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Der Gesandte des Papstes

Titel: Der Gesandte des Papstes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Lode
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überschlug sich. Raoul wurde aus dem Sattel geschleudert, fühlte einen Schlag, der ihm die Luft aus den Lungen presste, und rollte über Gras und Steine. Er blieb auf dem Bauch liegen und hustete.
    »Raoul!«
    Benommen hob er den Kopf. Eine Gestalt schälte sich aus der Schwärze. Jada. Sie zügelte ihr Pferd.
    »Steig bei mir auf!«, rief sie.

    Raoul kam schwankend auf die Beine. Sein Wallach hatte sich wieder aufgerappelt, doch die Art, wie das Tier das Vorderbein anwinkelte, zeigte, dass es gebrochen war. Er musste es zurücklassen.
    Rufe in der fremdartigen Sprache der Mongolen ertönten, Hufschlag näherte sich. Raoul ergriff Jadas Hand und schwang sich hinter ihr in den Sattel. Sie schlug ihrem Araber die Absätze in die Flanken und ritt los.
    Bei dem Galopp, den Jada anschlug, grenzte es an ein Wunder, dass ihr Pferd nicht ebenfalls stürzte. Erde und Grasbüschel flogen von den Hufen, die Rufe der Mongolen wurden schwächer. Raoul schlang seine Arme um Jadas Taille. Ein Reiter tauchte vor ihnen auf: Matteo, der im gleichen Moment von schwarzem Buschwerk verschluckt wurde. Zweige peitschten Raoul über die Schultern, als Jada dem Toskaner nachsetzte, rissen wie Krallen an ihm. Es ging weiter bergauf. Das Geäst bildete einen Hohlweg, lichtete sich, entließ sie auf eine Ebene vor einer Felswand.
    Andranik wartete neben einem Felsen, der das Gras durchbrach. Raoul glaubte eine Fratze im Stein zu sehen.
    »Sind wir sie los?«, fragte Matteo.
    Als ihre Pferde still standen, hörte Raoul unter ihnen donnernden Hufschlag vorbeiziehen.
    »Hier oben finden sie uns nicht«, antwortete der Armenier, wendete und ritt gemächlich Richtung Felswand.
    Die anderen folgten ihm. Jetzt, da die Anspannung von Raoul abfiel, spürte er ein Brennen in seinem rechten Arm. Er betastete die Stelle und verzog vor Schmerz das Gesicht. Seine Fingerkuppen waren feucht von Blut. Er überwand sich, die Wunde zu untersuchen. Bei dem Sturz musste er sich an einem Stein verletzt haben. Die Blutung war nicht stark. Es genügte, sie später zu verbinden.
    Raoul sah auf, als Jada hinter Matteo und Andranik in einen Einschnitt in der Felswand ritt. Haushohe Wände ragten auf,
der Sternenhimmel war nur noch ein Streifen. Figuren waren in den Fels gehauen, feiste Geschöpfe mit hundeähnlichen Köpfen, die mit langen Zungen an den Leibern gefallener Krieger leckten.
    Matteo blickte von links nach rechts. »Was ist das für ein Ort?«
    »Ein alter Tempel«, sagte Andranik.
    »Und das da? Diese … Gesichter?«
    »Ich weiß es nicht. Tote Götter.«
    Der Toskaner verstummte, sank unmerklich im Sattel zusammen und zog die Schultern zusammen, als friere er.
    Die Spalte war nicht lang und öffnete sich in ein Tal, das nahezu rund zu sein schien und von hoch aufragenden Felsen und dichten Bäumen begrenzt wurde. Die Sterne glitzerten nicht nur über ihnen, sondern auch in der Talsohle. Raoul begriff, dass dort unten ein Teich oder See liegen musste.
    Vor einigen Hohlräumen in der Felswand stiegen sie ab. Es waren keine richtigen Höhlen, nicht tiefer als vier Schritt, aber als Schlaflager bestens geeignet. Die Flucht schien Andranik erschöpft zu haben, denn er bereitete in einer der Mulden sein Lager, wünschte allen eine erholsame Nacht und legte sich hin. Matteo rieb die Pferde ab und führte sie zum See, um sie zu tränken. Währenddessen richtete Jada ihre Schlaflager her. Es waren genug Höhlungen vorhanden, dass jeder eine für sich bekam.
    Raoul setzte sich auf den Fels und krempelte vorsichtig den Ärmel seines Waffenrocks hoch, bis die Wunde freigelegt war. Der Stein hatte ihm einen fingerlangen Schnitt über der Armbeuge zugefügt. Er war nicht tief, blutete aber immer noch. Raoul holte seinen Wasserschlauch, tränkte ein Tuch und reinigte die Ränder des Schnitts von verkrustetem Blut und Erde. Er ging gründlich vor, denn eine Entzündung konnte seinen Waffenarm für längere Zeit nutzlos machen. Verbandszeug hatten sie keines, also schnitt er mit seinem Dolch einen Streifen
aus dem Hemd, das er im Heiligen Land getragen hatte. Den Fetzen mit nur einer Hand um den Muskel zu schlingen war mühsam.
    »Warte«, sagte Jada. »Ich helfe dir.«
    Sie holte den Tiegel mit der Hennasalbe aus ihrem Beutel und ging neben ihm auf die Knie. Die Salbe hatte die Farbe von hellem Blut und die Festigkeit von Honig. Jada trug etwas davon auf ein Tuch auf. »Das brennt jetzt etwas.«
    Raoul zuckte zusammen, als sie die Salbe behutsam auf die Wunde auftrug.

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