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Der Gesandte - Mein Leben fuer Palaestina Hinter den Kulissen der Nahost-Politik

Der Gesandte - Mein Leben fuer Palaestina Hinter den Kulissen der Nahost-Politik

Titel: Der Gesandte - Mein Leben fuer Palaestina Hinter den Kulissen der Nahost-Politik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Abdallah Frangi
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zur alternativen Bewegung, die sich 1980 gegen große innere Widerstände zur Partei der Grünen formierte. Ich habe diese Entwicklung mit Sympathie verfolgt und durch meine Rede auf dem Gründungsparteitag der Grünen in Karlsruhe am 13. Januar 1980 sogar einen Beitrag dazu geleistet.
    Die Alternativen bildeten Ende der 70er-Jahre einen bunten Haufen kleiner, zerstrittener Gruppierungen. Ich war überzeugt, dass sie in dieser chaotischen Form keine Zukunft haben würden und befürchtete, dass sie den Weg von Terrororganisationen wie der RAF oder der Stadtguerilla-Bewegung 2. Juni einschlagen könnten. Was nottat, war ein Sammelbecken für alle diese Strömungen, und in diesem Sinne vermittelte
ich zwischen den unterschiedlichen Gruppen, in diesem Sinne äußerte ich mich auch in meiner Rede auf dem Gründungskongress in Karlsruhe. Anschließend fühlten sich die Spontis von mir verprellt, also die Gegner der Idee, parlamentarische Politik zu betreiben. »Aber wir unterstützen doch die Palästinenser …«, bekam ich zu hören, unter anderem von Jutta Ditfurth, die sich in Moskau mit Arafat getroffen hatte und von ihm deutlich begeisterter war als von meinen Ausführungen. Das eine habe mit dem anderen nichts zu tun, entgegnete ich. »Wenn ihr euch nicht organisiert, verzettelt ihr euch. Dann habt ihr in der Politik kein Gewicht.« Aus diesen Worten sprach natürlich der Palästinenser, der seine eigenen Erfahrungen mit den auseinanderstrebenden Kräften innerhalb der PLO gemacht hatte.
    Nach dem Erfolg der Grünen bei der Bundestagswahl 1983 wandten sie sich an mich sowie an die Kurden und die südafrikanische Befreiungsorganisation ANC (African National Congress) mit dem Vorschlag, gemeinsam ins Parlament einzuziehen  – Vertreter von uns sollten auf der ersten Sitzung des Bundestags Seite an Seite mit den Abgeordneten der Grünen auftreten. Was als Demonstration der Solidarität mit unterdrückten Völkern gedacht war, kam natürlich nicht infrage, weil es für die Grünen eine Belastung bedeutet hätte und für uns Ausländer ein Unding gewesen wäre, sich im Deutschen Bundestag zu einer bestimmten Partei zu bekennen. So ohne Weiteres ließen sie sich diesen Einfall nicht ausreden, doch als die Abgeordeten der Grünen sechs Monate später dazu übergingen, sich der Kleiderordnung und anderen Gepflogenheiten im Parlament anzupassen, waren sie froh, dass ich seinerzeit abgelehnt hatte.
    Unterdessen bahnte sich in Palästina ein regelrechter Volksaufstand an, die so genannte Erste Intifada. Dieser Aufstand, an dem sich vor allem die Bewohner des Westjordanlands beteiligten, sollte sieben Jahre dauern; er brach 1987 aus und
endete erst mit der Rückkehr Arafats nach Palästina im Jahr 1994. Wie es zu einer so lang anhaltenden und – für die Palästinenser – verlustreichen Aufstandsbewegung kommen konnte, lässt sich nur verstehen, wenn man sich die konkrete israelische Besatzungspolitik und die ideologischen Motive vergegenwärtigt, von denen sich die Verantwortlichen in Israel leiten ließen.
    Wer die Gründe und Hintergründe der israelischen Palästinenserpolitik aufdecken will, steht immer wieder vor der Aufgabe, zunächst einmal den Wortnebel der israelischen Propaganda aufzulösen. Die Israelis wussten – und wissen – genau, welche Register sie ziehen müssen, um die westliche Welt in eine Art Schockstarre zu versetzen, mit welchen Zauberwörtern sie alle Kritik schlagartig zum Verstummen bringen können  – »Sicherheit« ist eines der wirkungsvollsten, es hat einen geradezu hypnotischen Effekt. Dabei konnte es fast vierzig Jahre nach der Vertreibung eigentlich keinen Zweifel mehr daran geben, dass die ständig beschworene Sicherheit des Staates Israel lediglich den Landhunger seiner zionistischen Politiker notdürftig kaschierte. Die Frage, was Israel denn eigentlich will, war im Grunde schon immer leicht zu beantworten: das Land. Israel hatte – und hat – es auf das Land der Palästinenser, der Araber abgesehen; das Problem von Krieg und Frieden trat – und tritt – im Kanon israelischer Interessen dahinter ganz zurück.
    Welche mythisch-magische Bewandtnis es mit diesem »Land« hat, erhellt aus einem weiteren Propagandatrick, der Umbenennenung der besetzten Gebiete in »befreite Gebiete«. In dieser Formulierung klingt die Vorstellung an, die besetzten Gebiete hätten zweitausend Jahre lang von Fremden geschändet nur darauf gewartet, von den Israelis erobert und ihrer wahren

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