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Der Gesang der Maori

Der Gesang der Maori

Titel: Der Gesang der Maori Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Temple
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Frau, bei der das klappen
könnte«, erwiderte John trocken. »Oder bei der das eine gute Idee wäre.
Außerdem kann ich Ihnen versichern, dass der Kapitän höchstpersönlich darauf
achtet, dass seine Matrosen die Finger von den weiblichen Passagieren lassen.«
    Â»Das erklärt immerhin, warum die meisten mich nur anstarren, aber
keinen Ton über die Lippen bringen«, meinte sie nüchtern. »Also, was ist: Nehmen
Sie mich mit?«
    Â»Nur, wenn Sie mir auch Ihren Namen sagen.« John streckte ihr seine
Hand entgegen. »Ich heiße John.«
    Â»Freut mich, John«, erklärte sie, während sie seine Hand schüttelte
und ganz selbstverständlich auf das distanzierte Siezen verzichtete. »Inge.«
    Â»Inge?« Das Wort kam ihm etwas holprig über die Lippen.
    Â»Ja. Ein typisch germanischer Name, so etwas war sehr beliebt in den
Dreißigerjahren – besonders für blonde, blauäugige Mädchen.« Sie zog eine halbe
Grimasse. »Das hat allerdings weniger geklappt.«
    Â»Ich mag diese Variante«, meinte John leichthin. Sie hatte
bernsteinfarbene Augen, dazu diese kastanienbraunen Haare – das war vielleicht
nicht das Schönheitsideal von Nazideutschland, aber er fand es wirklich
wunderschön.
    Sie zog auf seine Bemerkung hin nur eine Augenbraue nach oben. »Na,
dann los.«
    Als sie die Gangway verließen, tauchten sie in eine fremde Welt ein.
Männer mit langen, weißen Gewändern eilten an ihnen vorüber, Händler priesen
mit kehligen Stimmen ihre Ware an – und nur wenige hundert Meter vom Hafen
entfernt bog sogar ein leibhaftiges Kamel um die Ecke. In den Cafés saßen alte
Männer, die die Fremdlinge über den Rand ihrer winzigen Kaffeetassen hinweg
misstrauisch beobachteten.
    Â»Man sollte meinen, dass in einer Hafenstadt wie dieser die Fremden
zum Alltag gehörten«, meinte Inge fast zu sich selbst. »Aber es sieht so aus,
als ob wir hier eine Sensation wären!«
    Â»Ja«, nickte John. Er sah einen schmalen Durchgang zu noch engeren
und dunkleren Gassen und deutete darauf. »Sollen wir uns auch einmal dort
umsehen? Ich denke, da geht es wirklich in die Altstadt!«
    Inge nickte voller Abenteuerlust. Schon nach wenigen Schritten
öffnete sich der schmale Gang wieder zu einer breiteren Gasse. An kleinen
Ständen wurde Essbares angeboten – kleine Bällchen, die in heißem Fett
schwammen und mit einem Stück Brot und einer roten Paste den Hungrigen gereicht
wurden. John angelte ein Geldstück der hiesigen Währung aus der Tasche. Der
Maat hatte ihm das zugesteckt und dabei erklärt: »Mach dir einen schönen Tag,
und genieß das Leben! Ich komme dieses Mal sowieso nicht vom Schiff – und
keiner weiß, ob die Währung nächstes Jahr noch existiert.« Er gab das Geld dem
Verkäufer mit den Bällchen, nahm sein Essen in Empfang und hoffte einfach, dass
er jetzt nicht zu sehr übers Ohr gehauen worden war. Angesichts des
zahnlückigen Lächelns, das der Händler ihm schenkte, war er sich allerdings alles
andere als sicher.
    Hungrig biss Inge in das erste Bällchen – und hielt überrascht inne.
»Das ist ja köstlich – und es ist gar kein Fleisch!«
    Geschwisterlich teilten sie sich dann die knusprigen Teilchen, die
offensichtlich aus einer Art Getreide geformt waren. Die rote Paste erwies sich
allerdings als extrem scharf und für ihren europäischen Geschmack ziemlich
ungenießbar.
    Danach erkundeten sie weiter die Hafenstadt. In einem Viertel wurden
Gewürze verkauft, die Händler hockten in ihren nachthemdartigen Gewändern
hinter Kegeln aus leuchtend rotem, grünem oder gelbem Pulver. Inge beugte sich
tief darüber und roch daran. »Curry. Koriander. Kardamom. Kurkuma«, murmelte
sie fast so andächtig, als würde sie einen Rosenkranz beten. Dann schien sie
sich ein Herz zu fassen und drehte sich entschlossen zu John um. »Kannst du mir
ein bisschen Geld leihen? Ich würde einfach zu gerne etwas davon kaufen.
Schließlich habe ich keine Ahnung, mit welchen Gewürzen man in Neuseeland kocht
– oder was da wächst.«
    John reichte ihr den Rest seiner Barschaft. »Das leihe ich dir gerne
– ich kann dich auch nicht sonderlich in Sachen neuseeländischer Küche beruhigen.
Die meisten Neuseeländer halten Salz und Pfeffer für alles, was eine Hausfrau
benötigen sollte, um

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