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Der Gesandte des Papstes

Titel: Der Gesandte des Papstes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Lode
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gefangen hatte. Er wollte die Schlange abrichten, Ratten zu jagen, doch Najib hatte sie zur Zielscheibe für seine Wurfmesser gemacht. Bishr hätte den Jungen umgebracht, wenn er nicht plötzlich Kadars Messer an seiner Kehle gespürt hätte.
    Jetzt dösten die meisten. Wach waren nur ibn-Marzuq, der in einer Ecke kauerte und vor sich hinbrütete, und die Brüder. Sie würfelten um Kupfermünzen.
    »Weck die anderen«, sagte Kadar zu Bishr. »Wenn es dunkel wird, sollen sie sich bereithalten.«
    Der schweigsame Söldner nickte nur, sammelte seine Münzen ein und ging. Uthman ließ das restliche Geld und die Knochenwürfel in seinem Rock verschwinden.
    »Ein Angriff?«, fragte er.
    Kadar griff nach einer getrockneten Pflaume auf der Kiste,
die den Männern als Tisch diente, schob sie sich in den Mund und spuckte den Stein aus. »Es wird Zeit, dass wir uns eine bessere Unterkunft suchen.«
    Eine Stunde nach Einbruch der Dunkelheit schmetterte der erste Felsbrocken gegen die Stadtmauer. Die Wände des Schuppens erzitterten, Staub rieselte von der Decke. Das Tribok, dachte Kadar. Nur das Tribok schleudert solche Brocken. Er saß mit den Männern auf Fässern, Kisten und Strohballen am Eingang des Schuppens. Sie trugen ihre unauffälligen Kleider über den Panzern und verbargen ihre Waffen in den Mantelfalten. Es war der erste Angriff seit zwei Tagen und kam für die Bewohner der Herberge überraschend, nach den Schreien im Hof zu schließen. Auch auf die Schakale blieb das Dröhnen der Einschläge und das Bersten von Stein nicht ohne Wirkung; er sah die Anspannung in ihren Gesichtern. Sie alle wussten, dass sie hier vor den mühlradgroßen Geschossen so sicher waren wie in einem Haus aus Pergament.
    Kadar wartete, bis die Rufe verklungen waren, und öffnete die Tür einen Spalt. Fackeln erleuchteten den leeren Hof.
    Er wandte sich an die Männer. »Das Haus neben der Markthalle«, wiederholte er. »Bishr und Uthman, ihr nehmt den Seiteneingang. Wir anderen gehen von vorn rein.«
    »Was ist mit ihm?«, fragte Najib mit einer Kopfbewegung in ibn-Marzuqs Richtung. Der Gelehrte saß abseits auf einem Strohballen, hielt seinen steifen Arm angewinkelt vor dem Bauch und wirkte abwesend.
    »Er kommt mit. Du sorgst dafür, dass er nicht zurückfällt.«
    Der junge Söldner warf ibn-Marzuq einen angewiderten Blick zu und murrte leise.
    Kadar schob die Tür auf. Er machte sich keine Sorgen, dass die Bewohner der Herberge sie sehen könnten. Vermutlich stürmten die Leute gerade Hals über Kopf zu den Gewölbekellern, ohne einen Gedanken an die Fremden im Schuppen zu verschwenden.

    Der Beschuss zielte auf die Mauern, insbesondere auf das Torhaus des Haupttores; trotzdem war die Straße wie leergefegt. Die Stadtbewohner versteckten sich in ihren Häusern, und die Soldaten erwarteten auf den Wehrgängen die Sturmleitern der Mongolen. Kadar und die Männer hasteten die Straße hinauf. Die Markthalle war ein langgestrecktes, an der Seite offenes Gebäude, das Platz für die Stände der Bauern und Händler aus dem Umland bot. Heute Morgen war sie noch unversehrt gewesen, aber jetzt hatte ein Treffer die Halle teilweise einstürzen lassen. Zersplitterte Balken ragten aus dem Schutt zerstörter Decken und Wände.
    Dass seine Wahl auf das benachbarte Haus gefallen war, lag an dessen Bauweise: massive Mauern, Fenster wie Schießscharten, nur zwei Eingänge. Bei seinen seltenen Gängen durch die Stadt hatte er erfahren, dass es einem alten armenischen Ritter gehörte, der es nur mit seiner Tochter und einem Diener bewohnte.
    Bishr und Uthman verschwanden in der Gasse zwischen dem Haus und der Markthalle. Kadar zählte bis dreißig, bevor er den Türknopf des Vordereingangs drehte. Die Tür war nicht verschlossen und öffnete sich in eine Halle, die sich über beide Geschosse des Hauses erstreckte. Treppen führten zu einer Empore, an der Decke prangte das Gemälde einer gewaltigen Schlacht. Schummriges Kerzenlicht füllte den Raum.
    Najib blieb bei dem Gelehrten, während Saad und Rafiq zu den Treppen liefen. Akif nahm sich den Eingang auf der linken Seite vor, Kadar und Unardhu den auf der rechten.
    Kohlgeruch schlug ihnen in dem kahlen, halbdunklen Gang entgegen. Ein schlaksiger Mann in einem einfachen Wollumhang und mit abstehenden grauen Haaren erschien im Durchgang zur Küche und starrte die Eindringlinge an. Sein Gesichtsausdruck änderte sich nicht, als Kadars Schwert erst seine Brust durchstieß und dann in einem weiten Schwung seine

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