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Der Gesandte des Papstes

Titel: Der Gesandte des Papstes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Lode
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besiedelten Tal. Links von ihnen erhob sich eine Bergkette; rechts, vor der Eiskuppe des Ararat im Südosten, erstreckte sich endloses Hochland voller Schluchten, Felszacken und Geröll. Mehrmals in der Stunde kamen sie an Dörfern, Gehöften und uralten Klöstern, für die die Erbauer stets solch aberwitzige Standorte wie die Spitzen von Felsnadeln oder natürliche Erker über Abgründen ausgewählt hatten, vorbei. Von den Unruhen in Armenien war in diesem Teil des Grenzlandes nichts zu spüren, abgesehen von der hohen Präsenz mongolischer Reitertrupps. Raoul vermutete jedoch, dass sie nicht von den Auswirkungen des Aufstandes verschont bleiben würden, denn ihr Weg führte ins Landesinnere.
    Der Vorsprung der Söldner hatte sich auf etwa sieben Tage verkürzt, aber das war immer noch zu viel. Von Tag zu Tag wurde Raoul ungeduldiger, und dass sie in dem unwegsamen Gelände nur langsam vorankamen, erfüllte ihn nicht selten mit Zorn. Jada hatte ihm ihr Wort gegeben, was die Heilkraft des Zepters betraf.
Dennoch war ein nagender Zweifel geblieben, der dazu führte, dass er seine Hoffnung unterdrückte. Es gab nur einen Weg, Gewissheit zu erlangen: das Zepter selbst. Der Gedanke, al-Munahid könnte ihm zuvorkommen, war ihm unerträglich.
    Um keine Aufmerksamkeit zu erregen, verbrachten sie die Nächte abseits der Siedlungen. Andranik kannte gute Lagerplätze im Hochland. Als es dunkel wurde, führte er sie einen Pfad hinauf, der zwischen den Felsen nahezu unsichtbar war. Oben erwartete sie die Ruine eines Grenzturmes, von dem nur noch die beiden unteren Geschosse standen. Unter der Wendeltreppe, die sich im Innern emporwand, breiteten sie ihre Decken aus. Während sich Jada und Raoul um die Pferde kümmerten, machten Andranik und Matteo Feuer und begannen, Hirse zu kochen. Der Armenier war ein ausgezeichneter Koch, der sogar aus Brei ein wohlschmeckendes Mahl zubereitete, indem er Mandeln, Feigen, geschnittene Äpfel und Honig hineintat.
    Nach dem Essen erzählte Andranik von seiner Heimat, und sie ließen den Weinschlauch kreisen. Raoul wusste, dass Jada nur so tat, als trinke sie. Sie brauchte weder Wasser noch Wein, noch eine andere Flüssigkeit zum Überleben. Den Wasserschlauch in ihrem Gepäck hatte sie nur zur Tarnung bei sich; zum Schein trank sie gelegentlich daraus und schüttete das Wasser heimlich weg. Als sie vor zwei Tagen in einen Wolkenbruch geraten waren, hatte sie die Kapuze ihres Ledermantels tief ins Gesicht gezogen und sich Handschuhe übergestreift, um sich vor der Nässe zu schützen. Aus Sorge um sie bot Raoul an, in einem Unterstand das Ende des Regens abzuwarten. Doch sie beruhigte ihn: So wie er längere Zeit in großer Hitze und Trockenheit überleben könne, füge ihr Wasser nur in größeren Mengen Schaden zu. Regen fühle sich lediglich unangenehm an. Glücklicherweise war es bei dem kurzen Wolkenbruch geblieben. Im Sommer war Armenien ein trockenes Land.
    Nach einer halben Stunde beendete Andranik seine Geschichte, und sie gesellten sich zu Matteo, der bereits schlief.

    Der Armenier legte sein Wams ab und wollte sich gerade hinlegen, als er plötzlich aufsprang. Er horchte in die Nacht. »Reiter«, sagte er. »Fünfzehn oder sechzehn. Sie sind auf dem Weg hierher.«
    »Mongolen?«, fragte Jada alarmiert.
    »Wer sonst? Wahrscheinlich haben sie das Feuer gesehen.« Andranik kehrte zu seinem Schlaflager zurück, streifte sein Wams über und begann, hastig seine Sachen zu packen. »Wir müssen verschwinden. Wenn sie unsere Waffen sehen, halten sie uns für Aufständische und töten uns auf der Stelle.«
    Raoul goss Wasser ins Feuer und weckte Matteo, der bei der Erwähnung der Mongolen sofort hellwach war und hastig seine Ausrüstung in die Satteltaschen stopfte. Kurz darauf waren die Pferde gesattelt, und sie ritten den Berghang weiter hinauf, darauf bedacht, jeden unnötigen Laut zu vermeiden. Der Hufschlag der mongolischen Pferde war leise, kam aber bedrohlich näher. Raoul bewunderte Andranik dafür, dass er die Reiterwache bereits gehört hatte, als sie noch am Fuß des Bergs gewesen war.
    Als der Hang in eine steinige Ebene überging, ertönte von unten ein harscher Befehl, der eindeutig ihnen galt. Andranik trieb sein Pferd an und verschwand in der Finsternis. Pfeile sirrten, verfehlten sie jedoch.
    Raoul bildete den Schluss ihrer Gruppe. Um die anderen nicht zu verlieren, trieb er sein Pferd noch mehr an. Plötzlich knickte seinem Wallach ein Vorderbein ein, und das Tier

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