Der Gesandte - Mein Leben fuer Palaestina Hinter den Kulissen der Nahost-Politik
vor diesem Haus am 3. Dezember 1993 die palästinensische Flagge gehisst. Und unser neues Wohnhaus in Meckenheim … Ich habe die Leidenschaft meines Vaters fürs Bauen geerbt. Benita, der mit uns befreundete Architekt Manfred Hegenbarth und ich brüteten monatelang über immer neuen Entwürfen, wobei allmählich die Idee eines »andalusischen« Hauses mit maurischen Stilelementen Gestalt annahm. So wollten wir alle Fenster des Erdgeschosses bis zum Boden ziehen und oben mit Rundbögen abschließen lassen; für die Außenmauern war roter Backstein vorgesehen. Was schließlich dabei herauskam, entsprach weitgehend meiner Vorstellung von einem Traumhaus.
Das Erdgeschoss war weit und offen wie ein Beduinenzelt. Ein großes Esszimmer mit langer Fensterfront zu Terrasse und Garten ging in ein ebenfalls sehr geräumiges Wohnzimmer über; abgetrennt davon befanden sich zu ebener Erde außerdem Arbeitszimmer und Küche. Oben lagen die Schlafzimmer und Bäder, und wie geplant zog sich eine Folge von zwanzig Fenstertüren, alle mit Rundbögen versehen, rund um das Haus. In einer Ecke des Wohnzimmers befand sich ein Kamin, in dessen Nähe sich Arafat mit Vorliebe aufhielt, als er in den 90er-Jahren etliche Male bei uns zu Gast war. Nach dem
Essen zog er sich mit seinen Gesprächspartnern dorthin zurück, und ich erinnere mich besonders deutlich an den Abend, an dem Arafat, Johannes Rau und Hans-Jürgen Wischnewski in der Kaminecke lange plaudernd beisammensaßen, während Joschka Fischer sich geduldig im Hintergrund hielt, bis Arafat Zeit für ihn fand. (Der Hintergrund war sonst nicht der Ort, an dem Joschka Fischer es lange aushielt.) Geheimgespräche ließen sich hier allerdings nicht führen, denn die Gäste drängten sich an solchen Abenden in dem großen Wohnzimmer, und den Umstehenden entging so leicht nichts.
Mit seinen 365 Quadratmetern Wohnfläche war dieses Haus jedenfalls für Feste und Empfänge ausgelegt und gestattete mir, in Deutschland etwas Vergleichbares wie die beduinische Lebensfülle meiner Kindheit zu inszenieren. Wie damals bediente die ganze Familie, und Benita wusste jedem mit wahrhaft palästinensischer Gastfreundschaft zu begegnen. Jeder war uns willkommen, und mitunter traf sich zweimal, dreimal die Woche eine größere Gesellschaft im Hause Frangi, das sich wirklich zu einer Enklave palästinensischen Lebens in Deutschland entwickelte. Benita trat übrigens auch bei vielen anderen Gelegenheiten als »Botschafterin Palästinas« in Erscheinung, in der Islamisch-Arabischen Frauenvereinigung und dem Rat der Arabischen Botschaftsfrauen genauso wie bei Wohltätigkeitsveranstaltungen und Ausstellungen. Ihr kam es immer darauf an, Flagge zu zeigen und präsent zu sein, und ich darf mit Stolz und Dankbarkeit sagen, dass ihr Einsatz der palästinensischen Sache viel Sympathie eingetragen hat.
Um noch einmal auf Joschka Fischer zurückzukommen: Ich kannte ihn seit 1968. Genau genommen habe ich ihn seinerzeit nur am Rande wahrgenommen, als jemanden aus der Protestszene, der unsere Nähe suchte. Mein Eindruck war, dass er nirgendwo wirklich hingehörte und auch von den Leuten, mit denen er verkehrte, nicht voll und ganz akzeptiert
wurde. Als wir 1969 eine deutsche Delegation zu einem Symposium nach Algier schickten, der auch Vertreter des Sozialistischen Deutschen Studentenbundes (SDS) angehörten, gelang es Fischer, in die Reisegesellschaft aufgenommen zu werden. In Algier hätte er dann beinahe diplomatische Verwicklungen heraufbeschworen, als er, statt am Symposium teilzunehmen, mit anderen SDS-Mitgliedern algerischen Oppositionellen einen spontanen – also unangemeldeten – Besuch abstattete. Da mir diese Geschichte zu Ohren gekommen war, konnte ich ihn später gegen den Vorwurf in Schutz nehmen, er habe seinerzeit in Algier Arafat gehuldigt. Fischer hatte an der fraglichen Veranstaltung gar nicht teilgenommen – das konnte ich denjenigen seiner deutschen Kritiker entgegenhalten, die auch noch Anbiederung an palästinensische Terroristen auf das Konto seiner Jugendsünden setzen wollten.
Solange er ohne Amt war, hatten wir ein freundschaftliches, kumpelhaftes Verhältnis; wir umarmten uns zur Begrüßung, wie es in diesen Kreisen üblich war. Näher kennengelernt habe ich ihn nie, aber mit Joschka Fischer konnte man damals durchaus reden. Als er später ein Ministeramt in der Bundesregierung bekleidete, war es nicht nur mit den Umarmungen vorbei. Durch Leute wie ihn hatte ich jedenfalls Kontakt
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