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Der Gesandte - Mein Leben fuer Palaestina Hinter den Kulissen der Nahost-Politik

Der Gesandte - Mein Leben fuer Palaestina Hinter den Kulissen der Nahost-Politik

Titel: Der Gesandte - Mein Leben fuer Palaestina Hinter den Kulissen der Nahost-Politik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Abdallah Frangi
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freie Hand, und als ich mir 1983 erlaubte, sogar Abu Iyad und Hayel nach Deutschland zu holen, erhob die damalige Bundesregierung nicht einmal dagegen Einspruch.
    Im Gegenteil. Nach dem Libanonkrieg herrschte auch bei den offiziellen Stellen in Deutschland eine ausgesprochen palästinenserfreundliche Stimmung, und beide Besuche, der von Abu Iyad wie der von Hayel, waren mit dem Bundeskriminalamt abgestimmt. Ich legte Wert auf klare Verhältnisse, und dem BKA lag daran, die Zusammenarbeit mit der Fatah-Führung bei der Bekämpfung des Terrors in Europa zu verbessern. Vor allem an Hayel zeigte der Chef des BKA großes Interesse. Ich erinnere mich, dass er ihm nach ihrer Unterredung eine kleine Medaille als Geschenk überreichte. »Wissen Sie«, fragte er ihn, »was es mit dieser Medaille auf sich hat?« Hayel verneinte. »Wenn Sie diese Medaille in einem unserer Gefängnisse
vorzeigen«, sagte er lachend, »erhalten Sie eine zusätzliche Decke.« Womit er den Humor von Hayel traf.
    Kurzum: Diese Gespräche verliefen in einer sehr entspannten Atmosphäre. Und sie blieben nicht folgenlos. Abu Iyad empfing in Tunis später die Vertreter des BKA zu Gesprächen, und auch Hayel ließ die Verbindung zum BKA nicht abreißen. Das waren auch für Deutschland nützliche Kontakte. Ich bin sicher, dass es nicht zuletzt dieser Zusammenarbeit zu verdanken ist, wenn der Terror von der Bundesrepublik ferngehalten wurde.
    Etwa zur gleichen Zeit kam mir und meinen Freunden bei der Liga der Arabischen Staaten die Idee einer sukzessiven Rundreise durch Deutschland: Einmal im Monat sollten die arabischen Botschafter gemeinsam ein deutsches Bundesland besuchen inklusive Empfang beim jeweiligen Ministerpräsidenten und anschließender Pressekonferenz. Das ließ sich machen, und ich empfand diese monatlichen Auftritte an der Seite der Botschafter als ein Geschenk des Himmels. Man darf ja in Deutschland die Länder nicht vernachlässigen – gute Beziehungen auf Länderebene erleichtern in Deutschland die Kontakte zur Industrie, an denen die Botschafter interessiert waren, wie auch die Kontakte zur Presse, an denen mir gelegen war. Es kam also zu regelmäßigen Begegnungen, sei es, dass wir von einem Landesparlament eingeladen wurden, sei es, dass wir den Redaktionen von Stern und Spiegel einen Besuch abstatteten, sei es, dass wir großen Industrieunternehmen wie Mercedes, BMW oder Porsche unsere Aufwartung machten. Und die Pressekonferenzen in den Landeshauptstädten boten uns allmonatlich die Gelegenheit, den arabischen Standpunkt zu Fragen der Nahostpolitik in der deutschen Öffentlichkeit zur Debatte zu stellen. Für den Vertreter der Palästinenser war mit diesem Besuchsprogramm natürlich noch keine offizielle Anerkennung, aber doch eine politische Aufwertung verbunden.

    Zu den unvergesslichen Begegnungen dieses Jahrzehnts gehört mein Gespräch mit Franz Josef Strauß 1986. Mir war klar, dass dieses Treffen nicht auf eine einvernehmliche Plauderei hinauslaufen würde, denn aus der CSU kam die lauteste Kritik an der Politik der PLO. Immerhin wusste Strauß von mir und erwartete mich an jenem Tag hinter einem gewaltigen Schreibtisch im geradezu weitläufigen und durchaus prachtvollen Amtszimmer seines Münchener Amtssitzes. Ich nahm auf einem der beiden Stühle Platz, die merkwürdigerweise links und rechts an den Ecken seines Schreibtisches standen, und Strauß eröffnete das Gespräch mit der Frage: »Nun, Herr Frangi, was haben Sie auf dem Herzen?«
    Ich begann zu sprechen – im gedämpften Ton, wie es meine Art ist –, und schon nach den ersten Worten unterbrach mich Strauß mit einiger Stimmgewalt: »Ich verstehe Sie nicht. Akustisch nicht. Reden Sie lauter!« Ich vermag aber zu Beginn eines Gesprächs nicht laut zu reden, ich brauche eine gewisse Anlaufzeit. Nun gut, ich gab mir Mühe, Strauß war damit zufrieden, und ich fing an, ihm die Haltung der PLO darzulegen und die Gründe für ihren Widerstand gegen Israel zu erläutern. Nach einer Weile fuhr er erneut dazwischen: »Das ist Quatsch, was Sie da erzählen.« Spätestens jetzt war ich wach. Und Strauß setzte zu einem Vortrag an. »Passen Sie mal auf«, sagte er. »Die Deutschen haben den Zweiten Weltkrieg angezettelt und verloren. Seither sind bei uns Soldaten aus vielen Ländern stationiert, selbst aus Belgien. Nach dem Krieg gab es Pläne, dieses Deutschland zu politischer und wirtschaftlicher Bedeutungslosigkeit zu verurteilen. Wenn wir damals zur Gewalt gegriffen

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