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Der Gesandte - Mein Leben fuer Palaestina Hinter den Kulissen der Nahost-Politik

Der Gesandte - Mein Leben fuer Palaestina Hinter den Kulissen der Nahost-Politik

Titel: Der Gesandte - Mein Leben fuer Palaestina Hinter den Kulissen der Nahost-Politik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Abdallah Frangi
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gehörte damals zu den Kräften, die in den Genuss amerikanischer Finanzhilfe kamen. Diese Politik des Ausgleichs fand ein Ende, als Saddam Hussein Kuwait besetzte, doch begrenzte Bush im ersten Irakkrieg das Kriegsziel der USA auf die Befreiung Kuwaits. Saddam verjagen wollte er nicht, weil er ihn als Gegengewicht zum Iran der Ajatollahs brauchte. Auf Ausgleich bedacht, versuchte Bush aber auch jetzt, der arabischen Welt Kompensation zu bieten, indem er sich auf der Madrider Konferenz für einen Palästinenserstaat stark machte.
    Bill Clinton (1993–2001) war zumindest bestrebt, die ausbalancierte Politik seines Vorgängers fortzusetzen, ließ sich am Ende seiner Amtszeit jedoch von Ehud Barak dazu benutzen, Arafat zu brüskieren. Völlig aus dem Ruder lief die amerikanische Nahostpolitik dann unter George Bush junior (2001–2009). Dieser Präsident ist das beste Beispiel für die Neigung der nordamerikanischen Evangelikalen, die Interessen Israels zu ihrer Herzensangelegenheit zu machen, denn zu seiner Zeit diktierte die Regierung Israels das amerikanische Handeln. Es waren die Israelis, die das Ziel verfolgten, den Irak als Militärmacht zu zerstören, und es war der Wunsch der Israelis, auf den hin der amerikanische Angriff auf den Irak erfolgte. Bush junior betrieb tatsächlich nichts anderes, als die Politik Scharons auszuführen. Der Irakkrieg war überflüssig, und vor allem: Der Sieger heißt Iran – nicht die USA,
der Iran übt heute den stärksten Einfluss auf die irakische Politik aus. Bush junior verrichtete also nicht nur die Arbeit für Scharon, er erledigte sie gleichzeitig für den Iran. Seine Nahostpolitik war eine Katastrophe, übrigens auch für die Palästinenser.
    Auf Präsident Obama werde ich später eingehen. Aber ich will jetzt schon gestehen, dass ich skeptisch bin, ob die USA aus sich heraus jemals die Kraft aufbringen werden, eine faire und gerechte Lösung im Israel-Palästina-Konflikt durchzusetzen. Da die Allianz zwischen Israel und den USA weniger auf einer realen Gemeinsamkeit politischer Interessen als vielmehr auf einer einzigartigen kulturellen Affinität beruht, sind jedem amerikanischen Präsidenten die Hände gebunden. Der frenetische Applaus für Benjamin Netanjahu im amerikanischen Kongress während seiner USA-Reise 2011 bestärkt mich in meiner Skepsis: Dass die Rede eines Politikers 29-mal von Ovationen unterbrochen wird, kommt eigentlich nur in Staaten vor, deren politische Linie ideologisch festgelegt ist.

Das System Arafat
    Freier in ihren Entscheidungen waren allerdings auch die Europäer nicht. Die europäische Nahostpolitik war und blieb ein diplomatischer Slalom zwischen den Geboten des Rechts, den Erfordernissen der Moral und der Rücksicht auf den großen Verbündeten jenseits des Atlantiks. Wie gering der Spielraum der Europäer tatsächlich war, zeigte sich in den Jahren 1998/99.
    Arafat hielt damals die Zeit für gekommen, den palästinensischen Staat auszurufen. Bei der ersten Proklamation zehn Jahre zuvor in Algier hatte es sich um einen symbolischen Akt, um die Absichtserklärung eines Volkes im Exil, gehandelt. Diesmal hätte die Staatsgründung eine solide Grundlage in dem Territorium gehabt, das die Israelis den Palästinensern bereits überlassen hatten, und in den genauso realen Verwaltungsstrukturen, die inzwischen aufgebaut worden waren. Fünf Jahre hatte sich der israelische Ministerpräsident Rabin für die Regelung aller anstehenden Fragen ausbedungen, auf fünf Jahre Übergangszeit hatten sich die Palästinenser eingestellt. Spätestens 1999 hätte also in allen Punkten Klarheit herrschen und der Staat Palästina proklamiert werden müssen  – mit Zustimmung Israels, wohlgemerkt. Diese fünf Jahre waren verstrichen, ohne dass seither viel geschehen wäre, aber noch glimmte die Hoffnung, dass die Israelis das Oslo-Abkommen, wenn auch schleppend und widerwillig, in die Tat umsetzen würden.
    Arafat ahnte, dass sich ihm die letzte Chance zur Staatsgründung bot, nur hätte er die Rückendeckung der Europäer
und der USA gebraucht. Er fragte mich, wie die Deutschen reagieren würden, und ich lotete in Berlin die Bereitschaft der rot-grünen Koalitionsregierung aus, das Projekt zu unterstützen. Das Ergebnis meiner Sondierungen war niederschmetternd. Auf keinen Fall, hieß es in Berlin. Deutschland wollte um jeden Preis eine Konfrontation mit Israel und den USA vermeiden. Von allen Seiten wurde Arafat daran gehindert, den Staat Palästina

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