Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Gesang der Hölle: Kommissar Kilians vierter Fall

Der Gesang der Hölle: Kommissar Kilians vierter Fall

Titel: Der Gesang der Hölle: Kommissar Kilians vierter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Rausch
Vom Netzwerk:
sein?«
    »Ich weiß es nicht. Sagen Sie es mir.«
    »Worauf wollen Sie eigentlich hinaus?«
    »Ich habe mich über die damaligen Vorfälle informiert. Es werden große Zweifel geäußert, dass Vanderbuilt mit der Sache zu tun hatte. Im Gegenzug heißt es sogar, dass Sie das Ganze organisiert und Vanderbuilt als Sündenbock missbraucht haben.
    Mittlerweile frage ich mich übrigens auch, inwieweit Sie in die beiden Anschläge eingeweiht waren, die in den letzten Tagen auf Sie verübt wurden, oder sie vielleicht sogar selbst inszeniert haben.«
    Raimondi war nicht aus der Fassung zu bringen. Regungslos nahm er Kilians Verdacht hin. »In diese Richtung gehen also Ihre Ermittlungen … nun, dann täuschen Sie sich mal nicht. Solange nichts bewiesen ist, gilt, dass ich das Opfer und nicht der Täter bin.«
    War das ein Geständnis? Er bestritt es nicht. Er ließ Raum für Spekulationen.
    »Und Vanderbuilt?«, fragte Kilian, »wäre es ihm zuzutrauen?«
    »Was?«
    »Dass er hinter den Anschlägen steckt. Dass er Rache an Ihnen üben wollte.«
    Raimondi lachte. Es war deplatziert, hatte nichts der Situation Angemessenes. »Steven Vanderbuilt kann nicht mal einer Fliege etwas zuleide tun. Er ist einer von der Sorte, die auch die andere Wange hinhält, wenn er geschlagen wird. Er ist wie seine Rolle im
Don Giovanni
, ein echter Ottavio – konturlos, farblos, langweilig.«
    »Wussten Sie das schon, als Sie den Giftanschlag in Dresden türkten?«
    Jetzt wurde Raimondi ernst. »Wenn Sie einen konkreten Beweis haben, dann nur zu. Ansonsten …«
    Er machte die italienische Geste, bei der sich alle Finger an der Daumenspitze treffen, und wedelte damit vor seiner Nase. Dies hieß so viel wie: Va fan culo, leck mich.
    Sein Handy klingelte. Es war die Pforte. Raimondi sollte kommen, die neuen Kostüme wurden geliefert.
    Kilian folgte ihm hinaus auf die Straße, wo ein großer Lkw mit der Aufschrift Vivienne Westwood stand. Er hatte es also tatsächlich geschafft, eine international renommierte Firma in die Produktion einzubinden.
    Verhüllte Kleiderständer wurden auf die Straße und dann in die Kostümabteilung befördert. Raimondis zufriedenes Gesicht zeigte Kilian, dass er einen weiteren Triumph errungen hatte.
    Aus dem Großen Saal strömten die Mitarbeiter von der Betriebsversammlung ins Untere Foyer. Ihre Mienen zeigten, dass die Befürchtungen, die in der Lokalzeitung geäußert wurden, sich bewahrheitet hatten. In kleinen Gruppen diskutierten sie über das Gehörte. Sie spekulierten darüber, wen es wohl treffen würde. Von Arbeitslosigkeit, dem Verlust der Zukunft, gar von Schließung war die Rede, und dass man das sinkende Schiff schnellstmöglich verlassen sollte.
    Kilians Blick fiel auf Franziska, die Souffleuse. Sie stand allein an der Garderobe und aß seelenruhig ihr Pausenbrot. Es schien, als würde sie die ganze Aufregung kalt lassen.
    »Und, wie war’s?«, fragte Kilian.
    »Es ist noch schlimmer gekommen, als wir alle befürchtet haben.«
    »Wegen der Kürzungen im Etat?«
    »Darum geht es im Kern der Diskussion. Nur, dass wir nicht mehr von dreißig oder vierzig Entlassungen sprechen, sondern ob das Haus überhaupt noch eine nächste Spielzeit erleben wird.«
    »Wovon hängt das ab?«
    »Letztlich von der Finanzierung. Zwei Millionen Euro müssen eingespart werden. Was vom Rest übrig bleibt, reicht gerade, um Hänsel und Gretel aufzuführen. Das Haus braucht dringend Mittel von außen. Ohne fremde Hilfe wird der
Don Giovanni
für eine sehr lange Zeit die letzte eigene Produktion gewesen sein. Das wär’s dann.«
    Die Oberbürgermeisterin und der Intendant gingen an ihnen vorbei. Sie machten einen niedergeschlagenen Eindruck, schließlich waren sie unfreiwillig zu Nachlassverwaltern geworden. Die Oberbürgermeisterin lächelte kurz herüber.
    »Es ist ihr nicht leicht gefallen, die schlechten Nachrichten zu überbringen«, sagte Franziska, »und das heute, an ihrem Geburtstag. Sie hat großes Einfühlungsvermögen bewiesen, und dafür sind wir ihr dankbar. Sie hat geschworen, alles Mögliche zu unternehmen, damit eine Schließung abgewendet werden kann. Dazu braucht sie auch unsere Hilfe.«
    »Wie könnte die aussehen?«
    »Jeder soll sein Bestes geben. Und ich werde meinen Teil dazu beitragen.«
    Als der Letzte den Großen Saal verlassen hatte, rief Raimondi zum Beginn der Probe auf. Er kannte kein Erbarmen mit den Sängern und den Technikern. Für Schwermut war jetzt nicht der richtige Zeitpunkt, seiner

Weitere Kostenlose Bücher