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Der Gesang der Maori

Der Gesang der Maori

Titel: Der Gesang der Maori Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Temple
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friedlich. Das Schlauchboot fuhr an einer
kleinen Kolonie von Robben vorbei, dann bog Matiu in einem weiten Bogen hinaus
ins offene Meer.
    Â»Achtung! Festhalten!«, rief er ihr zu, während die beiden Motoren
aufheulten. Mit einem Mal hob sich die Spitze des Bootes aus dem Wasser, die
plötzliche Geschwindigkeit drückte Katharina mit aller Kraft in ihren Sitz.
Kaum hatten sie die schützende Bucht verlassen, wurde die Dünung größer. Das
kleine Schlauchboot hüpfte jetzt von Welle zu Welle, prallte immer nur kurz
hart auf, bevor es wieder weiterraste. Nichts für Menschen mit Rückgratproblemen,
dachte Katharina. Ob Matiu das nicht an seinem Knöchel wehtat? Möglichst
unauffällig sah sie zu der Schiene, die Matiu jetzt seit einer Woche um den
Knöchel trug. Einen mehrfachen Bänderriss hatte der Arzt in der Klinik
festgestellt. Sechs Wochen mit einer Schiene, und Matiu wäre wiederhergestellt.
Das hatte Matiu offensichtlich nur zu neuen Abenteuern ermutigt.
    Erst hatte er ihr noch weitere Drehorte von »Der Herr der Ringe« in
Kaitoke und Harcourt Park gezeigt, dann hatte er darauf bestanden, sie noch auf
die Südinsel zu begleiten. »In den Canterbury Plains werden die Ringgeister
Arwen verfolgen, hier wird die Heimat der Reiter von Rohan sein!«, hatte er ihr
erklärt. Und dann hinzugefügt: »Noch dazu kann ich dich zu einer einmaligen
Tour nach Kaikoura einladen. Das hat nichts mit dem Film zu tun – aber alles
mit meiner Familie. Du musst die Wale sehen. Das ist eines der größten Erlebnisse
überhaupt! Du musst einfach Ja sagen, eine Absage akzeptiere ich nicht.«
    Katharina hatte nur genickt. Heimlich war sie enttäuscht, dass Matiu
sie nicht noch einmal geküsst hatte. Seit der Nacht am Ruapehu verhielt er sich
wieder so zurückhaltend wie zuvor. Fast kam es ihr hin und wieder so vor, als
ob sie alles nur geträumt hätte. Aber warum nur bestand er dann darauf, dass er
sie überall hinbegleitete? Und jetzt dieser wahnsinnige Ritt über die Wellen
vor Kaikoura – selbst wenn sie keinen Wal sehen würden, wäre dieser
Geschwindigkeitsrausch einfach unvergesslich.
    Ohne dass sie irgendetwas sehen konnte, drosselte Matiu plötzlich
die Geschwindigkeit und stellte die Motoren ab. Die plötzliche Stille war
geradezu ohrenbetäubend – und mitten in dieses Schweigen kam ein lautes
Atemgeräusch. Wie von einem großen, schweratmigen Menschen, der zu lange die
Luft angehalten hatte. Katharina starrte in die Richtung des Geräusches – und
sah nur wenige Meter neben dem Boot eine kleine, dunkle Erhebung – und darunter
einen riesigen, schwarzen Fleck.
    Â»Das ist ein noch nicht ganz ausgewachsenes Tier«, erklärte Matiu
mit ruhiger Stimme. »Er ist knapp zwanzig Meter lang, ich habe gerade eben
gesehen, wie er aufgetaucht ist. Jetzt bleibt er ein paar Minuten lang hier oben,
um seine Sauerstoffvorräte aufzufüllen – dann geht es wieder runter. Du musst
wissen, dass es hier in Kaikoura unter Wasser fast so weitergeht wie über Wasser
– das heißt, die Berge fallen nicht nur bis auf Meereshöhe so steil ab, sondern
das geht unter Wasser weiter. Wir sind hier schon bei über zweitausend Meter
Tiefe. Ideal für die Pottwale, die tauchen hier tief nach unten und finden ihre
geliebten Tintenfische. Das hat dafür gesorgt, dass hier in Kaikoura schon
immer Jagd auf Wale gemacht worden ist. Heute allerdings nur noch mit der
Kamera …«
    Der große Körper bewegte sich langsam näher an sie heran, holte
Luft, glitt unter ihrem kleinen Boot hindurch. Es schien eine Ewigkeit zu
vergehen, bis Katharina sah, dass die riesige Schwanzflosse unter ihnen hindurchglitt.
    Â»Ist das nicht gefährlich?« Unwillkürlich hatte sie die Frage
geflüstert. »Der könnte uns doch mit einer einzigen Bewegung seines Schwanzes
zu Kleinholz verarbeiten!«
    Â»Fluke«, korrigierte Matiu sie lächelnd. »Der Schwanz von einem Wal
heißt Fluke. Und du hast recht: Wenn er es darauf anlegen würde, hätten wir
keine Chance. Tatsächlich sind das aber friedliche Gesellen, die Geschichten
von Kapitän Ahab und dem bösen Moby Dick sind allesamt Seemannsgarn. Selbst ein
harpunierter Wal greift ein Schiff nicht an – Glück für all die Männer in der
Geschichte Neuseelands, die ihr Geld mit dem Walfang verdient haben …«
    Er sah weiter auf

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