf den großen Platz. Er war wie leergefegt; lediglich eine Frau, die ein
Kleinkind hinter sich herzerrte, und die Soldaten bei den Katapulten waren noch da. Sie betätigten die Winden und spannten die Wurfarme.
Mit al-Munahid an der Spitze jagten sie durch die menschenleeren Straßen.Als sie beim Stadttor ankamen, fanden sie es verschlossen vor. Lanzenträger hasteten die Treppen zu den Wehrgängen hinauf, Befehle wurden gebrüllt. Ein Soldatentrupp kam aus einer Gasse und versperrte ihnen den Weg.
Al-Munahid zügelte sein Pferd. »Lasst uns durch«, rief er.
Ein armenischer Wortschwall war die Antwort. Der Hauptmann des Trupps forderte sie dabei mit Gesten auf, sich von der Stadtmauer zu entfernen.
Fluchend und mit verzerrtem Gesicht wendete al-Munahid sein Pferd, und sie preschten zum Platz zurück.
Der Arm des vorderen Katapults schnellte in den Himmel und sandte einen flammenden Kometen über die Dächer.
SIEBZEHN
A ndranik wechselte einige Worte mit den beiden Hirten und kam zu den Pferden zurück. »Sie haben vor einer Woche eine Gruppe von Reitern gesehen«, sagte der Armenier mit leichtem Akzent. »Neun Männer. Acht trugen Rüstungen und Waffen. Der neunte war gekleidet wie ein Edler.«
»Das sind sie«, sagte Jada.
Andranik stieg auf. Er ritt ein stämmiges Kleinpferd mit einem mongolischen Sattel, der eine hohe hölzerne Lehne und ein Lederhalfter für seinen Kurzbogen besaß. Seine Kleidung bestand aus mehreren Schichten Wolle und Leder, die die kleine, muskulöse Gestalt des Armeniers untersetzt wirken ließ; das schwarze, borstige Haar verschwand unter einer Fellkappe. Der Vollbart und die Messer am Gürtel verliehen ihm das Aussehen eines wilden Bergbewohners, doch dieser Eindruck verschwand sofort bei einem Blick in die sanften, dunklen Augen. Der Wirt in Trapezunt hatte ihnen Andranik als Führer durch das Hochland empfohlen, und Raoul hatte ihre Entscheidung, den schweigsamen Armenier anzuwerben, nicht bereut. Er sprach Griechisch, Latein und sämtliche Dialekte der Region und kannte die Berge wie seine Westentasche. Ihm allein war es zu verdanken, dass sie die Spur von al-Munahid nicht verloren hatten. Außerdem wusste er über die Routen der mongolischen Reiterwachen Bescheid und konnte dafür sorgen, dass sie diesen auswichen.
Raoul sah die Ägypterin an. »Wer ist der Edle?«
»Harun ibn-Marzuq, einer von an-Nasirs Lieblingswesiren. Al-Munahids Auftraggeber.«
»Was ist er für ein Mann?«
Jadas Blick wurde verächtlich. »Ein verweichlichter Beamter, wie es Dutzende am Hof gibt. Er ist nur dabei, um Probleme zu lösen, die sich mit dem Schwert nicht beseitigen lassen. Und um al-Munahid im Auge zu behalten.«
Matteo lenkte sein Pferd neben Andranik. »Haben die Hirten auch die Pilger gesehen?« Alle, bei denen sie sich in den vergangenen Tagen nach den Söldnern erkundigt hatten, hatten auch eine Gruppe von Pilgern gesehen, die in dieselbe Richtung ritt. Raoul tat es als Zufall ab. Den Toskaner dagegen ließ es nicht los.
»Sie sind immer noch einen Tag hinter den Söldnern«, antwortete der Armenier.
Matteo nickte und verfiel in Schweigen.
Raoul blickte zur Sonne, die langsam hinter den Berggipfeln versank. Bis zur Nacht wollte er noch mindestens fünf Meilen zurücklegen. »Reiten wir«, sagte er und trieb sein Pferd an.
Sie folgten einem zwei bis drei Meilen breiten und recht dicht
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