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Der Gesandte des Papstes

Titel: Der Gesandte des Papstes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Lode
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er immer noch keinen Appetit hatte. Aber er musste essen, wenn er die nächsten Stunden im Sattel überstehen wollte.

    Währenddessen ruhte sein Blick auf Battista. »Warum nimmt er das alles auf sich?«
    Gaspare blickte verwirrt vom Feuer auf. Er hatte eine seiner belanglosen Geschichten erzählt, während der nächste Fladen buk, und war davon ausgegangen, dass Raoul zuhörte. »Was?«
    »Diese Mühen, nur um eine Reliquie zu finden.«
    Der Toskaner zuckte mit den Schultern. »Morra hat es ihm befohlen. Mehr Gründe braucht er nicht.«
    Raoul aß das Brot auf und schüttelte die Krümel aus dem Tuch ins Feuer.
    »Noch einen?«, fragte Gaspare.
    »Nein danke.« Raoul schlug die Beine unter. Über den Gebirgsausläufern im Osten färbte sich der Himmel violett und rot. Es erstaunte ihn immer noch, in welch kurzer Zeit es in diesem Land hell wurde. »Erzähl mir vom Stab des Antonius«, forderte er seinen Gefährten auf.
    »Warum? Du weißt doch schon alles.«
    »Ich glaube allmählich, dass ich gar nichts weiß«, sagte Raoul schärfer. »Was ist so wichtig an einem tausend Jahre alten Gehstock, wenn sowohl der Papst als auch der Sultan bereit sind, dafür über Leichen zu gehen?«
    »Männer wie sie töten schon für weitaus geringere Dinge.«
    »Das ist keine Antwort, Matteo.«
    Gaspare drehte die Kelle hin und her und schwieg. Nach einer Weile sagte er: »Der Papst glaubt, der Stab verleiht Zauberkräfte.«
    Raoul lachte. »Zauberkräfte?«
    »Ja. Ewiges Leben. Du hast gewiss gehört, dass er regelrecht besessen davon ist. Er ist fast siebzig. Der nahende Tod macht ihm Angst.« Der Geruch verbrannten Teigs erinnerte Gaspare an den zweiten Fladen. Fluchend kratzte er ihn vom Stein.
    Raoul dachte über die Geschichte nach. So lächerlich sie auch klang, sie passte. Er hatte tatsächlich gehört, dass der Papst alles versuchte, sein Leben zu verlängern. Sieben Leibärzte
beschäftigte er allein im Lateranpalast, und es wurde gemunkelt, er habe auch schon zu schwarzer Magie gegriffen, um den Tod hinauszuzögern. Allerdings vermutete Raoul, dass Gaspare ihm nur das erzählte, was er sich selbst zusammengereimt hatte. Denn Morra hatte den Toskaner ganz sicher nicht in alle Hintergründe eingeweiht.
    Blieb allerdings die Frage, warum sich auch der Sultan für den Stab interessierte.
    Auf der anderen Seite des Lagers regte sich Battista. Gaspare warf Raoul einen beschwörenden Blick zu und raunte: »Ich habe dir nichts erzählt, hörst du?«
     
    »Warum habt Ihr mich nicht geweckt?«, herrschte Battista den Toskaner an, während er seine Ausrüstung zu einem Bündel zusammenband.
    Gaspare stand reglos da. In seinen Augen flackerte Furcht auf. »Ich dachte, es wäre besser …«
    »Ich habe ihn davon abgehalten«, unterbrach ihn Raoul. Er konnte nicht mehr mit ansehen, dass Battista den Schreiber wie einen Leibeigenen behandelte. Es wurde von Tag zu Tag schlimmer. »Ich wollte Euch davor bewahren, vor Müdigkeit aus dem Sattel zu kippen.«
    Der Blick des Hünen war kalt. »Haltet Ihr mich für solch einen Schwächling?«
    »Nein. Nur für einen Mann, der ein wenig Ruhe gebraucht hat.« Plötzlich wallte Zorn in Raoul auf. »Herrgott, Battista, auf eine Stunde kommt es doch nicht an!«
    »Ich glaube, Ihr begreift nicht, in welcher Lage wir uns befinden«, erwiderte Battista schneidend. Er stapfte zu seinem Pferd, sattelte es und schob sein Gepäck in die Satteltaschen. Das Tier schnaubte bei der Berührung. »Löscht das Feuer. Wir brechen sofort auf.«
    In Gaspares Gesicht war stumme Dankbarkeit zu lesen, als sie ihre Sachen packten. Kurz darauf ritten sie den Gebirgspfad
entlang, weiter nach Norden, immer in Richtung der zerklüfteten Gipfel.
    Battista versuchte, die verlorene Stunde wettzumachen, indem er zu einer Eile antrieb, die am äußersten Rand dessen lag, was das unwegsame Gelände zuließ. Raoul hatte Mühe zu atmen, so sehr stach der Schmerz in seiner Brust. Gekrümmt saß er im Sattel, und abgesehen von gelegentlichen Hustenanfällen, kam kein Laut über seine Lippen.
    Gegen Mittag erreichten sie die »Syrische Pforte«, den wichtigsten Pass des Amanusgebirges. Die Sonne brannte heiß und blendend hell auf die kargen Sandsteinhänge; kein Baum, kein Busch bot Schatten. Salziger Schweiß lief Raoul in die Augen. Nur verschwommen nahm er die Umrisse seiner Gefährten am Ende der Schlucht wahr. Erst jetzt merkte er, dass sein Pferd in Schritt verfallen war. Er wollte es antreiben, um die beiden einzuholen,

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