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Der Gesang der Maori

Der Gesang der Maori

Titel: Der Gesang der Maori Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Temple
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Boot gerne aufräumen, bevor es dunkel wird. Und dann hat
uns meine Mutter zum Essen eingeladen. Du wirst es mögen …«
    Â»Deine Mutter?« Irgendwie hatte er bisher versäumt, ihr zu sagen,
dass sie seiner Mutter vorgestellt werden sollte. Musste man sich da nicht erst
einmal besser kennenlernen? Oder waren bei den Maori die Sitten komplett
anders?
    Die Motoren heulten auf und verschluckten Matius Antwort. Wenn er ihr
denn eine gegeben hatte – da war sie sich nicht einmal sicher. Sie ließ sich in
einen der Sitze zurückfallen, trank den letzten Schluck Tee, bevor sie ihre
volle Geschwindigkeit erreicht hatten – und genoss dann wieder den Tanz über
die Wellen. Der Fahrtwind blies ihr ins Gesicht, die nassen Haare hatte sie
unter die Kapuze ihres dicken Sweatshirts gesteckt. Während sie in Richtung des
Anlegestegs dahinschossen, sah sie sich Matiu verstohlen noch einmal an. Seine
nassen Haare hatten sich mit dem Salzwasser eng um seinen Kopf gekringelt. Er
sah konzentriert auf die Strecke vor sich, die Augen in der tief stehenden
Sonne etwas zusammengekniffen. Um seinen Mund spielte ein Lächeln – sie war
sich aber nicht sicher, ob das nicht fast angeboren war – wie bei einem Delfin
…
    Sie fuhr aus ihren Gedanken auf, als das Boot allzu bald wieder an
Geschwindigkeit verlor und sich dann gemächlich und mit harmlos tuckerndem Motor
dem Anlegesteg näherte. Das große Schiff für das offizielle Whale Watching lag
schon wieder fest vertäut am Steg, alle Zugänge waren verschlossen oder mit
einer Plane abgedeckt. Matiu nickte in Richtung des Bootes. »Die letzte Tour
kommt etwa um siebzehn Uhr rein, das ist fast zwei Stunden her. Der Skipper
putzt alles, macht die Luken dicht und kümmert sich darum, dass morgen alles
wieder gut aussieht, wenn die Touristen zur ersten Tour kommen. Whale Watching
ist ein Big Business hier in Kaikoura.«
    Mit diesen Worten sprang er auf den Steg, landete auf seinem
gesunden Fuß und reichte ihr seine warme, feste Hand, damit sie ihm folgen
konnte. Sie winkte ab. »Du fällst um, wenn ich mich an dir hochziehe. Schon
vergessen, dass du im Moment nur halb einsatzfähig bist? Ich war dabei, als es
passiert ist!«
    Â»Das geht schon …« Unbeirrt hielt er ihr weiter die Hand hin.
Zögernd griff Katharina zu. Er umschloss ihre Hand mit der seinen und zog sie
geschickt nach oben – und in seine Arme. Einen winzigen Moment lang hielt sie
es für ein Versehen. Dann spürte sie, wie er ihren Rücken streichelte – und ihr
wurde klar, dass er genau das mit seinem Hilfsangebot bezweckt hatte.
    Â»Ich habe wirklich dagegen angekämpft«, flüsterte er ihr leise ins
Ohr. »Es hat doch keinen Sinn, sich in eine Pakeha vom anderen Ende der Welt zu
verlieben! Du verschwindest wieder, gerade dann, wenn ich anfange, mich an dich
zu gewöhnen.«
    Â»Ich weiß«, murmelte Katharina. »Das sage ich mir auch die ganze
Zeit. Ich werde nach Hause reisen, wieder in meine Redaktion gehen und den Artikel
über Neuseeland schreiben – da kann ich doch kein gebrochenes Herz brauchen,
oder? Das ist doch unvernünftig, und dafür bin ich doch inzwischen viel zu alt.
So einen Blödsinn macht man nur, wenn man sehr jung ist. Oder?«
    Gleichzeitig fing sie an, ihn auf die Wange zu küssen.
    Dann auf den Hals.
    Den Mund.
    Als er ihren Kuss erwiderte, hörte sie auf zu sprechen. Seine Lippen
schmeckten noch salzig vom Schwimmen und Tauchen. Als ihre Küsse heftiger
wurden, schmeckte sie Schokolade – ein so überraschender Gegensatz, dass sie
einen Moment brauchte, bis ihr die Schokoriegel einfielen. Dann hörte sie auf
zu denken, küsste ihn und vergaß die Welt. Zumindest für die nächsten paar
Minuten. Dann schob Matiu sie schwer atmend von sich.
    Â»Aber es ist wirklich völlig unvernünftig!«, erklärte er mit
gespielter Verzweiflung.
    Katharina sah ihn an. Seine hellen Augen waren voller Verlangen.
»Wer will schon sein ganzes Leben von Vernunft regieren lassen«, murmelte sie.
»Lass uns einfach das tun, was wir beide wollen. Seit der Nacht am Ruapehu …«
    Â»â€¦Â ich wollte dich nicht bedrängen!«, flüsterte er, »… wollte nicht,
dass du denkst, ich wäre einer dieser Männer, die einfach ein dummes
Touristenmädchen aufgabeln und ihren Spaß haben. Ich meine es ernst mit dir.
Sehr ernst

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