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Der Gesandte - Mein Leben fuer Palaestina Hinter den Kulissen der Nahost-Politik

Der Gesandte - Mein Leben fuer Palaestina Hinter den Kulissen der Nahost-Politik

Titel: Der Gesandte - Mein Leben fuer Palaestina Hinter den Kulissen der Nahost-Politik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Abdallah Frangi
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Israelis wie ein Palästinenser behandelt zu werden. Im zweiten Fall flog ich 1999 mit Karlheinz Kögel, dem Ausrichter des Medienpreises, nach Gaza. Seit geraumer Zeit spendete der Unternehmer Kögel großzügig für Kindergärten und Jugendclubs im Gazastreifen; ich hatte dafür gesorgt, dass seine Spenden bei den vorgesehenen Empfängern in einem
Flüchtlingslager auch ankamen, und ihn eingeladen, sich anzuschauen, was wir von seinem Geld angeschafft hatten. Wir reisten in seinem Privatjet mit Kögel als Pilot. Nun ist der Gazastreifen schmal wie ein Handtuch, und wenn man bei der Landung auf dem Flughafen in Rafah auf Nummer sicher gehen wollte, musste man ihn in einer Kurve anfliegen, wobei es sich nicht vermeiden ließ, für kurze Zeit etwa 100 Meter tief in den israelischen Luftraum einzudringen.
    Wir hatten den israelischen Luftraum noch nicht ganz erreicht, da tauchte links und rechts von uns je eine israelische F-16 auf, und im nächsten Moment hörten wir sie über unseren Lautsprecher brüllen: »Go West! Go West!« Karlheinz Kögel glaubte, mit ihnen reden zu können, und setzte zu einer Erklärung an, wurde aber sofort von noch lauterem Gebrüll unterbrochen: »Go West! Go West!« Ich flehte ihn an, auf der Stelle abzudrehen. Gott sei Dank reagierte er sofort. Hätte er weiter diskutiert, wären wir tot gewesen. Vor nicht allzu langer Zeit hatten die Israels eine libysche Verkehrsmaschine abgeschossen, die sich in den Luftraum über dem Sinai verirrt hatte.
    Netanjahu schreckte vor absolut nichts zurück. Des amerikanischen Drucks überdrüssig, fuhr er in die USA und hetzte die jüdischen Organisationen gegen Clinton auf. Fassungslos und persönlich verletzt, setzte sich Clinton daraufhin für Ehud Barak ein, den Kandidaten der Arbeiterpartei, um eine neuerliche Regierung Netanjahu zu verhindern. Barak seinerseits stellte den Arabern Israels Zugeständnisse in der Frage der Unabhängigkeit in Aussicht – und gewann die Wahl des Jahres 1999.
    Von Stund an blockierte Barak den Friedensprozess mit der gleichen Sturheit wie Netanjahu. Die Überführung von B-Zonen in A-Zonen, die Umwandlung von C-Zonen in B-Zonen, die Festlegung der Grenzen, die Klärung der Jerusalem-Frage, die Siedlungspolitik – in keinem Bereich gab es irgendeinen
Fortschritt. Es rächte sich jetzt, dass das Oslo-Abkommen die Klärung aller Fragen von grundlegender Bedeutung späteren Verhandlungsrunden überlassen hatte. Eigentlich hätte schon unter Netanjahu eine Lösung für folgende sechs Streitpunkte gefunden werden müssen:
– der Status Ost-Jerusalems
– die Rückkehr bzw. Entschädigung der Flüchtlinge
– die Festlegung des Grenzverlaufs
– die Hoheitsrechte
– das Problem der Wasserversorgung
– das Problem der illegalen jüdischen Siedlungen
    Darüber hinaus waren längst Gespräche über die rund 10 000 Palästinenser fällig, die in israelischen Gefängnissen festgehalten wurden. Arafat war bereit, über alles mit sich reden zu lassen, von zwei Ausnahmen abgesehen: Nicht nur für ihn kam es keinesfalls infrage, Ost-Jerusalem als Hauptstadt aufzugeben oder Kompromisse in der Frage des Grenzverlaufs zu machen – kein Muslim dieser Welt hätte ihm verziehen, wenn er Ost-Jerusalem an Israel abgetreten hätte, kein Palästinenser wäre mit einem Gebietsverzicht einverstanden gewesen.
    Als sich im siebten Jahr nach dem Oslo-Abkommen immer noch keine Fortschritte abzeichneten, unternahm Präsident Clinton im Sommer 2000 einen letzten Versuch, den Friedensprozess wiederzubeleben, und lud Arafat und Barak zu Gesprächen nach Camp David. Arafat war skeptisch. Aber nicht einmal er rechnete mit einem Bluff, wie Barak ihn jetzt inszenierte.
    Clinton war überzeugt, Barak zu Kompromissen bewegen zu können. Und tatsächlich – vor seiner Abreise nach Amerika verkündete Barak seine Bereitschaft, 97 Prozent der besetzten Gebiete zurückzugeben, sogar über Ost-Jerusalem wolle er mit sich reden lassen! Und dann brachte es Barak in
Camp David fertig, Arafat, solange die Fernsehkameras liefen, mit ausgesuchter Höflichkeit zu behandeln, ihm auch noch den Vortritt beim Betreten der Tagungsstätte zu lassen – und von diesem Augenblick an kein Wort mehr mit ihm zu wechseln. Kaum war die Tür hinter den drei Delegationen der Amerikaner, Palästinenser und Israelis ins Schloss gefallen, behandelte er Arafat wie Luft und schickte Clinton vor. Zu verhandeln gab es allerdings nichts. Von einem Rückzug aus den besetzten Gebieten

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