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Der Gesandte des Papstes

Titel: Der Gesandte des Papstes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Lode
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Mongolen gerechnet. Ihnen schon hier zu begegnen, traf ihn unvorbereitet. Morgen wollte er in einem der Bergdörfer einen Führer anheuern, der die Hirtenpfade durch das Ararathochland kannte sowie Mongolisch und Armenisch sprach, bevor sie die Grenze überschritten. Doch offenbar hatten sie das bereits. Oder sie befanden sich irgendwo im Niemandsland, das weder Mongolen noch Osmanen oder Byzantinern gehörte. Wer vermochte das in dieser von Gott verlassenen Gegend schon zu sagen?
    Zwanzig mongolische Lanzenreiter, und keine Möglichkeit der Verständigung. Allmächtiger, sei uns gnädig.
    Morra brachte sein Pferd zum Stehen. Die felsige Talsohle war von Sträuchern bewachsen, die sich im Wind krümmten. Er betrachtete flüchtig die Gesichter seiner Männer, die sich rechts und links neben ihm aufreihten. Niemand sprach. Augen verengten sich, Hände schoben Mäntel zurück, legten Schwertgriffe frei und langten nach Schilden. Morra konnte ihnen ihre Furcht vor den mongolischen Horden nicht verdenken. Die Geschichten ihrer Gräueltaten waren sogar in Rom zu hören. Vieles davon mochten die üblichen Schauermärchen sein, die Eroberern immer vorauseilten. Gleichwohl war es eine Tatsache, dass den Mongolen Menschen, die nicht ihrem Volk angehörten, so wenig bedeuteten wie Küchenschaben. Hier, fernab
von jeder Hilfe, würde Morra gut daran tun, sie mit der äußerster Vorsicht und der größten Achtung zu behandeln.
    »Hände weg von den Schwertern, ihr Narren!«, befahl er. »Wir sind Pilger, keine Krieger.«
    Widerwillig gehorchten die Männer. Hauptmann Simone lenkte sein Pferd neben Morras. »Was machen wir, wenn sie uns angreifen?«, murmelte er, ohne den Blick von den herannahenden Reitern zu nehmen.
    »Wir wären längst tot, wenn das ihre Absicht wäre.« Morra wusste, dass mongolische Krieger den Nahkampf vermieden, wenn sie die Gelegenheit hatten, den Feind mit ihren kurzen Reiterbögen niederzumachen. Doch die Reiter machten keine Anstalten, ihre Lanzen gegen die Bögen am Sattel einzutauschen.
    Er ließ sein Pferd einige Schritte nach vorne gehen, um sich als Anführer zu erkennen zu geben. Die feine Kleidung eines florentinischen Kaufmanns befand sich seit Trapezunt in seinem Gepäck; jetzt trug er, genau wie seine Männer, ein Gewand aus grober Wolle. Sie gaben vor, auf einer Pilgerfahrt zu den Wirkstätten des heiligen Gregor zu sein, der das Wort Gottes in diesen Teil der Welt gebracht hatte. Berittene und schwer bewaffnete Pilger hätten jeden christlichen Soldaten misstrauisch gemacht, doch Morra hoffte, dass die Mongolen die abendländischen Gepflogenheiten nicht gut genug kannten, um die Verkleidung zu durchschauen.
    Der Anführer zügelte sein Pferd, seine Männer ritten weiter, bis sie einen Kreis um die Eindringlinge geschlossen hatten. Er war ein Mann mit gelblicher Haut und mandelförmigen Augen, dessen Schnurbart die Form eines umgedrehten Us hatte. Unter seiner Fellkappe lugten strohige, schwarze Haare hervor. Er musterte Morra feindselig und bellte eine knappe Wortfolge.
    Angesichts der zwanzig Lanzen und der dunklen, fremdartigen Gesichter wurde nun auch Morra von Furcht ergriffen. Aber er rang sie nieder, indem er sich ins Gedächtnis rief, dass er im Auftrag Gottes handelte. Es war Gottes Wille, dass das
Zepter von König Salomo in den Besitz der heiligen römischen Kirche gelangte, um seinem Stellvertreter auf Erden die Macht zu geben, sich gegen die Feinde Roms zu schützen. Dieser Gedanke half ihm, seiner Stimme einen festen Klang zu geben. »Wir sind Pilger«, sagte er auf Lateinisch und wiederholte es auf Griechisch. »Friedliche Reisende im Namen Jesu Christi.« Er holte das Kreuz hervor, das er um den Hals trug, und zeigte es den Mongolen. »Wir sind auf dem Weg nach Yerevan.«
    Der Anführer betrachtete das Kreuz. Der argwöhnische Glanz in seinen Augen blieb. Dann rief er etwas und zeigte mit der Schwertspitze auf Morras Männer.
    Morra begriff, was der Mongole wollte, und traf eine Entscheidung. Sie hatten keine andere Wahl. »Eure Waffen«, sagte er zu Simone. »Legt sie auf den Boden.«
    Die Augen des bärtigen Hauptmanns weiteten sich. »Aber dann sind wir wehrlos, Eminenz.«
    »Tut, was ich sage«, befahl Morra scharf.
    Simone wiederholte die Anweisung, und die Waffenknechte zogen die Schwerter und warfen sie mit ihren Schilden auf die Erde. Zwei mongolische Krieger stiegen ab und sammelten die Waffen hastig ein.
    Morra behielt unterdessen ihren Anführer im Auge und

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