Der Gesandte - Mein Leben fuer Palaestina Hinter den Kulissen der Nahost-Politik
war keine Rede mehr, nicht einmal eine Umwandlung von C-Zonen in B-Zonen ließ er sich abringen, ein Siedlungsstopp wurde rundheraus abgelehnt, und bezüglich Ost-Jerusalems machte er Arafat das Angebot, die Al-Aksa-Moschee auf dem Tempelberg behalten zu dürfen – der Boden, auf dem die Moschee stehe, gehöre allerdings Israel.
Barak hatte Arafat eine Falle gestellt, und Arafat war hineingetreten. Vor der Weltöffentlichkeit stand er jetzt als derjenige da, an dem die Verhandlungen gescheitert waren. Und Clinton, der sich nicht traute, Barak bloßzustellen, unternahm nichts, um den Irrtum aufzuklären. Das ganze Gipfeltreffen entpuppte sich als ein Komplott. Meines Erachtens liegt hier ein Versagen Clintons und ein Verrat an Arafat vor, der große Stücke auf Clinton gehalten hatte.
Wenige Monate später wurde Bill Clinton von George W. Bush als Präsident der Vereinigten Staaten abgelöst. Es sah so aus, als würden wir das Oslo-Abkommen in alle Ewigkeit vor uns herschieben.
Die Nahostpolitik der USA
Die Welt hat sich längst daran gewöhnt, dass Israel und die USA in einem einzigartigen Verhältnis zueinander stehen. Aber so vertraut das Zusammenspiel zwischen beiden Ländern ist – in der UNO, im Weltsicherheitsrat, eigentlich bei jeder Gelegenheit –, gibt die Natur dieses Verhältnisses doch Rätsel auf. Nicht nur als Palästinenser hofft man immer wieder auf ein Machtwort der USA, und immer vergeblich. Woran liegt es, dass sich die Supermacht USA angesichts des israelischen Vorgehens bisweilen windet, ihren Verbündeten aber selten zur Ordnung ruft und ihm letztlich stets freie Hand lässt? Und wie konnte der Eindruck entstehen, dass es sich bei Israel nicht nur um einen treuen, sondern auch um einen außerordentlich selbstbewussten und eigenmächtigen Verbündeten handelt? Diese Frage verdient schon deshalb eine eingehendere Untersuchung, weil wir Palästinenser nie allein mit Israel zu tun hatten. Spätestens seit dem Suezkrieg 1957 fand die gesamte Entwicklung im Nahen Osten im Schatten der USA statt, seither betrachten die USA den Nahostkonflikt gewissermaßen als ihre ureigenste Domäne.
Man kann mit Fug und Recht sagen: Ohne das Wohlwollen der USA wäre Israel nicht entstanden. Die USA und die Sowjetunion waren die beiden entscheidenden Mächte, auf deren Unterstützung Israel in der Anfangszeit angewiesen war. Allerdings hatte man sich die weitere Entwicklung anders vorgestellt, denn beide Weltmächte setzten sich zunächst auch für die Araber Palästinas ein und plädierten gleichzeitig für einen unabhängigen Staat Palästina.
Interessant ist in diesem Zusammenhang der Vorbehalt, mit dem Präsident Harry Truman auf die Proklamation des Staates Israel am 14. Mai 1948 reagierte: In dem Schreiben, mit dem die israelische Regierung um Anerkennung des »neuen jüdischen Staates« durch die USA nachsuchte, ersetzte er »Jewish State« eigenhändig durch »State of Israel«. Truman war also nur zur Anerkennung eines – wie man heute sagen würde – multikulturellen Staates bereit, der Arabern wie Juden die gleichen Rechte einräumt.
Man darf Trumans Korrektur als den Versuch verstehen, wenigstens den Geist der Balfour-Deklaration zu retten, in der der britische Außenminister 1917 den Juden lediglich eine »Heimstatt« in Palästina zugesagt hatte. Von einem Staat war in diesem Dokument, das die rechtliche Grundlage für die jüdische Einwanderung schuf, nicht die Rede gewesen; auch Balfour war davon ausgegangen, dass das zionistische Projekt auf ein multiethnisches Gemeinwesen hinauslaufen würde. Truman beugte sich 1948 mit seiner Anerkennung Israels den Fakten, nicht aber der Forderung nach einem exklusiv jüdischen Staat.
Ich sehe drei Ursachen dafür, dass die amerikanische Haltung in der Folgezeit immer mehr auf eine einseitige Parteinahme zugunsten Israels hinauslief. Die erste und offensichtlichste ist der Einfluss der jüdischen Lobby auf die Politik der USA. Jeder amerikanische Präsidentschaftskandidat ist auf die Wahlkampfspenden, die publizistische Unterstützung und die Stimmen der jüdischen Amerikaner angewiesen. Wer sich ihre Gunst verscherzt, hat keine Chance, Präsident der USA zu werden beziehungsweise zu bleiben.
Die Macht der jüdischen Lobby reicht als Erklärung allein jedoch nicht aus. Die zweite Ursache liegt in einem Versäumnis der PLO. Es rächt sich eben, dass es Arafat nie gelungen ist, in den USA eine auch nur annähernd ähnlich wirksame
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