Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Gesandte des Papstes

Titel: Der Gesandte des Papstes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Lode
Vom Netzwerk:
haben. Kadar blickte erneut aus dem Fenster. Zwei Pferde, sechs Maultiere, zwei Kaufleute, drei Gehilfen, vier Bewaffnete … Er traf eine Entscheidung. »Komm«, sagte er. »Gehen wir.«
    Außer dem Gehilfen des Kaufmanns, der Najib einen fröhlichen Abschiedsgruß zurief, hielt sich niemand im Hof auf. Trotzdem schlug Kadar den Weg nach Norden ein, die entgegengesetzte
Richtung, in die die Karawane ziehen würde. Nach einer guten Meile, als die Karawanserei außer Sicht war, verließen sie die Handelsstraße und nahmen stattdessen einen Hirtenpfad, der durch die kargen, verbrannten Hügel zurück nach Süden führte. Auf dem Kamm beobachtete al-Munahid die braunen, von grünen Tupfern gesprenkelten Berge im Norden. Er rechnete jeden Moment damit, Bazerat am Horizont auftauchen zu sehen; seine Vorsicht war fast schon zu einer Besessenheit geworden. Er hatte die Suche nach dem Ritter, ibn-Marzuq und der Frau abgebrochen, weil das Gebiet zu groß und zu unübersichtlich gewesen war. Die drei waren verschwunden. Auch während der letzten Tage hatte er nicht den kleinsten Hinweis entdeckt, dass sie ihm folgten. Kadar glaubte jedoch keinen Herzschlag lang, dass Bazerat aufgegeben hatte.
    Auch jetzt war niemand zu sehen.
    Auf einer von Felsen gesäumten Steigung, wo sie nur langsam vorankamen, lenkte Najib sein Pferd neben ihn. »Nehmen wir sie uns vor, aqid ?« , fragte er.
    Kadar warf ihm einen kurzen Blick zu. Das war tatsächlich Vorfreude. »Du kannst es gar nicht abwarten, was?«
    Der Junge grinste. »Ich bin auf Mohammeds Gesicht gespannt, wenn ich seinem Herrn die Kehle durchschneide - wenn er begreift, was sein loses Maul angerichtet hat.« Mohammed war der Bursche bei den Pferden, derselbe, mit dem Najib noch vor einer halben Stunde gelacht und gescherzt hatte.
    Kadar hatte nur ein einziges Mal Freude daran gefunden, einen Mann zu quälen: bei Basileios Lakapenos. Aber der Byzantiner war ein besonderer Fall gewesen. Gewöhnlich war Töten eine Notwendigkeit für ihn; etwas, das er weder genoss noch verabscheute. Wie Najib jetzt redete, gefiel ihm nicht. Der Junge war sich seiner Sache zu sicher. »Du tust nur das, was ich dir sage«, erwiderte er barsch.
    Najib sah sich schon in Grausamkeiten schwelgen und verstummte eingeschüchtert. Kadar beschloss, ihn im Auge zu behalten.
Wenn ein Mann in Blutrausch verfallen war, gehorchte er keinem Befehl mehr.
    Den Rest des Weges legten sie schweigend zurück. Die übrigen Männer erwarteten sie in einem unbewohnten Tal, nicht weit von der Handelsstraße entfernt. Als jeder wusste, was er zu tun hatte, stiegen sie auf ihre Pferde und ritten zu einer Stelle, die Kadar gestern Abend ausgesucht hatte: Das Tal der Handelsstraße verengte sich, bis es auf einer Länge von einer viertel Meile nur noch einen Steinwurf breit war. Felsen ragten aus den Hängen. Das nächste Gehöft war zwei Meilen entfernt, das nächste Dorf noch weiter.
    Kadar postierte sich mit Akif und Unardhu am Ende der Engstelle, verborgen hinter einer mehr als mannshohen, natürlichen Wand aus aufgetürmten Felsbrocken. Bishr und Rafiq versteckten sich zu beiden Seiten der Straße auf den Hängen. Najib ließ er nach Süden reiten. Nach einer Weile kam der Junge zurück und meldete, dass sich aus dieser Richtung niemand näherte.
    Eine Stunde verging, bis Kadar die Karawane sichtete. Gemächlich kam sie um die Wegbiegung. So früh am Morgen war ihre Marschordnung noch vorbildlich: Zwei Bewaffnete - Lanzenträger mit Rundschilden, blauweißen Waffenröcken und spitzen Helmen unter den Turbanen - gingen voraus, dann kamen die beiden Kaufleute auf ihren Pferden, gefolgt von dem kurzen Tross aus sechs Packtieren, die von den Gehilfen geführt wurden. Den Schluss bildeten die zwei anderen Krieger.
    Durch eine Spalte zwischen den Felsblöcken beobachtete Kadar die Karawane. Als sie die Mitte der Talverengung erreicht hatte, schob er Daumen und Zeigefinger in den Mund und stieß einen Pfiff aus. Rafiq und Bishr kamen hinter den Felsen vor und ließen ihre Bögen sirren. Kadar lenkte sein Pferd um die Felsen herum und jagte die Straße entlang, gefolgt von seinen brüllenden Schakalen.
    Ein Lanzenträger lag bereits reglos im Staub, der andere taumelte
über die Straße, einen Pfeil in der Schulter, das Schild zum Schutz erhoben. Ein zweiter Pfeil traf ihn in den Rücken, und er fiel aufs Gesicht. Der Araber gehorchte seinem neuen Reiter nicht mehr und ging seitlich durch, trotzdem bewahrten die anderen Ruhe. Die

Weitere Kostenlose Bücher