Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Gesandte des Papstes

Titel: Der Gesandte des Papstes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Lode
Vom Netzwerk:
zu sein, ertrug er nicht.
    Auch Matteo schwieg, seit sie aufgebrochen waren. Raoul hatte über die letzten Wochen mit ihm nachgedacht. Er war davon überzeugt, dass der Grund seiner Reise nicht darin lag,
Matteo zu schützen; der Toskaner hatte mehrmals bewiesen, dass er nicht die geringste Hilfe brauchte, sich im Heiligen Land zurechtzufinden. Morra traute ihm nicht. Matteo hatte glauben sollen, er werde überwacht, damit er die Anweisungen des Kardinals buchstabengetreu befolgte. Raoul hätte viel dafür gegeben, wenn er gewusst hätte, was seit ihrer Begegnung am See im Morgengrauen in seinem Gefährten vorging.
    Andranik und der Toskaner verschwanden hinter einigen Felsen, die aus dem Kamm wie Dornen aus dem Rücken eines urzeitlichen Ungeheuers ragten. Raoul presste seine Schenkel an den Leib des Pferdes, als der Pfad steil bergab ging und hinter den Felszacken wieder bergan stieg.
    Matteo und Andranik hatten auf einer Hügelkuppe Halt gemacht. Jada schloss zu ihnen auf.
    »Was ist los?«, fragte Raoul.
    »Da.« Andranik wies mit einer Kopfbewegung in die Richtung, aus der sie kamen. »Reiter.«
    Jetzt sah Raoul sie auch. Sie durchquerten das westliche Ende des Tals, in das durch eine Lücke zwischen den Berggipfeln das Licht des Sonnenuntergangs floss. »Pilger«, stellte er fest.
    »Dieselben wie vor ein paar Tagen?«, fragte Jada.
    »Möglich. Kleidung und Anzahl stimmen überein.« Raoul kniff die Augen gegen die Sonne zusammen. »Aber sie reiten nicht mehr in unsere Richtung, sondern in die entgegengesetzte.«
    »Es wird bald dunkel«, sagte Andranik. »Hier in der Nähe gibt es einen guten Lagerplatz.« Er wendete und ritt den Hügel hinunter ins Tal.
    Gaspare blickte den fernen Reitern nach, dann folgte er den anderen.

NEUNZEHN
     
     
    N achdem es den ganzen Tag ruhig gewesen war, klangen am frühen Abend Hörner von der Ebene herauf. Kadar al-Munahid stand von seinem Schlaflager aus Strohsäcken auf, öffnete die hintere Tür des Schuppens, der schief an der Stadtmauer stand, und ging die schmale Treppe zum Wehrgang hinauf. Es war bewölkt, und lauer Wind blies ihm ins Gesicht, als er an die Zinnen trat. Er kam von Nordwesten und brachte den Rauch der mongolischen Kochfeuer mit sich. Das Lager der Mongolen stand zu seiner Rechten, eine halbe Meile entfernt: fünfzig braune Jurten, die von hier oben wie eine Ansammlung von Pilzen aussahen. In Bogenschussweite verlief der Belagerungsring aus hölzernen Stellwänden mit den drei Katapulten und dem turmhohen Tribok. Die Kriegsmaschinen ruhten. Von den Mongolen war nicht viel zu sehen.
    Von den Hügeln im Westen näherte sich eine Staubwolke. Wieder ertönten die Hörner, und kurz darauf sah Kadar einen Reiterzug.
    Die Verstärkung, dachte er.
    Ein schnarrender Ruf drang an sein Ohr. Er wandte den Kopf und sah einen herrisch gestikulierenden Soldaten auf sich zukommen. Der Mann hielt ihn offenbar für einen Stadtbewohner, der sich verbotenerweise auf der Mauer aufhielt. Kadar fügte sich und stieg die Treppe hinunter. Er hatte genug gesehen.
    Er schätzte die Zahl der frisch eingetroffenen Mongolen auf hundertachtzig bis zweihundert. Damit brachten es die Belagerer auf fünfhundert Krieger. Ein Heer dieser Stärke bedeutete keine ernsthafte Bedrohung für die Aufständischen in der Stadt.

    Zwar verfügten die Armenier über weitaus weniger Krieger, vielleicht insgesamt hundert, aber die wuchtigen Mauern und Türme machten dies mehr als wett. Es lief darauf hinaus, dass sie erst aufgeben mussten, wenn sie von Seuchen oder Hunger in die Knie gezwungen wurden.
    Doch Kadar kannte die Logik des Krieges. Die Mongolen hatten ausgeruhte Truppen, also setzten sie sie ein.
    Er schloss die wackelige Tür hinter sich und ging durch das Halbdunkel. Der geräumige Schuppen war voller Gerümpel - einem beschädigten Karren, rostigem Werkzeug, Feuerholz, altem Stroh - und gehörte zur Herberge. Die Söldner hatten, weil sie Fremde waren, ihre Zimmer zu Gunsten der Stadtbewohner räumen müssen, deren Häuser im massiven Beschuss der ersten Tage zerstört worden waren. Kadar hatte seinen Schakalen verboten, die Ruinen zu plündern. Sie durften den Schuppen nur verlassen, wenn es nicht anders ging, denn er wollte um keinen Preis auffallen oder in die Kämpfe hineingezogen werden. Den Männern fiel es nicht leicht, die Zeit totzuschlagen, wenn es weder Wein noch Huren gab, und mehrmals war es schon zu Schlägereien gekommen. Das letzte Mal, als Bishr im Stroh eine Natter

Weitere Kostenlose Bücher