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Der Gesandte des Papstes

Titel: Der Gesandte des Papstes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Lode
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Übermacht der Angreifer erdrückend sein musste, um Aussicht auf schnellen Erfolg zu haben. Al-Tufails Männer konnten die Festung gegen fünfhundert Krieger halten, wenn sie ihre Möglichkeiten ausschöpften. Und das würden sie, erfahren wie sie waren.
    Einen ganzen Tag hatte er sich den Kopf über eine bessere Vorgehensweise zerbrochen. Eine List kam bei al-Tufails krankhafter Wachsamkeit nicht in Frage, Verrat auch nicht - er bezahlte seine verbliebenen Gefolgsleute zu gut, als dass sie bestechlich gewesen wären. Als sich Kadar schon mit dem Gedanken anfreundete, noch länger auf die richtige Gelegenheit warten zu müssen, bekam er Hilfe von unerwarteter Seite.
    Von ibn-Marzuq.
    Es fiel ihm schwer zu glauben, was der Wesir über den Stab gesagt hatte; andererseits war er davon überzeugt, dass ibn-Marzuq ihn nicht angelogen hatte. Er mochte ein geborener Lügner sein, doch in diesem Moment hatte ihn Todesangst dazu getrieben, die Wahrheit zu sagen. Kadar hatte es ihm angesehen.

    Ein Zepter mit Heilkräften … Das erklärte, warum die Mächtigen alles daransetzten, es in die Hände zu bekommen. Die Möglichkeiten, die solch ein Gegenstand eröffnete, waren gewaltig - wenn es sich dabei nicht bloß um ein Hirngespinst handelte. Aber das würde sich zeigen.
    Kadar betrachtete sein Spiegelbild im Wasserbecken und fuhr sich mit der Hand über das glattrasierte Kinn. Zufrieden mit dem Ergebnis verließ er das Badehaus und ging zum Haupthaus zurück.
    Er musste Armin nicht wecken; er war als Einziger bereits aufgewacht. Er kauerte mit hochgelegten Beinen in der Fensternische und sah dem erwachenden Treiben auf der Straße zu, während er von einem Brotfladen abbiss. Obwohl er seit acht Jahren der Kriegerschar angehörte, war Kadar bis heute nicht klug aus ihm geworden. Armin war ein verschlossener Mann, ein Einzelgänger, der keine Freunde hatte. Die anderen achteten ihn, weil er jedem Einzelnen von ihnen schon einmal mit seiner Heilkunst das Leben gerettet hatte und mit dem Schwert umzugehen verstand wie kein Zweiter. Aber sie fürchteten ihn auch ein wenig. Kadar jedoch hatte nie einen Grund gehabt, an Armins Treue zu zweifeln. Der Deutsche wusste die vergangenen acht Jahre zu schätzen, denn sie waren weitaus besser gewesen als die zwanzig davor.
    Kadar durchquerte den Raum, in dem die Männer schliefen. Der ehemalige Ordensritter hörte auf zu essen und sah ihn an.
    »Ich habe eine Aufgabe für dich«, sagte Kadar. »Du bleibst hier in Trapezunt und behältst den Hafen im Auge. Falls der Ritter und seine Leute auftauchen, tötest du sie.« In Konstantinopel hatte er es nach dem Misserfolg von Armin, Najib und Unardhu für das Beste gehalten, die Stadt ohne Verzögerung zu verlassen. Doch er ahnte, dass das nicht ausreichte.
    »Du glaubst, dass sie immer noch nicht aufgegeben haben, aqid ?«
    Kadar hatte die Kraft gespürt, die in Bazerat wohnte, als sie
miteinander kämpften. Und er konnte sich bis jetzt nicht erklären, wie es dem Ritter gelungen war, dem Feuer im Hundsturm zu entkommen. »Ich will keine weitere Überraschung erleben«, sagte er. »Also sieh zu, dass Bazerat dich nicht wieder zum Narren hält. Wenn wir zurückkehren, will ich seinen Kopf.«
     
    Am frühen Nachmittag ritten sie auf Tieren durch das Stadttor, die kaum etwas mit den Pferden seiner Heimat gemein hatten. Es waren gedrungene Geschöpfe mit Stockmaßen von gerade einmal zweieinhalb Ellen, großen Köpfen, langen Schweifen und Mähnen. Anfangs war Kadar ihnen mit Skepsis begegnet. Zu langsam, zu wenig Feuer, hatte er gedacht, wenngleich sie den Pferden ähnelten, auf denen die Krieger der Ilkhane in die Schlacht zogen. Aber das Hinterland von Trapezunt war keine Steppe, sondern schroffes, bewaldetes Hochland, durchzogen von Tälern und Schluchten. Die Männer hatten sich über die zu groß geratenen Hunde lustig gemacht, auch dann noch, als Unardhu zu erklären versuchte, dass es für das Land, das vor ihnen lag, keine besseren Reittiere gebe. Unardhu war Mongole und musste es wissen, also hatte Kadar beschlossen, es mit den Pferden zu versuchen.
    Hinter Trapezunt verlief ein schmaler Küstenstreifen mit Äckern und Olivenhainen, dann erhob sich steil hinter Trapezunt das Pontische Gebirge. Wälder aus Buchen und Schwarzkiefern bedeckten die graubraunen Hänge, Schafe weideten auf den Wiesen um die kleinen Bergdörfer. Sie folgten einer alten Römerstraße entlang eines kleinen Flusses, der irgendwo in der Gebirgskette entsprang und

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