Der Gesandte - Mein Leben fuer Palaestina Hinter den Kulissen der Nahost-Politik

war berauscht vom Glück eines Menschen, der sein Ziel erreicht hat. Seither treten wir auf der Stelle. Mein Optimismus hat darunter gelitten, zum Pessimisten bin ich dennoch nicht geworden. Israel wird sich nicht ewig seine Politik von Orthodoxen und militanten Siedlern diktieren lassen. Niemals die Hoffnung fahren zu lassen, das ist die große, unvergessliche Lektion, die Arafat uns erteilt hat, die ich aber genauso von meinem Vater gelernt habe, der uns den unerschütterlichen Glauben an den letztendlichen Sieg des Rechts und der Gerechtigkeit mitgegeben und uns gelehrt hat, nicht vorher aufzugeben. Arafat hat diese Zuversicht für alle sichtbar demonstriert, mein Vater hat sie als stille Gewissheit in sich getragen. Arafats zur Schau gestellte Zuversichtlichkeit war deshalb keineswegs weniger authentisch. Sie machte seine Kraft aus, seine Fähigkeit, sich wie ein Phönix aus der Asche nach jeder Niederlage wieder zur Größe seines Glaubens an Palästina zu erheben. Wer für diese Sache kämpft, muss an den Sieg glauben, sonst zerbricht er.
    Wir haben ja nicht wenig erreicht. Als Arafat starb, hinterließ er seinem Nachfolger ungeachtet der Fehler, die ihm anzulasten sind, doch ein großes Erbe. Ihm ist es zu verdanken, dass den Palästinensern das Schicksal der amerikanischen Ureinwohner
erspart geblieben ist. Ihm ist es gelungen, eine neue palästinensische Identität zu schaffen. Er hat die zerrütteten Lebenskräfte der Palästinenser stimuliert und aus armseligen Flüchtlingen ein Volk gemacht. Er hat uns die Vision einer Versöhnung zwischen Palästinensern und Israelis hinterlassen, deren Verwirklichung Präsident Abbas allen Widerständen zum Trotz weiterhin unbeirrt anstrebt. Nichts wäre dem Frieden auf der Welt zuträglicher als das. Die Auswirkungen eines echten Friedens mit Israel wären im großen Umkreis zu spüren. Der gesamte arabische Raum würde eine neue Entwicklung nehmen, der Irak, Pakistan, selbst Afghanistan würden zur Ruhe kommen. Eine Lösung dieses Konflikts würde in allen muslimischen Ländern die Kräfte der Vernunft und des Friedens stärken. Vieles deutet darauf hin, dass wir uns diesem Ziel unaufhaltsam nähern, jetzt, da die arabischen Völker sich im Aufbruch befinden.
    Ich wurde in diesen Konflikt hineingeboren. Ich schlug die Augen auf – und befand mich im Krieg mit Israel. Nichts hat sich bis heute daran geändert, nach wie vor sind wir Palästinenser hinter Mauern, Kontrollpunkten und Stacheldraht gefangen. Ich fühle mich immer noch nicht frei. Deshalb sehe ich meine Aufgabe nicht als erfüllt an, deshalb werde ich auch künftig auf ein unabhängiges Palästina hinarbeiten, bis die israelische Unterdrückungspolitik ein Ende hat, bis der Staat Palästina mit Ost-Jerusalem als Hauptstadt von der Staatengemeinschaft anerkannt ist. Dieses Versprechen bin ich meinem Sohn Baschar schuldig, der meinen Traum geteilt hat, ich bin es auch allen meinen Freunden schuldig, die auf dem Weg in die Freiheit ihr Leben verloren haben. Und ich bin überzeugt, dass ein Ende der Tragödie absehbar, dass die Lösung des Nahostkonflikts bereits in Sicht ist.

Personenglossar
    Abu Amar
Yassir Arafat, PLO-Chef
Abu Arab
Chef meines Begleitschutzes
Abu Dschihad
Khalil el-Wazir, Mitbegründer der Fatah, Mitglied des Zentralkomitees, ermordet in Tunis am 16.4.1988
Abu Hassan
Ali Salameh, Mitbegründer der Fatah, Chef von Arafats Sicherheitsdienst, ermordet in Beirut am 22.1.1979
Abu el Hool
Hayel Abdel-Hamid, Sicherheitschef von Gaza, ermordet in Tunis am 14.1.1990
Abu Iyad
Salah Khalaf, Mitbegründer der Fatah, Mitglied des Zentralkomitees, ermordet in Tunis am 14.1.1990
Abu Khalil
Achmed Wafi, Mitglied des Revolutionsrats und PLO-Vertreter in Algier, verletzt in Algier am 27.10.1972
Abu Lutuf
Faruk Kadumi, Mitbegründer der Fatah, Mitglied des Zentralkomitees
Abu Mazen
Mahmud Abbas, Mitbegründer der Fatah, Mitglied des Zentralkomitees, Präsident der Autonomiebehörde
Abu Tarek
Hani el-Hassan, Bruder von Abu Said
Abu Said
Khaled el-Hassan, Mitbegründer der Fatah, Mitglied des Zentralkomitees
Abu Yusef
Yusef el-Najjar, Mitbegründer der Fatah, Mitglied des Zentralkomitees, ermordet in Beirut am 9.4.1973
Kamal Adwan
Mitglied des Zentralkomitees, ermordet in Beirut am 9.4.1973
Mahmud Ala-Eddin
mein Freund und langjähriger Stellvertreter in Deutschland
Said Hamami
mein Freund und Kollege, PLO-Vertreter in London, ermordet am 4.1.1978
Mahmud Hamschari
mein Freund und Kollege, PLO-Vertreter in