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Der Gesandte des Papstes

Titel: Der Gesandte des Papstes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Lode
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aber seine Schenkel weigerten sich, Druck auszuüben, seine Fersen waren nicht in der Lage, sich in die Flanken des Tiers zu graben.
    Die Hitze wurde immer schlimmer. Sie umschloss ihn wie eine Glocke und erstickte alle anderen Empfindungen. Irgendwann hörte er Gaspares Stimme. »Es ist zu heiß. Er braucht eine Pause.«
    »Wir haben keine Zeit für eine Rast«, erwiderte eine zweite, schärfere Stimme. »Drei Meilen von hier ist ein Bergdorf. Dort lassen wir ihn zurück. Beim Blut unseres Herrn, ich wusste von Anfang an, dass er zu schwach ist.«
    »Ich brauche … keine … Rast«, flüsterte Raoul und ritt langsam an den beiden Schemen vorbei. Der Pfad führte bergab. Er spürte, wie sich sein Gewicht nach vorne verlagerte und er vom Pferd rutschte, ohne dass er etwas dagegen tun konnte. Er hörte noch einen warnenden Ruf, bevor er auf dem steinigen Boden aufschlug. Raoul hustete Staub aus und versuchte aufzustehen, aber er war zu erschöpft.
    Hände packten ihn von hinten, drehten ihn auf den Rücken.
Raoul blinzelte einer Gestalt vor gleißendem Licht entgegen. »Matteo«, murmelte er mit brüchiger Stimme.
    »Du musst aufstehen. Komm, ich helfe dir.«
    »Nein … es geht schon.« Wut packte Raoul, als Gaspare trotzdem nicht von ihm abließ. Jetzt war der Moment gekommen, vor dem er sich immer am meisten gefürchtet hatte: Er war auf die Hilfe anderer angewiesen und fiel ihnen zur Last. Er schlug Gaspares Arm zur Seite und kam schwankend auf die Füße.
    Der Toskaner protestierte nicht. Er hatte sich abgewandt. »Wo wollt Ihr hin?«, rief er Battista hinterher.
    Raoul sah die Gestalt des Hünen den Hang hinaufklettern. »Hier in der Nähe müssen Hirten sein. Wir lassen ihn bei ihnen zurück.«
    »Das ist nicht Euer Ernst.«
    Battista gab keine Antwort und stieg weiter den Hang hinauf. Gaspare lief ihm nach. »Also gut«, schrie er, während er an den Felsbrocken Halt suchte. »Wenn er zurückbleibt, dann bleibe ich auch. Habt Ihr gehört? Dann könnt Ihr allein nach Eurem verdammten Stab suchen!«
    »Seid doch kein Narr.«
    Raoul hörte zwar den Streit, konnte aber den Sinn der Worte nicht erfassen. Mit zitternden Fingern öffnete er die Satteltasche und holte den Schlauch hervor, der schlaff war, weil er nur noch wenig Wasser enthielt. Er ließ es sich über das Gesicht laufen und trank den Rest. Es war schal und warm und richtete nicht das Geringste gegen den brennenden Durst aus.
    Gaspare war auf halber Höhe stehen geblieben. Seine Stimme war leise und bebte vor Zorn, als er zu Battistas Rücken sprach. »Ist das eines Kreuzritters würdig, Battista? Einen Gefährten, der Hilfe braucht, zum Sterben zurückzulassen?«
    »Er wird nicht sterben.«
    »Ach wirklich? Was, glaubt Ihr, machen die Hirten mit ihm, wenn wir fort sind? Die Leute hier in den Bergen sind Räuber.
Ein Leben bedeutet ihnen wenig. Das eines Christen gar nichts.« Gaspare gab es auf. Mit einem Fluch wandte er sich ab und schlitterte den Hang hinunter.
    Raoul lehnte an der Felswand und versuchte, regelmäßig zu atmen. Langsam, ganz langsam fühlte er sich besser. »Fünf Minuten«, murmelte er. »Dann reiten wir weiter.«
    »Bei allen Heiligen, ich bin umgeben von Narren«, erwiderte Gaspare beißend. »Du reitest mit mir. Oder willst du wieder vom Pferd fallen?«
    Neuer Zorn regte sich in Raoul, aber er war zu müde, um zu protestieren. Er schloss die Augen und genoss die Kühle im Schatten der vorspringenden Felsen. Als er sie wieder öffnete, trat Battista auf ihn zu.
    »Er reitet mit mir«, sagte der Hüne knapp und schwang sich in den Sattel.
    Kurz darauf klammerte sich Raoul an Battista, der das Pferd zurück auf den Pfad lenkte und im Trab den Hang hinunterritt. Niemand sprach. Links von ihnen stieg die Bergflanke steil an, rechts lief sie in ein weites, schüsselförmiges Tal aus.
    Weit vor ihnen, in der vor Hitze flirrenden Luft, erschienen Gestalten, schemenhaft wie Spiegelbilder auf einem vom Wind gekräuselten Teich: Reiter, Lanzenträger, ein Wald aus Bannern, ein ganzes geisterhaftes Heer, angeführt von einem Ritter in Silber und Blau. Vater, dachte Raoul. Wie war das möglich?
    Battista zügelte sein Pferd. »Eine Fata Morgana«, stellte er fest.
    Gaspare stoppte seines neben ihnen. »So weit im Norden? In den Bergen?«
    Der Venezianer schwieg.
    »Was ist das?«, murmelte Raoul, doch so sehr er seine Augen anstrengte, das Heer in der Ferne blieb unwirklich wie der Schatten von Rauch.
    »Erinnerungen der Wüste.« Gaspare

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