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Der Gesang der Hölle: Kommissar Kilians vierter Fall

Der Gesang der Hölle: Kommissar Kilians vierter Fall

Titel: Der Gesang der Hölle: Kommissar Kilians vierter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Rausch
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würde.
    Bis auf Kayleen nahmen alle die Vorstellung der neuen Kollegen wohlmeinend auf. Jeweils ein kurzer Applaus hieß sie willkommen. Kayleen blieb davon unberührt. Sie nahm es ohne jede Reaktion hin.
    Raimondi klatschte auffordernd in die Hände.
    »Dann können wir anfangen. Weiß jeder Bescheid, worum es geht?«
    Er blickte sich um. Alle bis auf Takahashi nickten. Er schien unsicher, wagte aber nicht, sich zu melden.
    »Alles klar?«, fragte Raimondi. Er zögerte.
    »Solange du deinen Text beherrschst und deine Rolle gut ausfüllst, kann nichts schief gehen.«
    Takahashi lächelte ihn an, schwieg. Kilian konnte an Raimondis Augen erkennen, dass er sich in diesem Moment fragte, ob er den richtigen Mann für den
Don Giovanni
ausgewählt hatte. Es musste jemand sein, der extrovertiert an den Charakter heranging, einer, der zuerst sprach und dann dachte, der handelte, ohne dass ihn Gewissensbisse plagten, einer, der die Handlung des Stückes vorantrieb. Der Japaner war ein gewagtes Experiment, das musste Raimondi klar gewesen sein, als er ihn auswählte. Jeder andere hätte Kilian eingeleuchtet, ein Südamerikaner oder gar ein Skandinavier, aber ein
Don Giovanni
mit asiatischem Gesicht? War das nicht ein Widerspruch in sich, fragte er sich. Kilian musste schmunzeln. Bereits nach wenigen Tagen an einem Theater begann er zu denken wie ein Regisseur.
    Raimondi fasste den Inhalt der Szene kurz zusammen.
    »Alle sind der Einladung
Don Giovanni
s zu einem Fest auf seinem Schloss gefolgt. Zerlina und Masetto sind da, ebenso Donna Elvira, Anna und Don Ottavio, allerdings mit Masken vor dem Gesicht …«
    Raimondi drehte sich um, fragte in den Orchestergraben: »Haben wir die Masken da?«
    Normalerweise hätte die Regieassistentin antworten müssen, aber die hatte er tags zuvor gefeuert. Sue, die Pianistin, und Pohlmann, der zweite Kapellmeister, zuckten mit den Achseln. Raimondi erkannte, dass ihm ein wichtiges Glied in der Kette fehlte, jemand, der seine Anweisungen weitergab und die Vorarbeiten zu den Proben erledigte. Er beugte sich hinunter zum Souffleusenkasten.
    »Franziska, komm mal bitte hoch.«
    Dann wandte er sich an Jeanne: »Ruf bitte in der Requisite an und frag, ob die Masken schon fertig sind.«
    Franziska kletterte aus ihrem engen Kasten heraus in den Orchestergraben und dann nach oben auf die Bühne. Sie war ebenso wie alle anderen gespannt, was Raimondi von ihr wollte.
    »Franziska, ab heute bist du meine Assistentin«, entschied Raimondi. »Deine erste Aufgabe ist es, die Masken aus der Requisite zu besorgen.«
    »Und wer souffliert?«
    »Ab jetzt brauchen wir keine Souffleuse mehr. Wer seinen Text nicht kann, fliegt. Ganz einfach.«
    Franziska wusste nicht so recht, wie sie mit der neuen Situation umgehen sollte. Es war zweifellos ein generöses Angebot. Endlich aus dem Kasten raus und neben der Seite eines Weltstars arbeiten. Sie blickte sich um, was die anderen dazu meinten. Ihre aufmunternden Mienen gaben das Zeichen, das Angebot anzunehmen.
    »Gut, ich bin dabei«, sagte sie und machte sich auf den Weg, die Masken zu holen.
    »Also«, fuhr Raimondi fort, »Donna Elvira, Anna und Don Ottavio erscheinen zum Fest mit Masken. Sie wollen nicht erkannt werden.
Don Giovanni
hat das Fest veranstaltet, um Zerlina endlich zu verführen. Während die Gesellschaft tanzt, entführt
Don Giovanni
sie. Allerdings kommt er nicht weit mit ihr, sie kann sich losreißen und die anderen alarmieren. Alle suchen sie.
Don Giovanni
erkennt die brenzlige Situation und kommt mit Leporello zurück auf die Bühne. Er bedroht ihn mit seinem Degen und will die anderen glauben machen, dass Leporello und nicht er die Zerlina entführt hätte. Die Gesellschaft entlarvt
Don Giovanni
als Lügner.
    Weiß damit jeder Bescheid?« Auch Takahashi nickte diesmal.
    Raimondi stieg in den Orchestergraben hinunter.
    »Dann machen wir jetzt einen Durchgang. Alle auf Position.«
    Die Schauspieler nahmen sie rasch ein und warteten auf den Einsatz des Klaviers. Pohlmann hob langsam die Hände und gab Sue mit einem Nicken das stille Kommando.
    Als Erster sang
Don Giovanni
.
    Raimondi hatte Recht behalten. Takahashi stimmte seinen Part,
Riposate vezzose ragazze
10 , mit einem kräftigen Bariton an. Die Nummer sollte Fröhlichkeit ausstrahlen, was seine Stimme auch wunderbar umsetzte, allein: Er blieb wie angewurzelt stehen.
    »Aus!«, rief Raimondi.
    Er baute sich direkt vor Takahashi auf. »Kennst du deine Rolle in dieser Szene?«
    Takahashi

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