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Der Gesandte - Mein Leben fuer Palaestina Hinter den Kulissen der Nahost-Politik

Der Gesandte - Mein Leben fuer Palaestina Hinter den Kulissen der Nahost-Politik

Titel: Der Gesandte - Mein Leben fuer Palaestina Hinter den Kulissen der Nahost-Politik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Abdallah Frangi
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schönsten aller Frauen, auf seinem Pferd Säbel schwingend davonstürmt. Aber die meisten ihrer
Geschichten waren moralischer Natur. Personal und Schauplätze dieser Geschichten waren unserer Religion entlehnt, Dschinns (arabische Naturgeister) und Teufel, Höllenfeuer und Paradies tauchten unweigerlich darin auf. Und immer siegte das Gute, nie behielt der Teufel die Oberhand. So geht einem Kind mit der Zeit die Gewissheit in Fleisch und Blut über, dass das Böse auf Dauer keine Chance hat, und selbst schlechten Menschen sieht man ihre Bosheit nach, weil man ihnen zugute hält, von einem Dschinn besessen zu sein. Ich bin sicher, dass solche Geschichten ein Leben lang nachwirken. Auch Judentum und Christentum stärken die Kräfte des Guten, ich würde das nie bezweifeln – aber ich glaube, dass der Geist unserer Religion in Verbindung mit dieser Art der Vermittlung, dieser Darbietung in märchenhafter Form in der Stunde zwischen Wachen und Schlafen, sich Kindern doch besonders tief einprägt.
    Heute hört man derartige Geschichten noch in den Dörfern Tunesiens oder den Wüstenorten Libyens und Marokkos. Mir haben die Erzählungen meiner Mutter im empfänglichsten Alter nicht nur schöne Bilder geschenkt, sondern auch die Liebe zur Gerechtigkeit und Vorbilder für Tapferkeit eingepflanzt. Sie waren jedenfalls Teil meiner Kindheit, und sie durchwirkten diese Kindheit mit der Atmosphäre des Traums.

Mein Vater, Scheich Hassan
    Irgendwann einmal, in meiner Zeit in Bonn, war einem Journalisten während eines Interviews mit mir der kleine Finger meiner linken Hand aufgefallen, der steif und krumm ist. Er fragte nicht nach der Ursache. Bei einem Palästinenser konnte eine solche Verkrüppelung nur von einer Verwundung herrühren, die er sich im Widerstandskampf zugezogen hatte, und in diesem Sinne ließ sich der Journalist in seinem Artikel auch über meinen Finger aus. Es stimmte nur nicht.
    Als es passierte, war ich kaum ein Jahr alt. Ich hatte einen Teekessel, der auf einem kleinen Kocher am Boden stand, zu fassen bekommen und heruntergerissen, und das kochend heiße Wasser ergoss sich über meine linke Hand. Meine Mutter wusste sich nicht anders zu helfen, als mir die verbrühte Hand sofort zu verbinden; sonst unternahm sie, soviel ich weiß, nichts. Mit drei oder vier Jahren wurde mir bewusst, dass mit dem kleinen Finger dieser Hand etwas nicht stimmte – er war gekrümmt und ließ sich nicht bewegen.
    Die Sache hatte ein Nachspiel. 1954 – ich war zehn – eröffnete ein bosnischer Arzt in Gaza-Stadt eine Praxis. Er war Hals-Nasen-Ohren-Arzt, stand aber bald in dem Ruf, Gebrechen jeder Art zu heilen, und als mein ältester Bruder Mohammed ihn auf meinen Finger ansprach, sagte er: »Bring Abdallah zu mir.« Der Mann untersuchte meine Hand, entschloss sich zur Operation und machte sich, mit mehr Zuversicht als seine chirurgischen Kenntnisse gerechtfertigt hätten, ans Werk. Es war die Hölle. Mohammed saß dabei, tröstete mich und bescheinigte mir den Mut eines Partisanen. Aber es
half nicht, ich zitterte vor Schmerz am ganzen Leib, während der Arzt mir den Finger der Länge nach aufschnitt, die Fingerkuppe durchbohrte, einen Draht hindurchzog und den Finger mit einem Holzstäbchen schiente. Ein arabischer Heilkundiger  – genau der, der meinen Vater nach seiner Schussverletzung seinerzeit behandelt und gerettet hatte – nahm den operierten Finger später in Augenschein. Was er sah, überzeugte ihn nicht. Im besten Fall, meinte er, würde ein gerader steifer Finger statt eines krummen steifen Fingers dabei herauskommen.
    Doch der beste Fall trat nicht ein, die Sache nahm vielmehr eine noch kuriosere Wendung. Der bosnische Arzt hatte mir nämlich empfohlen, viel zu schwimmen, weil Salzwasser den Heilungsprozess fördere. Also trieb ich eines Tages vor der Küste im Meer, auf einem dieser arabischen Boote liegend, die wie große Surfbretter nur aus einem ovalen Holzbrett bestehen, und ließ die Hände zu beiden Seiten ins Wasser hängen, als das Unwahrscheinliche eintrat und ein zweites Boot, das ich nicht bemerkt hatte, von einer starken Welle gegen mein eigenes geschleudert wurde und mich mit Wucht an der linken Hand traf. Danach war mein kleiner Finger krummer denn je und so steif wie immer.
    Es fällt mir schwer, nicht an eine schicksalhafte Fügung zu glauben. Kaum auf der Welt, hatte ich etwas mit meinem Vater gemeinsam, nämlich die Verletzung, und der Versuch, dieses sichtbare Merkmal unserer

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