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Der Gesandte des Papstes

Titel: Der Gesandte des Papstes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Lode
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insgesamt sechs Mongolen waren, die Raoul und Jada aus dem Lager führten.
    »Wohin bringen sie uns?«, fragte Raoul.

    »Dahin, wo sie uns die Köpfe abschlagen«, erwiderte Jada mit harter Stimme.
    »Warum? Wir haben nichts mit ihrem verdammten Krieg zu tun!«
    »Al-Munahid hat dafür gesorgt, dass wir hier nicht lebend herauskommen. Er hat dem Anführer …«
    Der Krieger brachte sie zum Verstummen, indem er an ihrem Arm riss. Den Rest des Weges gingen sie schweigend.
    Die dem See abgewandte Seite des Hügels war ein mit scharfkantigen Felsbrocken bedeckter Hang, auf dem lediglich vertrocknete Grasbüschel wuchsen. Am Fuß des Hangs, wo der Boden erdiger war, standen einige Birken. Den Großteil des Wäldchens hatten die Mongolen gerodet, um Feuerholz zu gewinnen, und es lagen mehrere Stämme ohne Äste und Wurzeln auf dem Boden.
    Raouls Gedanken rasten auf der Suche nach einem Ausweg. Er überlegte, einen Speerträger mit einem geschickten Schlag zu überrumpeln und zu entwaffnen, aber sechs Mann waren einfach zu viel. Es gab nichts, was er tun konnte.
    Die Mongolen vergeudeten keine Zeit. Die beiden Krieger an seiner Seite hielten ihn in eisernem Griff, und der Anführer, der Mann mit dem Stummelzopf, trat ihm von hinten die Beine weg, sodass er auf die Knie ging. Dann zwangen die Männer seinen Kopf auf einen Baumstamm.
    Ein Zittern durchlief seinen Körper, Schweiß brach aus allen Poren aus. Die Angst, die ihn überfiel, war mehr als bloßes Entsetzen. Sie war körperlich. Todesangst. Noch vor wenigen Wochen hätte er dem, was jetzt geschah, mit Gelassenheit entgegengesehen - warum einen schnellen, schmerzlosen Tod fürchten, der ihm ein qualvolles Sterben ersparte? Doch dann hatte es Hoffnung gegeben, Hoffnung auf Heilung.
    Sein Atem ging stoßweise.
    Ein metallisches Schleifen erklang, als ein breiter Säbel aus der Scheide glitt. Raoul warf sich hin und her. Die Männer
drehten ihm ruckartig die Arme nach hinten, und der Schmerz machte ihn bewegungsunfähig.
    Er sah den Säbel nicht, nur seinen Schatten, sah, wie der Schatten des Mongolen die Klinge über den Kopf hob.
    Jada blickte ihn an. Sie rief nicht und wehrte sich nicht - sie blickte ihn nur an. Raoul konnte alles, was sie so sorgsam vor ihm verborgen hatte, in ihrem Gesicht lesen.
    Er wurde ruhig und versank in ihren smaragdfarbenen Augen.
     
    Als die Mongolen Raouls Kopf auf den Baumstamm zwangen, dachte Jada erst an ihren Schwur und dann an Alexandria. Alte Bilder stiegen hoch, Erinnerungen, die sie tausend Jahre lang versucht hatte, zu vergessen.
    Sie begleitete Antonius zu einer Grabanlage am Rand der Wüste, in der Nähe der Stadt. Es waren Gräber der Ptolemäer, in den Fels gehauene, vor langer Zeit geplünderte Kammern, in denen achtzig Männer und Frauen lebten - Christen, die vor den Soldaten Kaiser Diokletians geflohen waren. Ihr Anführer hatte Antonius gerufen, damit er ihnen Mut zusprach.
    Jada erfuhr nie, ob die Legionäre ihnen gefolgt waren oder ob sie den Schlupfwinkel bereits gekannt und mit dem Angriff gewartet hatten, bis Antonius bei den Christen war. Sie kamen nach Einbruch der Dunkelheit, während seiner Predigt, machten die Christen nieder und trieben die Überlebenden zusammen, um sie zu den Arenen zu schaffen, wo hungrige Löwen auf sie warteten. In dem furchtbaren Durcheinander wurde Jada von Antonius getrennt. Mit zwei Dutzend anderer Gefangener warf man sie in Alexandria in den Kerker. Was mit Antonius geschehen war, wusste sie nicht. Er konnte in der Zelle neben ihr sitzen. Er konnte tot sein.
    Die Aufseher trieben mit den Gefangenen heimlich Sklavenhandel. Nach mehreren Monaten fand ein reicher Tuchhändler Gefallen an Jada und kaufte sie. Auf seinen zahlreichen
Orgien sollte sie für die Gäste tanzen. Bei der ersten Gelegenheit floh sie und machte sich auf die Suche nach Antonius. Von dem Gold, das sie aus dem Palast des Tuchhändlers gestohlen hatte, bestach sie einen Wachposten des Gefängnisses und erfuhr, dass Antonius nicht unter den Eingesperrten war. Wochen später fand sie einen Überlebenden des Blutbades bei der Grabstätte, der ihr erzählte, Antonius sei bei den Wenigen gewesen, die hatten entkommen können. Wohin er geflohen war, wusste der Mann nicht.
    Jada ging zu den geheimen Treffen der Christen Alexandrias. Sie fand heraus, Antonius habe sie für tot gehalten und sei in seinem Schmerz allein in die Wüste gewandert. Sie suchte alle Orte auf, an denen sie in den letzten drei Jahrzehnten gelebt

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