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Der Gesandte - Mein Leben fuer Palaestina Hinter den Kulissen der Nahost-Politik

Der Gesandte - Mein Leben fuer Palaestina Hinter den Kulissen der Nahost-Politik

Titel: Der Gesandte - Mein Leben fuer Palaestina Hinter den Kulissen der Nahost-Politik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Abdallah Frangi
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Bestimmung zugeführt zu werden, nämlich der Besiedlung und Bearbeitung durch Juden. Eine schwer zu fassende, gegenseitige Anhänglichkeit schimmert durch die
Rede von den »befreiten Gebieten«, eine Anhänglichkeit der Menschen ans Land wie umgekehrt des Landes an die Menschen. Eine solche Beziehung ist für diejenigen, die sie eingehen, nicht verhandelbar, sie kann nicht zum Gegenstand irgendwelcher Friedensgespräche gemacht werden, sie verweigert sich sowohl einer rechtlichen als auch einer humanitären Betrachtung, sie ist exklusiv und absolut. Eine Besatzungspolitik, die sich aus derartigen ideologischen Quellen speist, kann daher nur ein einziges Ziel verfolgen: die Verdrängung der alteingesessenen Bevölkerung, sei es durch eine Politik der Zermürbung, sei es durch Anwendung nackter Gewalt. Die Israelis wandten beide Mittel an. Das wirkungsvollere war die lautlose Strategie, die Palästinenser in den besetzten Gebieten einem dauerhaften seelischen Verschleiß auszusetzen.
    Das bevorzugte Mittel dazu war der Bau von jüdischen Siedlungen, die unter dem Schutz der Armee Schneisen israelischen Herrschaftsgebiets in das Westjordanland hineinfrästen, wobei stets darauf geachtet wurde, strategisch wichtige Punkte oder Gegenden fruchtbaren Ackerlands zu besetzen. Israelische Politiker bekannten sich ganz offen zum Zweck dieser Siedlungen. »Wir müssen«, sagte Mosche Dajan gleich nach dem Sieg von 1967, »ohne die formale Annexion der besetzten Gebiete zu proklamieren, in diesen befreiten Gebieten Tatsachen schaffen.« Und Menachem Begin wehrte 1979 Kritik am Siedlungsbau mit den Worten ab: »Die Besiedlung ist ein Recht und eine Pflicht. Dieses Recht und diese Pflicht müssen und werden wir weiterhin erfüllen.« Sicherheitsbedenken spielten nicht die geringste Rolle – die Sicherheit Israels lag bei der mit Abstand schlagkräftigsten Armee des Nahen Ostens in guten Händen –, vielmehr ging es um Landnahme, um die Einverleibung palästinensischen Landes durch den Staat Israel. Womit eigentlich für alle Welt klar gewesen sein sollte: Die zionistische Eroberung Palästinas war
mit der Staatsgründung Israels keineswegs abgeschlossen. Sie ging weiter, und den Preis hätten auch in Zukunft die Palästinenser zu zahlen.
    Es wäre zutreffender, von Stützpunkten oder Brückenköpfen zu sprechen als von Siedlungen, denn es war ein Daseinszweck dieser Ortschaften, ihre palästinensische Umgebung in einen Schwebezustand zwischen Krieg und Frieden zu versetzen. Alles daran widersprach jedem Rechtsgefühl. Oft begann es damit, dass die israelische Armee willkürlich ein größeres Gebiet für militärische Zwecke requirierte, um es nach zwei, drei Jahren den Siedlern zu überlassen. Oder es wurde das Militärgesetz über die »Abwesenden« angewendet und der Landbesitz von Geflohenen annektiert. Von Glück sprechen konnten Enteignete schon, wenn sie für fruchtbares Land mit unfruchtbarem entschädigt wurden. Hatten die Siedler sich dann niedergelassen, wurde den umliegenden palästinensischen Höfen und Äckern mit modernen Tiefbrunnen das Wasser abgegraben. Ein Großteil des Wassers im Westjordanland wurde ohnehin nach Israel gepumpt. Kaum erwähnt zu werden braucht, dass Verbrechen, die Siedler an ihren palästinensischen Nachbarn begingen, von den israelischen Behörden nicht verfolgt wurden.
    Als sichtbare Vorposten waren die Siedlungen Teil eines umfassenden Unterwerfungsplans. Um die palästinensische Wirtschaft völlig auf israelische Bedürfnisse abzustimmen, wurden die Bewohner des Westjordanlands gezwungen, teure israelische Waren zu kaufen, und gleichzeitig daran gehindert, eigene Produkte nach Israel oder in die arabischen Nachbarländer auszuführen. Mit ihren politischen Absichten stießen die Israelis allerdings auf Widerstand.
    Anfang der 80er-Jahre versuchte Israel, wie schon erwähnt, eine Art Selbstverwaltung in den palästinensischen Gebieten einzuführen. Zu diesem Zweck wurden Kommunalwahlen durchgeführt, zu denen ausschließlich solche Kandidaten aufgestellt
wurden, die zur Zusammenarbeit mit Israel bereit oder wenigstens als Anhänger des jordanischen Königs bekannt waren. Die Kandidaten der PLO waren nicht zugelassen. Dieser Versuch scheiterte, sodass die Israelis sich gezwungen sahen, freien Wahlen stattzugeben, die in allen Gemeinden den Sieg von PLO-nahen Kandidaten zur Folge hatten. Die Reaktion der Israelis bestand in einem Rachefeldzug gegen die gewählten Bürgermeister und

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