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Der Gesang der Maori

Der Gesang der Maori

Titel: Der Gesang der Maori Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Temple
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Tür zu einem kleinen Zimmer,
das direkt über eine Garage gebaut war und über eine kleine Holztreppe zu erreichen
war. John trat ans Fenster und war einen Moment sprachlos. »Dieser Blick ist
eine Million Pfund wert!«, rief er aus. »Die Idioten, die dieses Haus gebaut
haben, haben der Garage den besten Blick verpasst? Wenn das nicht dämlich ist.«
    Er sah sich um. »Wofür haben sie dieses Zimmer überhaupt gebaut?«
    Â»Ihren Sohn. Der wollte nicht mehr unter einem Dach mit seinen Eltern
leben. Eine dieser Geschichten, wie sie ständig passieren … auf jeden Fall ist
er vor ein paar Wochen nach Auckland gezogen. Mein Glück!«
    John sah sich genauer um. Der Teppich war in einem dunklen Rot, die
Ziegelwände unverputzt, die Möbel aus hellem Holz. Es sah ungewöhnlich aus –
aber sehr gemütlich und sehr schön. »Warum kannst du erst Anfang Dezember
einziehen? Es sieht nicht so aus, als ob man hier noch viel herrichten müsste.«
    Â»Eine Toilette und eine Dusche wären noch schön, findest du nicht?«
Der Schalk tanzte in Paikeas Augen. »Du solltest darauf achten, dass in deinem
Foodmarket nicht am Ende die Kasse fehlt, so wenig, wie du auf die wichtigen
Dinge achtest.«
    John nahm sie in den Arm. »Dafür habe ich ja dich!«, flüsterte er
ihr ins Ohr und küsste sie vorsichtig auf den Mund. Sie erwiderte seinen Kuss,
und er bildete sich für einen Augenblick ein, dass er wilde Kräuter und
Eukalyptus schmeckte. Blödsinn. Er küsste sie noch einmal und hatte fast das
Gefühl, als würde er das Rauschen des Meeres hören. Paikea schlang ihre Arme um
ihn, die Küsse wurden allmählich leidenschaftlicher, bis Paikea plötzlich
zurückwich. »Nicht hier. Nicht jetzt.« Sie zog ihn in Richtung Tür. »Wenn ich
wirklich deine Frau werde, dann in einem Zimmer, das ich auch abschließen kann.
Oder am Strand. Aber so … Wenn meine Vermieter uns erwischen, ist mein Ruf in
Kaikoura endgültig ruiniert. Und mit ein bisschen Pech werde ich dann auch noch
eines dieser Mädchen, das ledig mit einem dicken Bauch herumrennt. Nein, nicht
mit mir.«
    Â»Ich würde dich nie so herumlaufen lassen«, erklärte John. »Ich
meine es ernst mit dir.« Er zögerte einen Moment. »Ich liebe dich. Das habe ich
von der ersten Sekunde an getan!«
    Â»Bei den Robben?«, lachte Paikea. »Da hast du mich angesehen, als ob
ich ein Gespenst wäre und nicht deine Traumfrau!«
    Während sie mit ihm redete, waren sie die Stufen wieder
heruntergestiegen und liefen am Strand entlang zu »ihrem« Robbenfelsen, wo sie
sich das erste Mal getroffen hatten. John biss sich auf die Lippen. Sollte er
ihr die Wahrheit über sich sagen? Wann er sie das erste Mal gesehen hatte? Was,
wenn sie ihn nie mehr wiedersehen wollte? Er ließ den Moment verstreichen, nahm
sie in den Arm und lauschte mit ihr dem Rauschen der Wellen. Dazu nahm er sie
zärtlich in die Arme und küsste sie noch einmal. Und noch einmal. So lange, bis
sie auch den Ozean nicht mehr hörten.
    Sie schob ihre Hände unter sein Hemd und zog ihn sachte an sich.
»Was hältst du denn von dem Vorschlag mit dem Strand?«, flüsterte sie leise.
    Einen kleinen Augenblick lang fühlte John sich, als ob ihm das Herz
zerspringen würde, so sehr klopfte es. Heiser murmelte er: »Strand? Hier? Der
beste Ort der Welt – hier ist das Paradies, meinst du nicht?«
    Vorsichtig streichelte er ihr über die Arme, die Beine, den Bauch –
und irgendwann war beiden egal, dass die Robben ihnen mit großen, feuchten
Augen neugierig zusahen.

CHRISTCHURCH, 1960

    18.
    Â»Der Text lautet: Wegen
Überfüllung sollten Sie heute auf einen Besuch bei Fiona’s Foodmarket
verzichten! Wir freuen uns auf Ihren Besuch in den nächsten Tagen!«, rief John
verzweifelt in das Telefon. »Haben Sie mich verstanden? Verzichten! Die Leute
sollen nicht kommen!«
    Die Frau am anderen Ende der Leitung
war offensichtlich schwer von Begriff. »Dann ist es doch keine Werbung, mein
Herr. Sie wollen doch nicht etwa Ihre Kunden davon abhalten, zu Ihnen zu kommen
und etwas zu kaufen?« Ihre Stimme wurde misstrauisch. »Oder handelt es sich bei
diesem Foodmarket womöglich um einen Konkurrenten? Dann wäre das aber ein ganz
besonders böser Trick!«
    Entnervt blickte John von seinem Schreibtisch in einer kleinen
Kammer neben dem

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