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Der Gesandte des Papstes

Titel: Der Gesandte des Papstes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Lode
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saß reglos im Sattel,
den Blick auf die Erscheinung gerichtet. »Die Träume der Djinn, sagen die Beduinen. Niemand weiß es.«
    Battista trieb sein Pferd an, und bald erreichten sie die Talsohle. Das Heer war verschwunden. Und mit ihm der Geist von Gerard von Bazerat.
     
    Raoul wachte auf und sah dunkles Holz über sich. Schiffsplanken, dachte er und drehte den Kopf. Eine angelaufene Laterne spendete dämmriges Licht. Er fand sich in einem zerwühlten Bett wieder. Zuerst glaubte er sich wieder auf der »Elýsion«, aber dann stellte er fest, dass diese Kajüte recht geräumig war und zwei weitere Betten enthielt. Das war auf der »Elýsion« nicht so gewesen, der Geruch war jedoch ähnlich.
    Über ihm knarrte das Holz, und eine Stimme klang gedämpft und unverständlich durch die Decke.
    Langsam kamen die Erinnerungen an die letzten Tage zurück, doch sie waren verschwommen wie Träume: eine Ebene vor wolkenhohen Bergen, Flüsse, grüne Täler, ein Fischerdorf mit zusammengedrängten Häusern auf einer Landzunge und das fortwährende gleichmäßige Heben und Senken der Pferdemuskeln. An mehr erinnerte er sich nicht.
    Doch - er hatte seinen Vater gesehen, den Kreuzritter. Aber er war nicht wirklich da gewesen. Wie hatte Matteo dieses Trugbild genannt? Einen Traum der Djinn.
    Allmächtiger, ich war kurz davor, den Verstand zu verlieren, dachte Raoul und setzte sich auf die Bettkante. Er musste lange gelegen haben, denn seine Glieder fühlten sich schwer an. Dafür war das Stechen in der Brust fort und sein Verstand so klar wie schon lange nicht mehr.
    Bis auf seine grauen Beinlinge war er nackt. Er hatte keine Ahnung, wer ihm die Kleider ausgezogen hatte. Raoul fand sie in der Seemannskiste unter seinem Bett. Sein Wams in den Farben der Bazerats und die Kleider, die er trug, seit sie in Askalon an Land gegangen waren. Beides war gewaschen worden. Er
entschied sich gegen sein Wams. Solange er nicht wusste, in wessen Gesellschaft er sich auf diesem Schiff befand, wollte er so unauffällig wie möglich sein.
    Als er zur Tür gehen wollte, öffnete sie sich. Gaspare schob sie mit der Schulter auf, denn in den Händen hielt er eine Schüssel mit Wasser. Er grinste. »Glück gehabt. Ich hatte mich schon darauf gefreut, dich mit kaltem Wasser zu wecken.«
    Raoul nahm ihm die Schüssel ab, in der ein Stück Seife schwamm. Der Toskaner trug die gleichen Kleider wie auf dem Ritt, und sein Geruch verriet, dass er es wieder nicht für nötig gehalten hatte, sich Staub und Schweiß der Reise abzuwaschen. Aber Raoul vermutete, dass er selbst auch nicht besser roch. »Wie lange habe ich geschlafen?«
    »Fast zwei volle Tage. Du warst völlig erschöpft.«
    »Wo ist Battista?«, fragte Raoul, während er sich wusch.
    »An Deck. Er glaubt, dass das Schiff an Fahrt gewinnt, wenn er es im Auge behält.«
    Die »Tríton« war kleiner als die »Elýsion«, ein Einmaster mit windvollem Dreieckssegel und schlankem Rumpf, der durch die Wellen pflügte. Die Seeleute, vier Männer mit kupferner Haut und schwarzen Haaren, verständigten sich in einer Sprache, die Raoul nie zuvor gehört hatte. Armenisch, vermutete er. Der Himmel war bewölkt; gelegentlich blitzte die Sonne auf. Weit und breit sah er nichts als das Meer.
    Er entdeckte den Venezianer am Bug, wo er sich mit einem bärtigen, korpulenten Mann, dessen spärliche Haare am Hinterkopf einen Pferdeschwanz bildeten, auf Griechisch unterhielt. Als Raoul hinzukam, endete die Unterhaltung gerade. Der Fremde verabschiedete sich von Battista, ging über das Deck und rief den Seemännern Befehle zu.
    »Der Kapitän?«, fragte Raoul.
    »Ja.« Battista musterte ihn mit seinen braunen, gefühllosen Augen. »Geht es Euch besser?«
    Raoul nickte. Er stand in der Schuld dieses Mannes, und das
gefiel ihm nicht sonderlich. »Ich danke Euch für das, was Ihr für mich getan habt.«
    Der Hüne sagte nichts, und seine Mimik verriet nicht einen seiner Gedanken. Stattdessen blickte er wieder hinaus aufs Meer.
    Nur nicht zu viel Herzlichkeit, dachte Raoul und stellte sich neben ihn. In der Ferne konnte er einen Küstenstreifen erahnen.
    »Zypern«, erklärte Battista. »Wenn der Wind weiterhin günstig ist, erreichen wir Konstantinopel in fünf oder sechs Tagen.«
    »Besteht überhaupt noch die Möglichkeit, den Söldnern zuvorzukommen?«
    »Der Kapitän sagte, vor einer Woche herrschte in der Ägäis Windstille. Dadurch hat al-Munahid zwei Tage verloren.«
    Und das war alles, was Battista dazu zu sagen

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